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Protoplanetare Scheiben: Faszinierende Aufnahme einer Staubscheibe um einen jungen Stern

Das Observatorium ALMA lieferte das bislang schärfste Bild einer zirkumstellaren Scheibe um einen jungen Stern. Die Aufnahme zeigt ganz deutlich mehrere kreisförmige Strukturen. Sie wurden wahrscheinlich durch substellare Körper erzeugt, die sich in der Scheibe gebildet haben.
Junger Stern HL Tauri mit seiner protoplanetaren Scheibe

Seit September 2014 werden die Antennen des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array ALMA der Europäischen Südsternwarte ESO beinahe in ihrer Endkonfiguration betrieben. Dabei beträgt der längste Abstand zwischen zwei Teleskopen des Verbunds – die so genannte Basislinie – rund 15 Kilometer. Dieser Aufbau ermöglicht damit nie zuvor erreichte Auflösungen bei Wellenlängen im Millimeterbereich. Das belegten die Forscher nun mit einer beeindruckenden Aufnahme des jungen Sterns HL Tauri.

HL Tauri und seine Umgebung | Das Bild zeigt eine Aufnahme des jungen Sterns HL Tauri mit dem Weltraumteleskop Hubble sowie die hoch aufgelöste Aufnahme seiner protoplanetaren Scheibe mit dem Observatorium ALMA (oben rechts).

Dieser befindet sich im Sternbild Stier und ist vermutlich nicht mehr als eine Million Jahre alt. Seine Entfernung zur Erde beträgt rund 450 Lichtjahre. Er wird zu den T-Tauri-Sternen gezählt. Dieser Klasse gehören junge Sterne an, die sich in einer sehr frühen Phase ihrer Entwicklung befinden. Sie werden noch nicht durch thermonukleare Reaktionen in ihren Kernen stabilisiert und befinden sich somit auch noch nicht im hydrostatischen Gleichgewicht. Das Material, das bei dem Kollaps der molekularen Wolken übrig bleibt und nicht zur Bildung der Sterne beiträgt, sammelt sich in zirkumstellaren Scheiben aus Gas und Staub, welche die jungen Sterne umlaufen. In ihnen kommt es im Verlauf der weiteren Entwicklung zu Verklumpungen und zur Ausbildung größerer Körper. Staubkörner haften aneinander, wachsen zu kieselsteingroßen Gebilden und schließlich zu größeren Objekten heran. Diese können Vorläufer von Planeten sein sowie von Asteroiden oder Kometen.

In der Theorie lassen sich diese Vorgänge, die noch nicht im Detail verstanden sind, simulieren. Dabei zeigt sich, dass die anwachsenden Körper auf ihren Bahnen um ihre Zentralgestirne geradezu Lücken in die protostellaren Scheiben "fräsen". Solche Zonen unterschiedlicher Materiedichte, die für die Entstehung von substellaren Begleitern in den Scheiben sprechen, wurden zwar bereits beobachtet, doch konnten sie bisher nicht in dieser Deutlichkeit abgebildet werden, wie das jetzt mit ALMA gelang. Die Aufnahme weist am Himmel eine Auflösung von 35 Millibogensekunden auf. Bei der Entfernung von der Erde zum Objekt entspricht das in etwa dem Abstand der Jupiterbahn zur Sonne. Ganz deutlich sind die dunklen bandförmigen Ringe in der Scheibe zu erkennen. Sie sind ein klarer Hinweis darauf, dass sich dort junge Planeten bilden, und bestätigen zudem unsere Vorstellungen von der Planetenentstehung.

Die Scheibe um HL Tauri | Ganz deutlich sind die dunklen Bänder in der Scheibe um den jungen Stern HL Tauri zu erkennen. Sie entstanden wahrscheinlich im Zug der Bildung von substellaren Begleitern. Obwohl der Stern deutlich kleiner als die Sonne ist, erstreckt sich die Scheibe um HL Tauri über fast das Dreifache der Entfernung des Neptun von der Sonne. Die innerste Lücke entspricht in etwa der Jupiterbahn im Sonnensystem. Die Aufnahme entstand bei Frequenzen von 211 bis 270 Milliarden Hertz.

Allerdings sind diese klaren Strukturen in der Scheibe um HL Tauri auch überraschend. Obwohl davon auszugehen ist, dass sich Planetensysteme innerhalb von zehn bis 100 Millionen Jahren ausbilden sollten, so waren solch deutliche Ausformungen, wie sie nun beobachtet wurden, nicht zu erwarten. Wie Stuartt Corder, der stellvertretende Direktor von ALMA, erklärte, sollten so junge Sterne eigentlich noch keine großen Begleiter aufweisen.

Die Aufnahme ist ein Meilenstein in der Abbildung von protoplanetaren Scheiben und lässt die Forscher hoffnungsvoll in die Zukunft blicken. Künftige Beobachtungen, die bei kürzeren Wellenlängen noch höhere Auflösungen ermöglichen werden, dürften unser Verständnis von der Entstehung und Entwicklung von Planetensystemen mit Sicherheit erheblich erweitern.

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