News: Bestechung ist teuer geworden
Zur Zeit der Sowjetunion führte die unflexible, bürokratische Planwirtschaft zu Engpässen und Knappheit von Gütern und Dienstleistungen, was die Entstehung einer zweiten, inoffiziellen Wirtschaftsebene förderte. Auf diesem inoffiziellen Markt strebten die Akteure nicht, wie in der marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaft üblich, nach Gewinnmaximierung, sondern nach der Maximierung ihrer Kontrolle über Verteilungsprozesse. Nach dem Wegfall der sozialistischen Staatsform blieb diese Dualität des Wirtschaftssystems jedoch erhalten. Die Ursache hierfür sieht die Kölner Wirtschaftsethnologin in der Steuergesetzgebung Rußlands. Zu hohe Steuern machen es gerade den Kleinunternehmen praktisch unmöglich, ökonomisch zu arbeiten. Sie können es sich im wörtlichen Sinne nicht leisten, auf illegale Praktiken wie Steuerhinterziehung zu verzichten, so daß sie wie früher an den offiziellen Stellen vorbei arbeiten. Im Vergleich zur Situation in der Sowjetunion hat die inoffizielle Seite der russischen Wirtschaft sogar noch an Bedeutung gewonnen. Sowohl Anzahl als auch Höhe der Bestechungssummen sind, so die vorliegende Studie, deutlich gestiegen.
Dennoch sind es gerade die Kleinunternehmen, die die Entwicklung der Wirtschaft in Rußland zu einem marktwirtschaftlich orientierten System vorantreiben können. Da Kleinunternehmen in der Regel nicht selber über ausreichend Ressourcen verfügen und auf diese Weise Macht innerhalb des inoffiziellen Marktes ausüben können, sind sie praktisch auf das Funktionieren der offiziellen regulären Wirtschaftsmechanismen angewiesen. Hinzu kommt natürlich die wachsende Überzeugung vieler Unternehmer, daß ein marktwirtschaftliches Wirtschaftssystem nach westlichem Vorbild die wirtschaftliche Situation in Rußland positiv beeinflussen würde. Eine Möglichkeit, Gesetzestreue und marktorientierte Tätigkeit für die Unternehmer lukrativ zu machen, sieht Zschoch darin, die Steuern zu senken. Mit dem Machtwechsel in der russischen Regierung zugunsten der "Reformer" zu Beginn des Jahres 1997 stehen die Chancen für eine solche Entwicklung nicht schlecht.
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