Direkt zum Inhalt

Antibiotikaresistenz: Blutsignal kann helfen, Antibiotika sinnvoll zu dosieren

Gegen die global grassierenden Bakterienresistenzen könnte helfen, Antibiotika wirklich nur dann zu geben, wenn sie nötig sind. Aber wie weiß man das genau?
Eine leere Schachtel Tabletten wurde offenbar zerdrückt.

Weltweit werden Antibiotika unwirksam, weil sie falsch, zu lange oder zu hoch dosiert eingesetzt wurden und so die Entwicklung von Resistenzen bei den Bakterien gefördert werden. Allerdings verschreiben Ärzte nicht selten aus Sicherheitserwägungen Antibiotika als Medikament gegen nicht eindeutig identifizierte Erreger – etwa bei unklaren Infektionen der unteren Atemwege, getreu dem Motto: "Besser einmal zu oft nutzlos Antibiotika gegen Viren eingesetzt als einmal zu wenig gegen ein womöglich lebensgefährliches Bakterium!" In solchen Zweifelsfällen könnte demnächst ein Bluttest helfen, der auf einem bisher nicht ausreichend erforschten biochemischen Zusammenhang basiert. Nun bestätigt eine Metaanalyse, dass ein vom Körper bei bakteriellen Infektionskrankheiten produzierter Signalstoff im Blut verlässlich darüber informiert, ob eine Antibiotikagabe gegen Bakterien wirklich notwendig ist.

Die zusammenfassende Neuauswertung von 27 Einzelstudien hat klären sollen, ob das Molekül Procalcitonin, die Vorstufe eines Schilddrüsenhormons, tatsächlich als sinnvoller Diagnosemarker für bakterielle Infektionen taugt. Es ist bei Gesunden meist kaum oder gar nicht nachweisbar, seine Konzentration steigt aber im Zuge einer bakteriellen Entzündung im Blut an. Dies bestätigt sich jetzt in der im Fachblatt "The Lancet Infectious Diseases" veröffentlichten Metaanalyse, für die Forscher der Universität Basel und Kollegen die Blutwerte und Krankheitsverläufe von über 6700 Patientendatensätzen aus 27 Einzelstudien noch einmal ausgewertet haben.

Die Information über den Procalcitoninspiegel kann eine Antibiotika-Therapie um rund 30 Prozent verkürzen: Die Studien zeigen, dass Ärzte eine erfolgreiche Behandlung schneller gefahrlos stoppen, wenn in ihre Bewertung neben klinischen Daten auch die Signalmarkermenge einfließt. Insgesamt, so zeigt die Metanalyse, sinkt in solchen Fällen nicht nur die Menge an verschriebenen Antibiotika, sondern auch das Sterberisiko; zudem meldeten die Patienten seltener Nebenwirkungen.

Procalcitonin wurde bereits seit etwa 2005 als Biomarker für unterschiedliche Risiken diskutiert. Unter anderem sollte es dazu dienen, die Gefahr einer Sepsis bei Patienten im OP abzuschätzen. Als alleiniges Signal gilt es in diesem Zusammenhang jedoch als ungeeignet. In den letzten Jahren war dann unter Medizinern umstritten, ob die Procalcitoninmenge wirklich mit bakteriellen Infektionen korreliert: Die Einzelstudien – die nun in die Metaanalyse eingeflossenen sind – hatten zuvor keine eindeutigen Schlussfolgerungen zugelassen.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.