Direkt zum Inhalt

Mensch und Roboter: Blecherne Begleiter: Care-O-bot holt Saft

Care-O-bot aus Stuttgart kann jetzt schon auf Befehl ein Glas Saft aus dem Kühlschrank holen. Wird der Robo-Butler bald die unentbehrliche Haushaltshilfe für alte und kranke Menschen?
Surrrrr... – Langsam setzt sich der Roboter in Bewegung. "Bring mir ein Glas Orangensaft", sagt Frau Jacobi. Nach ihrer Operation im letzten Monat fällt ihr das Laufen schwer. "ICH HOLE EIN GLAS ORANGENSAFT!" Surrrrr... – Der mechanische Helfer dreht sich und rollt durch den Raum in Richtung Kühlschrank. Frau Jacobi lächelt. Sie ist froh, dass er ihr den Alltag erleichtert.
Care-O-bot II | Der zweite Prototyp von Care-O-bot wurde erstmals auf der Hannovermesse 2002 vorgestellt. Anders als sein Vorgänger besitzt der Care-O-bot II einen Greifarm, einen Sensorkopf und ein abnehmbares Bedienpanel.
Was sich heute noch wie Zukunftsmusik anhört, kann schon bald Wirklichkeit werden. Forscher arbeiten seit Jahren an Robotern, die den Menschen im Haushalt unterstützen sollen. Wer wünscht sich nicht einen braven Butler, der den Saft ans Sofa bringt und an die Einnahme der Tabletten erinnert – können Entwicklungen in der Robotik zukünftig diesen Traum erfüllen? Der Trend geht zum Serviceroboter, der vielleicht schon in einigen Jahren in die Haushalte einzieht – und besonders ältere oder kranke Menschen unterstützen kann.

Roboterassistent in der Testwohnung

Am Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) in Stuttgart wird der Serviceroboter Care-O-bot II entwickelt. Sein Zuhause ist ein Versuchsfeld, das einer typischen Wohnung nachempfunden ist. Hier testen die Forscher die Funktionen der 1,48 m großen Maschine.
Care-O-bot navigiert durch die Wohnung | Das Versuchsfeld in einer großen Halle des IPA ist einer typischen Wohnung nachempfunden. In dem Raum mit Sofa, Tisch und Kommode testen die Forscher die Funktionen von Care-O-bot.
Sie wirkt etwas massig, wenn sie durch den Raum rollt. Die Augen bestehen aus Kameraobjektiven, der Kopf hockt überdimensional auf dem massigen Körper – nur wenig erinnert an menschliche Formen. Damit der Roboter natürlicher wirkt, haben die Entwickler einen Kopf mit gesichtsähnlichen Zügen konstruiert.

Dem Roboter das Laufen beizubringen ist nicht das Ziel der Stuttgarter Forscher: Care-O-bot bewegt sich auf Rollen fort. Eine wichtige Voraussetzung für einen Einsatz als Helfer ist die Fähigkeit sich sicher unter Menschen zu bewegen. "Dafür muss die Navigation absolut sicher laufen", sagt Susanne Oberer von der Abteilung Robotersysteme. Getestet wird dies mit Entertainmentrobotern, die seit fünf Jahren im Museum für Kommunikation in Berlin Besucher begrüßen, herumführen und informieren. "Hier funktioniert die Navigation mit Kollisionsschutz und Hindernisumfahrung einwandfrei", erzählt die wissenschaftliche Mitarbeiterin Susanne Oberer.

Orientierung beginnt im Kopf

Mit einem Laserscanner tastet der Roboter seine Umgebung ab. "So kann er sich im Raum bewegen ohne anzustoßen", erklärt Susanne Oberer. Care-O-bot kann sogar einer plötzlich auftauchenden Person ausweichen. Bei der Orientierung helfen ihm zusätzlich zwei Kameras in seinem Kopf.
Technik im Schädel | In Care-O-bots Kopf sind zwei Kameras und ein Laserscanner eingebaut. Diese helfen ihm bei der Orientierung und nehmen Daten aus der Umgebung auf. Erst durch die dreidimensionale Darstellung ist das Greifen im Raum möglich.
Wenn er diesen schwenkt, nehmen Kamera und Scanner räumliche Daten aus der Umgebung auf: dadurch kann der Roboter Gegenstände im Raum erfassen und greifen. Entfernung, Form und Größe werden dabei ständig neu berechnet.


Mit dem beweglichen Roboterarm samt Greifhand kann er beispielsweise eine Flasche greifen und anreichen. Um die Flasche zu erkennen, vergleicht er die Daten mit den Objekteigenschaften aus einer Datenbank. Durch die Form oder auch das Wort "Flasche" kann er diese zuordnen und weiß, wie er sie greifen muss. Die Kräfte beim Zupacken werden durch Sensoren gemessen, so kann er mit seiner Greifhand auch Zerbrechliches halten, ohne dies zu zerquetschen. Befehle nimmt der Care-O-bot über ein abnehmbares Funkpanel mit Touchscreen entgegen. Der Benutzer kann somit die Aktionen des Roboters überwachen, auch wenn er sich nicht im gleichen Raum aufhält. Der Roboter kann einen einfachen Befehl über einen Handlungsplaner in komplexe Bewegungsabläufe umsetzten.

Die Datenbank weiß, wo der Saft ist

Bedienpanel mit Touchscreen | Über das Bedienpanel mit Touchscreen kann der Benutzer Befehle eingeben. Das Panel ist abnehmbar, dadurch ist es möglich, den Roboter bequem vom Sofa aus zu steuern. Auch wenn Care-O-bot sich in einem anderen Raum aufhält, können seine Aktionen über das Funkpanel überwacht werden.
Bei der Aufforderung "Bring mir einen Saft ans Sofa!" schaut Care-O-bot in seiner Datenbank nach, wo der Saft zu finden ist. "Dann zieht er Rückschlüsse: dass er dazu in die Küche gehen und den Kühlschrank öffnen muss", erzählt Frau Oberer. Bevor der Roboter sich auf den Weg macht, muss er alle ausführenden Schritte bis ins Detail planen: den Weg, den Griff zum Öffnen der Kühlschranktür bis zum Prüfen des Saftvorrats – auch an ein Glas muss er denken. Er bestätigt jeden Befehl akustisch, bevor er sich auf den Weg macht. Ist kein Orangensaft im Kühlschrank, bietet er einen Apfelsaft an.

Besonders ältere und behinderte Menschen könnten von einem Roboterassistenten, der sie im Alltag unterstützt, profitieren. Denn der Care-O-bot kann neben alltäglichen Handreichungen als intelligente Gehhilfe verwendet werden. Mit seinen höhenverstellbaren Gehstützen kann er eine Person stützen und sie selbständig zu einem angegebenen Ziel in der Wohnung führen. "Ältere Menschen können dann länger alleine zu Hause bleiben ohne eine Rundumbetreuung zu benötigen", so Oberer. Er soll das Leben zu Hause erleichtern. Der Bedarf ist da, denn bereits in zehn Jahren wird voraussichtlich jeder vierte Mensch über sechzig sein.

Noch sind die Fähigkeiten der Roboter begrenzt, doch in einigen Jahren könnten sie vielfältige Aufgaben im Alltag übernehmen. Vorstellbar ist ein mobiler Haushaltsassistent, der die Mikrowelle bedient und einfache Reinigungsaufgaben erledigt, die Brille sucht oder das heruntergefallene Buch aufhebt. Er könnte auch kleinere Botengänge übernehmen, Vitalzeichen kontrollieren und diese an einen Arzt weiterleiten: Der treue Diener, der an die Einnahme von Medikamenten erinnert und dazu gleich ein Glas Wasser reicht.

Surrrrr... "ICH EMPFANGE ALSO DIENE ICH..."

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.