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Luftverschmutzung: Alte Meister belegen historische Luftverschmutzung

Gemälde von über 500 Sonnenuntergängen bezeugen die Verschmutzung der Atmosphäre in den letzten 500 Jahren. Die alten Meister geben den Zustand der Luft oft ebenso gut wieder wie moderne Messgeräte.
Sonnenuntergang über dem Meer

Über 500 Darstellungen von Sonnenuntergängen, gemalt während der letzten fünf Jahrhunderte, werteten Christos Zerefos und seine Kollegen der Academy of Athens aus. Mit Hilfe des von den Künstlern benutzten Rot-Grün-Verhältnisses am Horizont konnten sie abschätzen, wie stark die Erdatmosphäre zu dieser Zeit durch Aerosolteilchen verschmutzt war. Denn kleine Aschepartikel und Gase, die beispielsweise durch Vulkanausbrüche in die Atmosphäre geschleudert wurden, streuen das Sonnenlicht und lassen die Abenddämmerung intensiver erscheinen: Noch drei Jahre nach dem Ausbruch des Vulkans Tambora auf Indonesien im Jahr 1815 war auf Sonnenuntergangsgemälden in Europa, unter anderem von J. M. W. Turner, zu sehen, wie die Ascheteilchen diese beeinflussten. Aber auch wie die industrielle Revolution die Luftqualität veränderte, konnte anhand von Darstellungen der Abenddämmerung nachvollzogen werden.

Die Wissenschaftler benutzten für ihre Analyse hochauflösende Digitalfotografien der Gemälde und berechneten anhand der Farbprofile das Verhältnis von Rot zu Grün. Daraus konnten sie die atmosphärische Trübung (AOD, aerosol-optische Dicke) der damaligen Atmosphäre bestimmen, ein Maß dafür, wie stark das Sonnenlicht an größeren Partikeln in der Luft gestreut wird. Die so erhaltenen Werte verglichen sie mit Daten anderer, unabhängiger Messungen, zum Beispiel aus der Untersuchung von Eisbohrkernen. Die Datensätze passten zueinander, es war ihnen also gelungen anhand von alten Gemälden die Luftverschmutzung zu ihrer Entstehungszeit zu untersuchen. Anhand von Werken des Künstlers Claude Monet gelang es britischen Forschern bereits den Smog in der Londoner Atmosphäre im 19. Jahrhundert zu untersuchen.

Gemälde der Abenddämmerung über der Insel Hydra während und nach der Passage einer Staubwolke aus der Sahara | Die oberen Abbildungen zeigen die Gemälde des griechischen Künstlers P. Tetsis auf der Insel Hydra, die unteren Abbildungen die Fotografien der Landschaft zum gleichen Zeitpunkt. Die Bilder auf der linken Seite, zeigen einen intensiv rot gefärbten Sonnenuntergang während sich Saharastaub in der Atmosphäre befindet. Rechts ist die gleiche Landschaft nach der Passage des Wüstenstaubs zu sehen.

Zerefos überprüfte die Ergebnisse, in dem er den nicht eingeweihten griechischen Künstler Panayiotis Tetsis den Sonnenuntergang über der griechischen Insel Hydra malen ließ – einmal während der Passage einer Staubwolke aus der Sahara und einmal nachdem diese wieder vorübergezogen war. Die Gemälde zeigten einen deutlichen Unterschied: Während der Wüstensand die Atmosphäre trübte, war der Sonnenuntergang rötlicher dargestellt. Die Berechnung der AOD anhand des Rot-Grün-Verhältnisses entsprach dem Wert, der zur selben Zeit von modernen Geräten gemessen wurde.

"Wir wollten einen alternativen Weg finden, um an Informationen über die Atmosphäre vergangener Zeiten zu gelangen, zu Zeiten und an Orten an denen instrumentelle Messungen noch nicht möglich waren", erklärt Zerefos. Die so erlangten Kenntnisse der AOD vergangener Jahrhunderte helfen Klimaexperten, zu verstehen, wie die Aerosolpartikel das Klima in der Vergangenheit beeinflusst haben und zukünftige Klimaereignisse vorherzusagen. Da die Aerosolteilchen in der Luft das Sonnenlicht streuen, gelangt dadurch weniger Licht an die Erdoberfläche und die dortige Temperatur kühlt ab.

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