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Chronobiologie: Ab wann entwickeln Tiere ein Wirgefühl?

Egal ob Schwarmfliege, Fisch oder Mensch: In der Gruppe lebt selbst ein Einzelgänger sicherer, wenn alle gleichzeitig das Gleiche tun und wollen. Das muss aber irgendwie synchronisiert werden.
Adeliepinguinen auf der Scholle

In Gruppen lebende Tiere, von Fisch- über Fliegen- und Fledermausschwärme bis hin zu höheren Säugetieren, zeigen oft einen auffälligen Synchronisierungseffekt: Die einzelnen Individuen scheinen häufig gleichzeitig müde, aktiv, kuschelbedürftig oder neugierig zu sein. Dies ist offenbar nicht nur Zufall, sondern bringt dem Klan eindeutige Vorteile: In der Gruppe ist man schließlich stärker, und allein lässt sich weniger gut soziale Fellpflege betreiben oder Verstecken gegenüber Feinden spielen. Auf welches Signal hin die Synchronisierung der Einzelnen zu einem Ganzen erfolgt, ist jedoch weniger gut bekannt. Vermutlich spielt aber auch die Größe einer Keimzelle der Gemeinschaft eine Rolle, meinen nun Forscher nach Versuchen an Mäusen.

Die Forscher beobachteten, dass weibliche Nager ihre anfangs ungleich tickenden inneren Uhren zu koordinieren begannen, sobald mehr als fünf Tiere zusammenlebten – eine einzelne Mitbewohnerin reichte den Tieren dafür nicht aus. Diese Synchronisation konnte auch nicht durch gleiche äußere Reize orchestriert worden sein, weil die Tiere unter konstant gleich bleibenden Umweltbedingungen gehalten wurden. Zudem fiel auch nicht eine Art "Mehrheitsentscheidung", bei der sich wenige Tiere dem Ticken der inneren Uhr – und dem daraus folgenden Verhaltensrhythmus – der Mehrzahl anpassten; vielmehr pendelte sich ein gemeinsamer Mittelwert scheinbar zufällig ein. Der verantwortliche Taktgeber scheint zumindest bei den Mäusen die Häufigkeit von Körperkontakt zu sein, spekulieren die Forscher: Dabei scheinen auf ungeklärte Weise Synchronisationssignale frei zu werden – vielleicht werden Pheromone ausgetauscht, vielleicht Hormone freigesetzt.

Mit Blick auf ihr Ergebnis führten die Forscher zudem eine Literaturrecherche durch und suchten nach Hinweisen auf ähnliche Effekte bei anderen Tierarten. Tatsächlich zeigte sich bei verschiedenen Studien, bei denen die innere Uhr von Labortieren untersucht wurde, dass die Tageszyklen sich oft erst ab einer bestimmten Gruppengröße synchronisieren: Die unterschiedlichen Experimente legen etwa nahe, dass 25 Fische, 100 Bienen, 40 Fliegen sowie "einige" Fledermäuse zusammen gehalten werden müssen, um sich erfolgreich zu synchronisieren. Diese Erkenntnisse sollen nun nochmals überprüft werden, um die These der Forscher zu bestätigen. Alle diese Tiere profitieren offenbar von der Gleichregelung des Takts – angesichts der Unterschiede steht aber zu vermuten, dass die Taktgeberreize bei ihnen nicht immer identisch sind.

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