News: Bitte das Licht löschen
Warum aber sprechen die Wissenschaftler nur von "möglichen Kandidaten"? Bisher konnte vermutlich noch keiner der Planeten direkt abgebildet werden. Lediglich auf einem Foto, das mit dem Hubble Space Telescope gemacht wurde, ist ein Himmelskörper zu sehen, bei dem es sich möglicherweise um einen Planeten handeln könnte. Die meisten potentiellen Planeten werden aufgrund von Unregelmäßigkeiten in der Bewegung der Sterne postuliert, die sie umkreisen.
Dies könnte sich nun durch eine neue Technik ändern. Philip M. Hinz vom Steward Observatory in Tucson, Arizona, und ihre Kollegen zeigen, wie es vielleicht möglich ist, direkte Aufnahmen von extrasolaren Planeten zu gewinnen: durch das Auslöschen des Bildes des Zentralsternes.
Es ist vor allem deswegen so schwierig, extrasolare Planeten direkt zu fotografieren, weil das helle Licht des nahegelegenen Muttersterns andere schwache Lichtquellen überstrahlt. Das gleiche Problem tritt zum Beispiel auf, wenn jemand das Bild einer Motte aufnehmen möchte, die in der Nähe einer Straßenlaterne sitzt. Doch vor zwanzig Jahren fand Ronald N. Bracewell von der Stanford University in Kalifornien eine elegante Lösung (Nature vom 24. August 1978).
Bracewells Trick bestand darin, zwei Teleskope zur gleichen Zeit auf denselben Stern zu richten. Dabei mußten die Teleskope nicht einmal besonders groß sein oder außergewöhnlich scharfe Bilder zu produzieren. Die Lösung lag darin, wie die Aufnahmen, die im infraroten Teil des Spektrums gewonnen wurden, in den beiden Teleskopen verarbeitet wurden.
Durch eine besondere Anordnung von Spiegeln können die beiden Bilder überlagert werden. Wenn die Maxima in den Lichtwellen, die von einem Teleskop empfangen wurden, mit den Minima in den Wellen der anderen Aufnahme in Beziehung verrechnet werden, dann verschwindet das Bild des Zentralsternes durch destruktive Interferenz. Nur die Signale von nahegelegenen schwachen Lichtquellen – wie eben Planeten – würden übrig bleiben, da sie aus einer Richtung leicht außerhalb des Zentrums einfallen. Eine solche paarweise Anordnung von phasenverschobenen Teleskopen wird auch als Bracewell Interferometer bezeichnet.
Bracewell war der Meinung, das nach ihm benannte Interferometer sollte Teil zukünftiger Instrumente sein, die im Weltraum stationiert wären. Der Grund dafür war, daß auch mit dem neuen Gerät die Bilder von erdgebundenen Teleskopen durch die Atmosphäre unseres Planeten undeutlich werden – vor allem im infraroten Bereich. Aber die Technik ist inzwischen fortgeschritten: Heute stehen "intelligente" Teleskope mit adaptiver Optik zur Verfügung, die in der Lage sind, die atmosphärischen Störungen zu kompensieren. Hinz und seine Kollegen setzten nun Bracewells Idee auf der Erde in die Realität um. Dazu funktionierten sie zwei der insgesamt sechs gekoppelten Spiegel des Multiple Mirror Telescope in Arizona (Bild des MMT, 30 kB) zu einem Bracewell Interferometer um (Nature vom 17. September 1998, Artikel als Download).
Die ersten Bilder der Zwillingsteleskope wurden von Aldebaran im Sternbild Stier gemacht – des zwölfthellsten Sternes am Himmel – und dieser Stern dann vollständig ausgeblendet. Bei der Aufnahme des hellen roten Sternes Beteigeuze im Orion wurde der Zentralstern ausgelöscht, und dadurch der umgebende Staubnebel deutlich ins Bild gebracht.
Hinz räumt ein, daß die Testanordnung technisch verbessert werden müßte. Doch er ist der Überzeugung, daß sie damit für die Suche nach extrasolaren Planeten geeignet wäre. Große Hoffnungen setzt er auf den Einsatz der Bracewell Interferometrie beim Large Binocular Telescope, welches gegenwärtig in Arizona entwickelt wird.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 29.5.1998
"Noch besser als erwartet"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 20.5.1998
"Kannibalismus im Weltall"
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