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News: Biomüll gut verpackt

Bakterien schließen giftige Stoffwechselprodukte in besondere Membranen ein, deren chemischer Aufbau bisher noch nie in der Natur beobachtet wurde.
Sie gehören zur Grundausstattung des Lebens: Biomembranen. Die chemischen Eigenschaften ihrer Bausteine, der Phospolipide, prägen ihren charakteristischen Aufbau. Phospholipide bestehen aus einem wasserliebenden – hydrophilen – Kopf, an den sich ein wasserabstoßender – hydrophober – Schwanz aus Kohlenwasserstoffresten anschließt. Da sich die hydrophoben Teile spontan zusammenlagern, bilden die Moleküle in wässriger Lösung eine Doppelschicht mit den hydrophoben Schwänzen innen und den hydrophilen Köpfen außen.

Dieser Grundaufbau ist bei allen Lebewesen – egal, ob Pflanze, Tier oder Bakterium – grundsätzlich gleich, und daher haben Wissenschaftler eigentlich hier nicht viel Neues erwartet. Doch eine erst kürzlich entdeckte Gruppe von Bakterien hat anscheinend eine besondere Membranstruktur entwickelt, die – wie sich jetzt zeigte – es in sich hat.

Diese Bakterien sind schon aufgrund ihres Stoffwechsel außergewöhnlich: Sie gewinnen ihre Energie, indem sie Ammonium mit Nitrit zu molekularem Stickstoff oxidieren. Aufgrund dieser anaeroben Ammoniumoxidation werden die Bakterien, von denen bisher noch keine Reinkulturen gewonnen werden konnten, kurz als Anammox-Bakterien bezeichnet. Die energieliefernde Reaktion findet in organellartigen Strukturen statt, die als Anammoxosomen bezeichnet werden.

Unangenehmerweise entstehen bei der Reaktion giftige Zwischenprodukte, wie Hydrazin und Hydroxylamin, welche die Bakterien sicher entsorgen müssen. Dies geschieht im Innern der Anammoxosomen, die als Zwischenlager für den Biomüll dienen. Und die Membran dieses Zwischenlagers besteht, wie Jaap Sinninghe Damsté vom Royal Netherlands Institute for Sea Research und seine Kollegen jetzt herausfanden, aus ungewöhnlichen, Ladderane genannten Lipiden. Sie tragen am Ende der Kohlenwasserstoffreste Cyclobutanringe, welche die hydrophoben Schwänze miteinander dicht verzahnen. Daher lassen sie – im Gegensatz zu "normalen" Membranstrukturen – die giftigen Zwischenprodukte nicht passieren.

Für Biologen sind diese Ladderane vollkommen neu. Physiker und Ingenieure kennen jedoch die ungewöhnlichen Fette bereits: als Bausteine in der Optoelektronik.

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