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Lebensgemeinschaften: Bakterien bitten Pilze um Beistand gegen Würmer

Auch bei Bakterien sind Feinde von Feinden Freunde: Ein biochemischer Hilfeschrei ruft sie zu den Waffen - und einem Festmahl.

Wo ein Bakterienrasen wächst, sind Fadenwürmer selten fern: Die meisten der vielen im Boden lebenden Nematoden ernähren sich grasend von Bakterien. Da kann es kaum verwundern, dass Bakterien sich dagegen wehren, widerstandslos verspeist zu werden: Sobald sie attackiert werden, rufen die Keimkolonien Feinde der Fadenwürmer zu Hilfe, berichtet ein Forscherteam aus den USA.

Die Biologen hatten sich zunächst nicht sehr über die Beobachtung gewundert, dass in der Gegenwart von satt gefressenen Fadenwürmern bald auch Bodenpilze vermehrt heranwachsen, die dann auf die Fadenwürmer Jagd machen: Arten wie Arthrobotrys oligospora bilden dazu bestimmte morphologische Strukturen aus, die fast wie eine Art Netz dazu dienen, die Bodenwürmer einzufangen und zu demobilisieren. In den Wurmfallen hängende Nematoden werden dann von den Pilzen verspeist. Man wusste schon, woran die Pilze – die sonst einfach zerfallendes organisches Material zersetzen und sich davon ernähren – erkennen, dass viele Würmer als lohnende Jagdbeute in der Nähe sind: Die Nematoden verraten sich, weil sie bestimmte Stoffe abgeben, so genannte Ascaroside. Diese dienen wahrscheinlich zur Kommunikation zwischen den Würmern, werden aber eben auch als Signale von anderen Arten abgefangen.

Hilferuf von Bakterien | Sobald die Mitglieder eines Bakterienrasens einen auf ihnen grasenden Fadenwurmfeind bemerkt, beginnen die einzelnen Keime vermehrt mit der Produktion von Harnstoff ("Urea") und schleusen diesen in ihre Umgebung. Falls bestimmte Pilze in der Nähe wachsen, nehmen sie den Harnstoff dann auch vermehrt auf (über einen Transporter, "Urea transporter") und zerlegen ihn mit Urease-Enzymen in Ammoniumionen. Diese dienen dann als Signal für einen Umbau der Pilze selbst: Sie beginnen damit, vermehrt ihre typischen Pilzfädenfallen für Fadenwürmer auszubilden. Der Fallenbau wird gleichzeitig aber auch durch die Anwesenheit der Würmer forciert: Sie verraten sich durch Ascaroside, die von den Nematoden abgegeben werden. Am Ende heißt es jedenfalls: je mehr Fallen, desto weniger Fadenwürmer – gut für die Bakterien.

Zudem zeigte sich nun aber, dass nicht nur Pilze und Würmer im Spiel sind: Wie die Forscher zeigen konnten, produzieren Bakterien in der Nähe fressender Würmer deutlich mehr Harnstoff in den Zellen und schleusen diesen nach außen. Der Harnstoff wird von Pilzen, die in der Nähe wachsen, als zusätzliches Signal verstanden: Sie nehmen ihn auf und verstoffwechseln ihn zu Ammonium. Dieses bewirkt nun im Pilz eine drastische Veränderung: Er beginnt unter dem Einfluss des Signals deutlich mehr Fallenstrukturen auszubilden, in denen sich immer mehr Würmer verfangen. Die Bakterien rufen demnach mit dem Harnstoff nach einem Freund, der Feind ihrer Feinde ist, fassen die Forscher zusammen.

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