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Placebo-Effekt: Verleihen Cocktails mit Red Bull tatsächlich Flügel?

Machen Alkohol und Energydrink zusammen besonders betrunken? Nur wenn man weiß, was man trinkt, zeigt eine Studie.
Freunde stoßen in einer Bar mit Cocktails an

Energydrinks sind in Kombination mit Alkohol nicht nur am Wochenende in aller Munde: Erst kürzlich stellten Forscher fest, dass solche Mixgetränke zumindest bei Mäusen ähnliche Prozesse im Gehirn auslösen wie der Konsum von Kokain. Macht sie das auch für Menschen besonders gefährlich? Ein Team um Yann Cornil von der Sauder School of Business entdeckte nun, dass solche Drinks Selbstbewusstsein und Risikofreudigkeit tatsächlich steigern und auch subjektiv betrunkener machen – allerdings nur, wenn sie explizit als "Red-Bull-Cocktails" ausgewiesen werden. Ihre Erkenntnisse über diesen Placebo-Effekt veröffentlichten die Forscher im "Journal of Consumer Psychology".

Cornil und Kollegen rekrutierten für ihr Experiment 154 junge französische Männer ohne problematisches Trinkverhalten. Alle Teilnehmer bekamen einen Cocktail aus Wodka, Red Bull und exotischem Fruchtsaft serviert. Dabei variierte allerdings der Name des alkoholischen Getränks: Die Wissenschaftler priesen es ihren Probanden entweder als "Wodka-Red-Bull-Cocktail" an, als "Wodkacocktail" oder schlicht als "exotischen Fruchtcocktail".

Anschließend mussten die Männer eine Reihe von Tests und Fragebögen am Computer absolvieren. Dabei zeigte sich, dass die Teilnehmer in den verschiedenen Versuchsgruppen auch unterschiedliches Verhalten an den Tag legten – obwohl sie alle gleich viel Alkohol im Blut hatten. Da sich die Gruppen, die offiziell den Wodkacocktail und den exotischen Fruchtcocktail getrunken hatten, nicht wesentlich voneinander abwichen, legten die Forscher sie zu einer Kontrollgruppe zusammen.

Betrunkener, selbstbewusster, risikofreudiger

Die Teilnehmer der Wodka-Red-Bull-Gruppe, so offenbarten die Ergebnisse, schätzen sich im Schnitt um ganze 51 Prozent betrunkener ein als die Probanden der Kontrollgruppe. Dieser Effekt wurde vor allem von der eigenen Überzeugung getragen: Wenn die Probanden daran glaubten, dass Mixgetränke aus Alkohol und Energydrinks den Geist besonders benebeln, fühlten sie sich auch besonders stark alkoholisiert. Das ist Grund genug für die Forscher, von einem Placebo-Effekt auszugehen. Sie hegen den Verdacht, dass der Marketing-Slogan "Red Bull verleiht Flügel" auch die Selbsteinschätzung in gewisser Weise beflügelt. Denn der Konsum der explizit gekennzeichneten Energydrink-Cocktails ging auch mit einem höheren "sexuellen Selbstbewusstsein" einher, wie es Cornil und Kollegen bezeichnen. Bekamen die Red-Bull-Jünger Bilder von hübschen Frauen vorgelegt, waren sie sich sicherer als die Kontrollgruppe, dass sie die Herzen der Damen erobern würden.

Auch in einem Computerspiel zeigte sich diejenigen Teilnehmer, die wissentlich den Mix aus Alkohol und Energydrink verzehrt hatten, risikobereiter. Dort sollten sie einen Ballon aufpumpen, ohne dass dieser zerplatzt – tat er das, verloren sie einen Teil ihres erkämpften Gewinns. Hier pumpte die Versuchsgruppe öfter als die Kontrollgruppe. Wer die besagten Mixgetränke konsumiert, sollte sich also laut Cornil und Kollegen vom Glücksspiel fernhalten. Ebenso plädieren die Forscher dafür, das Mischen von Alkohol und Energydrinks am Uni-Campus einzuschränken, weil dort etwa die Gefahr für sexuelle Übergriffe ohnehin schon erhöht sei.

Da andere Forscher festgestellt hatten, dass der Konsum von Alkohol-Energydrink-Mischungen mit einer gesteigerten Anzahl von Autounfällen einhergeht, nahmen Cornil und Kollegen auch diesen Aspekt der Risikobereitschaft genauer unter die Lupe. Dabei zeigte sich aber, dass die Probanden der Wodka-Red Bull-Gruppe diese Gefahr ernster nahmen: Sie wollten länger als die Kontrollgruppe damit warten, sich wieder hinter das Steuer eines Autos zu setzen. Da sie sich auch betrunkener fühlten als die anderen Studienteilnehmer, wäre das bestimmt eine kluge Entscheidung.

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