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Infektionskrankheiten: Am Bedarf vorbei

Der gute Wille ist da: Die internationale Hilfe im Kampf gegen Malaria hat in den letzten Jahren zugenommen. Doch noch immer liegen die Zahlungen weit unter dem, was benötigt wird. Und vor allem fließen sie nicht unbedingt dorthin, wo sie am dringendsten gebraucht werden.
Finanzielle Förderung von Malariaprojekten
Vor einem halben Jahr hatten Simon Hay und Robert Snow vom Kenya Medical Research Institute und ihre Kollegen eine Fleißarbeit vorgestellt: Aus einem Riesenpool verschiedenster Daten hatten sie eine Karte entwickelt, die zeigt, wo auf der Welt welches Ansteckungsrisiko für Malaria besteht. Denn die Vorstellung einer überall gleichermaßen gefährlichen pantropischen Infektionsgefahr greift zu kurz – in weniger als einem Drittel der Gebiete lag die Krankheitshäufigkeit bei mehr als fünfzig Prozent, und in sehr vielen Regionen ist das Risiko ganz klar durch beispielsweise klimatische Faktoren beschränkt.

Solche Erhebungen sind wichtig für die Entscheidung, welche Finanzmittel wem zu Gute kommen – schließlich will die internationale Gemeinschaft bis 2015 das Millennium-Entwicklungsziel verwirklichen, die Geißel der Tropen einzudämmen und sogar zurückzudrängen. Und angesichts knapper Kassen macht es natürlich Sinn, besonders dort einzugreifen, wo der Nutzen am höchsten ist.

Förderung des GFATM | Mittlere jährliche Fördermittel des Global Fund to Fight Aids, Tuberculosis and Malaria in Dollar pro Kopf für die 87 Staaten mit ständiger Malaria-Infektionsgefahr
Ob das bei gegenwärtigen Maßnahmen der Fall ist, nahmen Hay und Snow nun im nächsten Schritt unter die Lupe: Sie verglichen Werte zu in den letzten sechs Jahren bewilligten Finanzmitteln des Global Fund to Fight Aids, Tuberculosis and Malaria (GFATM), der immerhin 40 Prozent der derzeitigen Hilfsanstrengungen stemmt, mit ihren Daten zu Bevölkerungsdichte und Ansteckungsrisiko. Außerdem ermittelten sie, so weit möglich, Daten zu nationalen Anti-Malaria-Kampagnen und weiteren internationalen Projekten, die beispielsweise durch die Weltbank oder die Bill and Melinda Gates Foundation gefördert werden.

Die regionalen Unterschiede sind teilweise eklatant. Während Myanmar beispielsweise jährlich noch nicht einmal einen Euro-Cent pro Kopf aus dem GFATM-Topf erhält, streicht Surinam 92 Euro pro Kopf ein – und zählt man die anderen Geldgeber noch dazu, summiert sich der Betrag dort sogar auf über 100 Euro. Fassten die Forscher alle Finanzmittel zusammen, ermittelten sie zehn Länder, in denen die Zuwendungen jährlich bei mehr als 2,50 Euro pro Kopf lagen. Demgegenüber stehen 34 Staaten, die mit weniger als 60 Cent pro Kopf auskommen müssen, 16 davon sogar mit weniger als 30 Cent. In diesen 16 Ländern leben die Hälfte der von Malaria bedrohten Menschen, und dazu gehören sieben der ärmsten Länder Afrikas sowie mit Indien und Indonesien zwei der am dichtesten besiedelten Malaria-Hochrisikogebiete.

Internationale Förderung | Mittlere jährliche Fördermittel anderer Geldgeber außerhalb des Global Fund to Fight Aids, Tuberculosis and Malaria in Dollar pro Kopf für die 87 Staaten mit ständiger Malaria-Infektionsgefahr
Auch gröber betrachtet, stößt manches auf: Nach Südostasien und in die westpazifische Region etwa, Heimat für immerhin 47 Prozent der von Malariainfektionen bedrohten Weltbevölkerung, flossen nur 17 Prozent der GFATM-Mittel und nur 24 Prozent der Gelder anderer Geber. Trotzdem äußern sich die Wissenschaftler im Großen und Ganzen recht zufrieden mit der Verteilungspolitik, denn Afrika zum einen und die Länder mit vergleichsweise geringerem Ansteckungsrisiko in Lateinamerika, der Karibik, dem Nahen Osten und Osteuropa zum anderen erhielten jeweils einigermaßen angemessene Unterstützung.

Nicht zufrieden sind sie hingegen mit der Höhe der Aufwendungen: Zwar fließen inzwischen über 600 Millionen Euro an Hilfsmitteln, doch bei 1,4 Milliarden Betroffenen bleibt selbst das ein Tropfen auf dem heißen Stein. Snow und seine Kollegen rechnen, dass die Unterfinanzierung bei 50 bis 450 Prozent liegt. So seien zwar in Ländern mit hoher Förderung wie Surinam in der nächsten Zeit große Fortschritte im Kampf gegen Malaria zu erwarten. In Staaten wie Myanmar hingegen wird das Sterben vorerst ungebremst weitergehen.

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