Direkt zum Inhalt

Klimapolitik: Beispiellose Erderwärmung im Gange

Der Verkehr gilt als eine der Hauptursachen für den Klimawandel
Bis zum Ende des Jahrhunderts droht der Erde eine beispiellose Klimaerwärmung um bis zu 6,4 Grad Celsius im extremsten Fall. Davor warnt der UN-Klimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) in seinem vierten, am Freitag in Paris vorgestellten Bericht [1]. Mit mehr als 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit trägt der Mensch durch seinen Ausstoß an Treibhausgasen dafür die alleinige Verantwortung.

Aufheizung | Im Jahr 2005 war es in weiten Teilen der Erde zu heiß. Überhaupt fallen elf der zwölf heißesten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in den Zeitraum zwischen 1994 und 2005.
Bereits die Beobachtungen der vergangenen Jahre seien an Deutlichkeit nicht zu überbieten: So seien elf der vergangenen zwölf Jahre unter den zwölf wärmsten seit dem Beginn der Aufzeichnungen Mitte des 19. Jahrhunderts, heißt es in dem Report. Zudem hat sich der Anstieg des Meeresspiegels beschleunigt. Von 1961 bis 2003 seien im Schnitt 1,8 Millimeter pro Jahr hinzugekommen, zwischen 1993 und 2003 stieg der Meeresspiegel allerdings im Mittelwert schon um 3,1 Millimeter pro Jahr verursacht durch Gletscherschmelze und sich wärmebedingt ausdehnendes Meerwasser. Auch das Verständnis vom Einfluss des Menschen auf das Klima sei jetzt besser als je zuvor, erklären die rund 2500 IPCC-Experten. Demnach hätten die Aktivitäten des Menschen seit 1750 zur Erwärmung der Erde geführt – im Vergleich zwischen 1850 – dem Beginn moderner Aufzeichnungen – und 2005 stieg die Temperatur um 0,76 Grad. Die Wissenschaftler beschreiben außerdem zahlreiche langfristige Veränderungen, etwa in den Windstrukturen. Zugenommen hätten extreme Wetterereignisse wie Dürren, schwere Niederschläge, Hitzewellen und die Intensität tropischer Zyklone.

Dass die Menschheit den Klimawandel verantwortet, darin sind sich auch hochrangige deutsche Klimaexperten einig: "Der Bericht stellt ganz klar fest, dass der Mensch überwiegend an der globalen Erwärmung Schuld hat. Natürliche Faktoren spielen eine völlig untergeordnete Rolle", sagte der Potsdamer Forscher Stefan Rahmstorf, einer der Leitautoren des Reports, der dpa. "Es gibt kaum noch Zweifel am menschengemachten Klimawandel", ergänzte Martin Claußen, der geschäftsführende Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg. Dies mache der Bericht "so deutlich wie nie zuvor". Der Klima-Chefberater der Bundesregierung, Hans Joachim Schellnhuber, erklärte: "Mit dem nun vorliegenden Bericht sollten letzte Zweifel ausgeräumt sein, dass wir Menschen es sind, die die Klimaschraube überdrehen."

Auch die weitere Entwicklung wird skizziert: Der unter anderem auf rund 400 unterschiedlichen Computersimulationen basierende Report präsentiert sechs Temperaturszenarien, nach denen im besten Fall bis 2100 mit einer Erwärmung von 1,1 bis 2,9 Grad Celsius zu rechnen sein wird, im schlimmsten mit 2,4 bis 6,4 Grad Celsius. Der Anstieg des Meeresspiegels beträgt bis 2100 im besten Szenario 18 bis 38 Zentimeter, im schlimmsten 26 bis 59 Zentimeter. Und selbst wenn die Konzentration der Treibhausgase schon im Jahr 2000 auf dem damaligen Stand eingefroren worden wäre, müsste man noch einen Temperaturzuwachs von 0,1 Grad Celsius pro Jahrzehnt erwarten. Stattdessen hat sich seitdem der Ausstoß von Kohlendioxid noch erhöht.

Der frühere Chef des UN-Umweltprogramms und ehemalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer warnte in einem Interview des Westdeutschen Rundfunks: "Wer jetzt noch nicht wach ist, der muss sich fragen, was denn eigentlich passieren muss, damit man den Ernst der Lage erkennt." Bundesforschungsministerin Annette Schavan stellte weitere finanzielle Mittel für die Klimaforschung in Aussicht: "Um den Klimawandel in vertretbaren Grenzen halten, müssen wir intensive Forschung betreiben und für eine schnelle Verbreitung klimaschonender Technologien sorgen. Dies wird das Bundesforschungsministerium in den nächsten drei Jahren mit 255 Millionen Euro finanzieren.

Kondensstreifen über Spanien | Künstliche Wolkenbildung über Spanien: Aus den durch Flugzeuge produzierten Kondensstreifen werden häufig Cirruswolken. Ihr Anteil am Klimawandel scheint aber geringer zu sein als befürchtet.
Immerhin eine gute Nachricht liefert der IPCC-Bericht: Basierend auf Daten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) kommen Wissenschaftler zu dem Schluss, dass der Luftverkehr – insbesondere die von ihm erzeugten Kondensstreifen – weniger gravierende Folgen für das Klima hat als bisher angenommen. Flugzeuge trugen im Jahr 2000 etwa drei Prozent zur Erderwärmung bei – vor allem durch den Ausstoß von Kohlendioxid und Stickoxiden. Zudem setzen die Maschinen Aerosole und Wasserdampf frei, die wiederum Wolken bilden oder deren Entstehung beeinflussen.

Während der negative Einfluss der Stickoxide und des Kohlendioxids vom DLR bestätigt wird, können sie bei den Kondensstreifen leichte Entwarnung geben. Vor allem die sich aus den Streifen entwickelnden flächigen Cirruswolken bedecken wohl eine deutlich geringere Fläche als ursprünglich angenommen. Aussagen über einen im Vergleich zu Kondensstreifen zehnmal höheren Bedeckungsgrad der Cirren seien nicht stichhaltig, so Hans-Leo-Richter und Robert Sausen vom DLR. (dl)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.