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News: Bakterielles Rüstzeug

Ein Chloridionenkanal verleiht Darmbakterien die Fähigkeit, in saurer Umgebung zu überleben und so sicher unseren Magen zu passieren.
Escherichia coli
Als Proteinlieferanten sind Bakterien aus dem Laboralltag heute nicht mehr wegzudenken. Denn ihrer unermüdlichen Synthesetätigkeit verdanken wir es, dass ausreichende Mengen qualitativ hochwertiger Proteine zur Verfügung stehen, wodurch enorme Fortschritte in der Bestimmung ihrer Strukturen und Funktionen erst ermöglicht wurden.

Doch Christopher Miller und seine Kollegen des Howard Hughes Medical Institute stießen, als sie sich mit einem Chloridionenkanal des Bakteriums Escherichia coli beschäftigten, auf ein offenbar etwas in Vergessenheit geratenes Problem. "Wir Forscher, die sich mit Ionenkanälen beschäftigen", meint Miller, "waren so glücklich über den Segen an hochwertigen Proteinen aus Bakterien, dass die große Frage, warum diese Kanäle überhaupt vorhanden sind, überwiegend ignoriert wurde".

Obwohl die Struktur dieses Membranproteins bereits aufgeklärt und dessen Funktion voll verstanden ist (es lässt Chloridionen vom Zellinneren nach außen passieren), bleibt dennoch unklar, wann die Chloridionen-Konzentration im Zellinneren und damit die Aktivität des Ionenkanals für das Bakterium bedeutsam ist.

Aus diesem Grund entfernten die Wissenschaftler zwei für das Protein notwendige Gene und erhielten so Bakterien, denen der Ionenkanal fehlte. Verglichen mit "gesunden" Bakterien waren sie in punkto Wachstum oder Verhalten zunächst sehr ähnlich. Als die Forscher ihre Einzeller allerdings verschiedenen äußeren Reizen aussetzten, wurde ein großer Unterschied deutlich: Bakterien ohne Chloridionenkanal waren in starker Säure nicht mehr lebensfähig.

Normalerweise kann E. coli bei dem im Magen vorherrschenden pH-Wert von 2 noch gut überleben, weshalb Wissenschaftler auch vom Phänomen der extreme acid resistance (XAR) sprichen. XAR ermöglicht es den Bakterien, im Magen solange am Leben zu bleiben, bis sie den Darm erreichen und sich dort als Teil der physiologischen Darmflora einnisten können.

Um zu vermeiden, dass ihr Zellinneres zu sauer wird, nehmen die Bakterien unter anderem die Aminosäure Glutamat auf, welche sie dann unter Säureverbrauch enzymatisch abbauen. Die beiden Endprodukte, GABA und CO2, scheiden sie dann anschließend wieder aus. Da die Zelle dadurch Protonen verliert, lässt sich der Vorgang auch mit einer Protonenpumpe vergleichen. Durch den Verbrauch der positiv geladenen Teilchen wird die Zelle innen allerdings zunehmend negativ polarisiert.

Und genau hier kommen jene Chloridkanäle ins Spiel: Sie schleusen negativ geladene Chloridionen aus dem Bakterium heraus und sorgen so für ausgeglichene Ladungsverhältnisse im Cytoplasma – das Zellinnere bleibt elektrisch neutral.

Damit lässt sich auch erklären, warum jene Bakterien ohne diese Ionenkanäle im Sauren nicht überleben konnten: Je stärker das Cytoplasma polarisiert ist, desto schwieriger wird es für die Pumpe, weitere Protonen aus der Zelle zu entfernen. Da sie mit jedem Arbeitsschritt die negative Ladung zusätzlich vergrößert, hemmt sie sich dabei selbst. Mit dem Absinken der Pumpleistung wird ein Übersäuern des Cytoplasma unvermeidbar, sodass das Bakterium schließlich daran zu Grunde geht.

Um zu testen, auf welchen Reiz hin sich der Kanal öffnet, isolierten die Wissenschaftler das Protein und fügten es in künstliche Membranen ein. Dabei stellte sich heraus, dass allein hohe Säurekonzentrationen ausreichen, um die Durchlässigkeit des Kanals auf das Zehnfache zu erhöhen.

Da auch manche pathogene Bakterien, wie beispielsweise Cholera-Erreger oder Salmonellen, Chloridionenkanäle besitzen, halten es die Forscher für möglich, dass auch sie sich dieses Schutzmechanismus' bedienen. So könnten sie vermehrt den Darm erreichen, sich dort vermehren und uns Probleme bereiten.
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