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Veränderliche Sterne: BLAP – eine neue Klasse veränderlicher Sterne

Manche Sterne haben einen Puls – ihre Helligkeiten pulsieren in regelmäßigen Abständen. Forscher haben nun eine komplett neue Klasse solcher veränderlicher Sterne entdeckt. Sie nennen sie "blue large-amplitude pulsators", kurz BLAPs.
Der offene Sternhaufen NGC 3766

Bereits seit Langem sind Astronomen pulsationsveränderliche Sterne bekannt, deren Helligkeiten periodisch zu- und abnehmen. Abhängig von ihrer Oberflächentemperatur, ihrer Masse und Größe lassen sich diese Veränderlichen in unterschiedliche Gruppen einteilen. Nun berichtet eine Forschergruppe im Fachmagazin "Nature Astronomy" von der Entdeckung einer ganz neuen Klasse solcher Sterne, die sich durch sehr kurze Perioden und relativ hohe Helligkeitsveränderungen auszeichnet. Da die beobachteten Sterne außerdem relativ stark im blauen Spektralbereich strahlen, tauften die Wissenschaftler sie BLAPs – dies steht für blue large-amplitude pulsators, auf Deutsch: blaue Pulsatoren mit hoher Amplitude.

Die neuen Veränderlichen finden sich im umfangreichen Datensatz des Beobachtungsprojekts OGLE (Optical Gravitational Lensing Experiment). Zunächst fiel den Astronomen um Pawel Pietrukowicz von der Universität Warschau im Jahr 2014 ein Stern im Sternbild Kiel des Schiffs (lateinisch: carina) auf, dessen Helligkeit mit einer außergewöhnlich kurzen Periode von nur etwas mehr als 28 Minuten schwankt. Damals klassifizierten sie ihn als einen Veränderlichen vom Typ Delta Scuti – solche Sterne sind zwischen 1,5 und 2,5 Sonnenmassen schwer und können im Extremfall ähnlich schnell pulsieren.

Allerdings wies der neu entdeckte Stern deutlich stärkere Helligkeitsschwankungen auf als typische Delta-Scuti-Objekte, weshalb die Wissenschaftler ihn später auch spektroskopisch untersuchten. Dabei wurde klar: Er strahlt einen großen Teil seines Lichts im blauen Spektralbereich ab, und seine Oberflächentemperatur liegt bei rund 33 000 Kelvin. Damit unterscheidet er sich deutlich von Delta-Scuti-Sternen, die viel kühler sind und ihre Strahlung eher im langwelligen, roten Bereich abgeben. Auch in andere Gruppen veränderlicher Sterne ließ sich das neue Objekt nicht einordnen, teils auf Grund seiner spektralen Eigenschaften, teils wegen der Dauer und Stärke seiner Pulsation.

Mittlerweile haben die Forscher noch 13 weitere solcher heißen, blauen und kurzperiodischen Sterne gefunden, und stufen sie in eine komplett neue Klasse von Veränderlichen ein: die BLAPs. Da sie sich auf Grund ihrer großen Entfernung nicht direkt abbilden lassen, sind die Astronomen auf theoretische Modelle angewiesen, um ihren Aufbau zu verstehen. Zwei Möglichkeiten kommen in Betracht: Entweder handelt es sich um Sterne, die kurz nach ihrer Entstehung rund fünf Sonnenmassen schwer waren, mittlerweile aber einen großen Teil ihrer Materie verloren haben. Ihr Kern aus reinem Helium besitzt jetzt nur noch etwa eine Sonnenmasse und erzeugt durch das Heliumbrennen Energie.

Da ein so großer Massenverlust aber relativ unwahrscheinlich ist, favorisieren die Forscher die zweite Möglichkeit: Demnach sind BLAPs enthüllte Rote Riesen. Sie waren also einmal sonnenähnliche Sterne, die sich gegen Ende ihres Lebens stark aufblähten – und dabei einen Teil ihrer Hülle verloren. Dies kann beispielsweise in einem Doppelsternsystem passieren, indem der Partner Materie vom Roten Riesen abzieht. Die Kerne der BLAPs besitzen im Modell der Astronomen lediglich rund 0,3 Sonnenmassen, und der Druck reicht nicht aus, um das Helium fusionieren zu lassen. Die Energieerzeugung findet deshalb lediglich in der Hülle um den Kern durch Wasserstoffbrennen statt.

Wie auch immer die Sterne aber genau beschaffen sind, die Pulsationen gehen auf einen ähnlichen Prozess zurück: Strahlung aus dem Inneren trifft auf eine relativ dichte und undurchlässige Schicht – an dieser Stelle erhöht sich also der Strahlungsdruck, und die Schicht dehnt sich aus. Dabei verringern sich ihre Dichte und Temperatur und die Strahlung kann entweichen. Irgendwann gewinnt somit die nach innen gerichtete Gravitationskraft wieder die Oberhand und die Schicht zieht sich erneut zusammen.

Den Forschern ist die Entstehung der neu entdeckten Veränderlichen ein Rätsel – und es wird nicht einfach sein, dieses aufzuklären: Die sehr kleine Zahl der BLAPs im Vergleich mit anderen Klassen von pulsierenden Sternen zeigt, dass es sich wohl um eine äußerst seltene Phase in der Entwicklungsgeschichte von Sternen handelt. Es dürfte also noch einige Zeit und groß angelegte Beobachtungsprojekte in Anspruch nehmen, die neue Klasse der Veränderlichen genauer zu verstehen.

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