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News: Bestäuber unerwünscht

Munter krabbelt ein Bienenmännchen auf einer Orchideenblüte herum - denken wir. Er empfindet das Ganze vielleicht eher als schlechten Scherz, denn anstatt eines heißen Flirts mit einer begehrenswerten Artgenossin erntet er nur ein paar Pollenpakete und darf als unfreiwilliger Botengänger herhalten. Damit er das auch ordentlich für möglichst viele Blüten erfüllt, wechselt die Orchidee nach erfolgreichem Besuch ihr Parfum: Statt verlockend zu duften, schreckt sie den liebeshungrigen Brummer dann mit einer Substanz ab, die ihm an einem Weibchen signalisiert, dass sie ihr Abenteuer schon hinter sich hat.
Die warme Frühlingssonne lacht – höchste Zeit für die Partnersuche. Auf der blühenden Wiese tummeln sich die ersten Insekten, die Vögel zwitschern in den Zweigen, und die Zweibeiner schwärmen aus zum Picknick. Auch die Bienenmännchen sind auf der Suche nach einer Gefährtin. Aufgepasst – blitzt da nicht gerade der Rücken einer summenden Schönen durch die Gräser? Und stiegen ihm da nicht gerade ein paar verlockende Düfte seiner Angebeteten in die Nase? Schnell hinterher!

Doch Lug und Trug herrscht in der Natur. Eine Orchidee hat den Verliebten im wahrsten Sinne des Wortes an der Nase herumgeführt. Nicht nur, dass die Blüten im Aussehen den begehrten Weibchen ähneln, sie narren den unfreiwilligen Besucher auch noch mit Körperdüften seiner Traumfrau. Zu allem Überfluss gibt es für den geprellten Bienenmann noch nicht einmal eine Belohnung, nur ein Säckchen mit Pollen darf er auf seine weiteren Flüge mitnehmen und bei einem weiteren irrtümlichen Anflug auf der nächsten Orchidee hinterlassen.

Die trickreichen Pflanzen wechseln auch noch ihr Parfum – passend zur Situation. So duften die Blüten der Spinnen-Ragwurz (Ophrys sphegodes) ganz nach ihrem Vorbild, den Weibchen der Sandbiene Andrena nigroaenea. Eine Substanz spielt dabei eine besondere Rolle, das Farnesyl-hexanoat, eine Alkansäureverbindung. Auf ein Bienenmännchen wirkt es ausgesprochen abschreckend, denn wenn er es an einer Auserkorenen riechen, verliert er jede Lust auf ein gemeinsames Abenteuer. Wie kommt's? Es signalisiert ihm, dass sie bereits ein erfolgreiches Rendezvous hinter sich hat und er wohl nicht der Vater ihres Nachwuchses sein wird. Doch das ist es nun mal, was für ihn zählt. Also verschwendet er keine Energie auf eine Begattung und wendet sich aussichtsreicheren Kandidatinnen zu.

Das macht sich die Spinnen-Ragwurz offenbar zunutze. An einem Blütenstand trägt sie meist zwei bis sechs Einzelblüten, die möglichst alle bestäubt werden sollten. Doch wie soll sie gewährleisten, dass sich die liebeshungrigen Bienen nicht immer auf dieselben Blüten stürzen und die anderen links liegen lassen? Ganz einfach: Sie erhöht den Anteil von Farnesyl-hexanoat in einer bestäubten Blüte – allerdings nicht zu sehr, um die Besucher nicht ganz abzuschrecken. Diese lassen sich nun von den benachbarten noch jungfräulichen und wohlduftenden Exemplare verführen. Und die Orchidee hat ihr Ziel erreicht.

Mit ausgeklügelten verhaltensbiologischen Experimenten sind Florian Schiestl und Manfred Ayasse von der Universität Wien diesem hinterlistigen Verhalten der Spinnen-Ragwurz auf die Schliche gekommen. Sie behandelten einige Pflanzen mit einer Farnesyl-hexanoat-haltigen Lösung, während sie andere nur mit dem Lösungsmittel bepinselten. Die Bienenmännchen der Wiese reagierten prompt: Kein Interesse für Farnesyl-hexanoat – die Blüten blieben einsam. Außerdem analysierten die Forscher den Duftcocktail der Blüten vor und nach der Bestäubung und bestimmten die relativen und absoluten Anteile der einzelnen Substanzen. Und auch hier zeigte sich klar: Waren die Pollenpakete an einem Bienenbein oder Fühler erfolgreich auf Reisen, schütteten die Blüten das Abschreckungsmittel aus.

Warum aber stoppen sie nicht einfach die gesamte Duftstoffproduktion? Schließlich kostet das die Orchidee einiges an Energie. Drei Erklärungen bieten Schiestl und Ayasse an: Zum einen will sie ja weiterhin Bienenmännchen anlocken, so lange noch einzelne Blüten unbestäubt sind. Dafür aber darf sie ihren Geruch nicht zu sehr reduzieren. Außerdem würde es wahrscheinlich eine Weile dauern, bis die Besucher die verringerte Konzentration überhaupt wahrnehmen würden, da die Stoffe nur wenig flüchtig sind. Ein abschreckender Duft könnte die Bestäuber dagegen besser direkt zu den noch harrenden Blüten umdirigieren. Zu guter Letzt handelt es sich bei den Lockstoffen um Substanzen, die auch in der vor Austrocknung schützenden Wachsschicht der Pflanzen vorkommen – sie kann also womöglich gar nicht so einfach darauf verzichten. Und wird somit wohl weiterhin erfolgreich Sandbienen-Männchen an der Nase herumführen.

  • Quellen
Oecologia 126(4): 531–534 (2001)

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