Direkt zum Inhalt

Bionik: Algenvorbild schützt Schiffsrümpfe

Ein bewachsener Schiffsrumpf

Das Problem existiert, seit die Menschen zur See fahren: Bakterien, Algen und kleine Meerestiere lagern sich auf Schiffsrümpfen ab, was im Wasser den Fahrtwiderstand und damit die benötigte Antriebsenergie erhöht. Es stehen zwar Schutzlacke auf der Basis von Kupfer- und Zinnverbindungen zur Verfügung. Doch diese sind meist sehr toxisch und bedrohen die Meeresfauna. Mainzer Chemiker um Wolfgang Tremel haben nun eine umweltfreundlichere Lösungsstrategie für das Fouling-Problem entwickelt. Dabei schauten sie sich bei marinen Algen ab, wie diese enzymatisch gegen Mikroorganismen vorgehen.

Kampf gegen Biofouling | Bewuchs von Bootsrümpfen (a) mit Mikroorganismen (b) stellt die Schifffahrt vor große Probleme. Ein Anstrich mit Vanadiumpentoxid-Nanopartikeln (c) könnte nun eine umweltfreundliche Lösung darstellen. Die Nanopartikel ahmen die Wirkungsweise bestimmter Enzyme nach, mit denen Algen Bakterien abtöten. Hierbei entsteht aus im Meerwasser enthaltenen Bromidionen und Wasserstoffperoxid toxische hypobromige Säure (HOBr).

Die Waffen der Algen sind die Haloperoxidasen. Diese Enzyme nutzen Bestandteile des Meerwassers aus, um Bakterien auszuschalten. Tremel und Kollegen gelang es jetzt, diesen Prozess chemisch nachzuahmen. So stellen die Haloperoxidasen der Algen aus im Meerwasser enthaltenen Bromidionen und Wasserstoffperoxid hypobromige Säure her. Aus hypobromiger Säure kann reaktiver Singulett-Sauerstoff freigesetzt werden; beide Moleküle sind für viele Mikroorganismen toxisch.

Die Mainzer Chemiker haben nun herausgefunden, dass Nanopartikel aus Vanadiumpentoxid (V2O5) ähnlich wirken wie natürlich vorkommende Haloperoxidasen, die für ihre Funktion ebenfalls Vanadium benötigen. Sie konnten zeigen, dass die Vanadiumpentoxid-Partikel sowohl unter Laborbedingungen als auch in natürlichem Meerwasser die Entstehung von hypobromiger Säure und Singulett-Sauerstoff fördern. Stahlplättchen, die sie einmal mit und einmal ohne Beschichtung mit V2O5-Partikeln für 60 Tage im Meer beließen, demonstrierten, dass das Vanadiumpentoxid effektiv vor mikrobiellem Bewuchs schützt. Für Krebslarven der Spezies Artemia franciscana, eines Modellorganismus für Toxizitätsstudien, erwiesen sich die V2O5-Partikel im Vergleich zu den in Schiffslacken üblichen Zinn- und Kupferverbindungen als deutlich weniger toxisch.

Aus diesem Grund sieht Tremel Schiffsanstriche auf der Basis von V2O5-Nanopartikeln als mögliche Alternative zu konventionellen chemischen Bioziden: "Wir haben hier eine umweltverträgliche Komponente für eine neue Generation von Antifouling-Farben, die das natürliche Verteidigungssystem mariner Organismen nutzen."

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.