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Biomimetik: Anpassungsfähige Poren aus Zink und Aminosäuren

Gase speichern, Stoffe trennen, Reaktionen katalysieren – der komplexe Innenraum poröser Materialien mit seiner großen Oberfläche ist ideal, um große Stoffmengen gezielt und mit geringem Aufwand zu manipulieren. Der Schlüssel dazu sind die genauen Eigenschaften der schwammartigen Stoffe, zum Beispiel die Größe der Poren, die je nach Molekulargewicht und Ladung Molekülen den Zutritt ermöglichen oder verwehren, oder auch die chemischen Eigenschaften der Porenwände selbst.

Die bisher entwickelten Materialien allerdings sind wenig flexibel und damit auch wenig selektiv. Entweder stehen ihre Poren dauerhaft allen vorbeikommenden Molekülen offen, wie im Fall der Zeolithe, oder aber potenzielle Gastmoleküle müssen eine große Energiebarriere überwinden, um die Poren im Material zu öffnen. Damit unterscheiden sich die Materialien noch grundlegend von vergleichbaren Funktionsstrukturen der Biologie, die ihr Verhalten den Gegebenheiten anpassen.

Nun haben Wissenschaftler um den Chemiker Matthew Rosseinsky von der Universität Liverpool einen nanoporösen Festkörper entwickelt, dessen Hohlräume es den Membranproteinen nachmachen: Für inkompatible Eindringlinge ist das Material fest geschlossen, kommt jedoch ein geeigneter Bindungspartner vorbei, öffnet es seine Poren und lässt das Molekül passieren.

Das von den Forschern erschaffene Material ist sehr einfach aufgebaut, dennoch zeigt es bereits komplexes Verhalten. Zinkatome sind durch Brücken aus den Aminosäuren Glycin und Alanin mit vier anderen Zinkatomen verbunden und bilden ein quadratisches Gitter mit uhrglasförmigen Lücken. Diese Schichten sind so aufeinander gestapelt, dass sich diese Lücken zu langgestreckten quadratische Poren verbinden, die auf allen Seiten von Glycin-Alanin-Dipeptiden begrenzt werden.

Entscheidend für die besonderen Eigenschaften des Materials ist die Flexibilität des Dipeptids, das die Poren öffnet und schließt und an vier Stellen im Molekül frei rotieren kann. Dadurch gibt es eine große Anzahl Positionen, die energetisch sehr ähnlich sind und ineinander überführt werden können. Deswegen existieren diese Poren nur, solange sich ein Gastmolekül wie Methanol in ihnen befindet. Entfernt man diese Stoffe, zum Beispiel durch ein angelegtes Vakuum, ziehen sich die frei beweglichen Porenwände zusammen, um die freie Oberfläche zu verringern.

In diesem Zustand ist das Material für unpolare Moleküle wie Stickstoff oder Wasserstoff völlig undurchdringlich – die Peptidketten sind dicht gepackt und es bleiben keine Lücken, in die Stoffe eindringen können. Doch wegen seiner besonderen Struktur verhält es sich nicht passiv wie ein normales poröses Material, sondern eher wie ein Biomolekül, das aktiv auf die äußeren Bedingungen reagiert.

Deswegen verhält es sich bei polaren Stoffen wie Wasser, Kohlendioxid oder Methanol völlig anders – ihnen bietet das Material geeignete Andockstellen, und die Stärke dieser Anziehung bestimmt, wie sich das Material gegenüber dem potenziellen Gast verhält. Da die Aminosäuren, die die Poren verschließen, fast frei drehbar sind, reicht hier eine schwache Bindung eines Stoffes an die Porenwand, um die Kanäle zu weiten. Wo das Material unpolaren Stoffen gegenüber tritt wie ein monolithischer Festkörper, saugt es polare Substanzen auf wie ein Schwamm.

Dieses Verhalten unterscheidet sich drastisch von anderen künstlichen Absorbern und erinnert vielmehr an die besonderen Eigenschaften absorbierender Biomoleküle. Grafisch dargestellt folgt die Stoffaufnahme einer S-förmigen Kurve, wie sie für den Sauerstoff transportierenden Blutfarbstoff Hämoglobin und andere Moleküle typisch ist, die aktiv auf Bindungspartner reagieren.(lf)

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  • Quellen
Rosseinsky, M. et al.: An Adaptable Peptide-Based Porous Material. In Science 329, S. 1053 – 1057, 2010.

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