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Wahl 2013: Bundeswahlgesetz – dritter Versuch

Die neue Vorschrift für die Wahl des deutschen Bundestags ist komplizierter denn je und überaus schlecht formuliert. Aber sie ist nicht mehr ganz so paradox wie ihre Vorläufer und führt endlich zu einer dem Stimmenverhältnis entsprechenden Sitzverteilung.
Reichstag in Berlin

"Ein Wahlsystem, das ... zulässt, dass ein Zuwachs an Stimmen zu Mandatsverlusten führt oder dass für den Wahlvorschlag einer Partei insgesamt mehr Mandate erzielt werden, wenn auf ihn selbst weniger oder auf einen konkurrierenden Vorschlag mehr Stimmen entfallen, führt zu willkürlichen Ergebnissen und lässt den demokratischen Wettbewerb um Zustimmung bei den Wahlberechtigten widersinnig erscheinen." So die Entscheidung, mit der das Bundesverfassungsgericht am 25. Juli 2012 die nur wenige Monate zuvor verabschiedete Neufassung des Bundeswahlgesetzes außer Kraft setzte.

Reichstag in Berlin | Im Plenarsaal des Deutschen Bundestags im Reichstag könnte es eng werden. Bei dem Wahlergebnis von 2009 hätten nach dem neuen Wahlrecht 49 Stühle mehr eingebaut werden müssen; andere plausible Wahlergebnisse würden 800 oder mehr Plätze erfordern.

Das von 1957 bis zur Bundestagswahl 2009 gültige Bundestagswahlsystem war verfassungswidrig und verletzte die Prinzipien der Unmittelbarkeit und Gleichheit der Wahl. Schuld war ein Effekt, der als negatives Stimmgewicht bezeichnet wird. Zusätzliche Stimmen für eine Partei konnten für diese zu einem Sitzverlust führen; umgekehrt konnte ein Stimmenverlust einer Partei einen zusätzlichen Sitz einbringen. In den Blick der Öffentlichkeit rückte der Effekt durch eine Nachwahl zur Bundestagswahl 2005 in einem Wahlkreis in Dresden. Da das Wahlergebnis für den Rest Deutschlands feststand, konnte man sich vorher ausrechnen, dass die CDU in diesem Wahlkreis nicht mehr als rund 42 000 Zweitstimmen erhalten durfte, um sich ein Überhangmandat zu sichern. Am Ende blieb die CDU mit 38 202 Zweitstimmen – zu ihrer Freude – unter dieser Marke.

Aus Spektrum der Wissenschaft 08/2013
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Auf mehrere Wahlprüfungsbeschwerden hin (darunter eine von mir) erklärte das Bundesverfassungsgericht das Wahlsystem im Juli 2008 für verfassungswidrig, gab aber dem Bundestag eine großzügige Frist von drei Jahren – also über die Bundestagswahl 2009 hinaus – für eine Korrektur. Der verabschiedete Ende 2011 ein Wahlgesetz, das allerdings das Problem mit dem negativen Stimmgewicht nicht beseitigte, sondern noch verschärfte. Im Juli 2012 kassierte das Bundesverfassungsgericht den Fehlversuch; zusätzlich entschied es, dass Überhangmandate nur in einem begrenzten Umfang (konkret: 15 Sitze) hinnehmbar sind. Daraufhin verabschiedete der Bundestag im Februar dieses Jahres schließlich das Gesetz, das für die anstehende Bundestagswahl gilt. Darin sind Überhangmandate weiterhin möglich; aber sie werden vollständig durch so genannte Ausgleichsmandate kompensiert, so dass nun der Bundestag im Verhältnis der Stärke der Parteien zusammengesetzt ist. Insbesondere hat der Gesetzgeber von der im letzten Urteil eingeräumten Möglichkeit, bis zu 15 (unkompensierte) Überhangmandate zuzulassen, keinen Gebrauch gemacht.

Das Gesetz ist ein neuer Versuch zur Lösung eines Problems, das so alt ist wie die Bundesrepublik. Zwei unterschiedliche Prinzipien wollen in Einklang gebracht werden:

  • Personenwahl: Die Hälfte aller Bundestagssitze soll an diejenigen gehen, die in einem der (zurzeit 299) Wahlkreise die Mehrheit der Erststimmen erhalten ("Direktmandat");
  • Verhältniswahl: Die Anzahl aller Sitze für eine Partei soll ihrem Zweitstimmenanteil proportional sein ("Proporz").
Erschwerend kommt hinzu, dass beide Forderungen nicht nur für den gesamten Bundestag, sondern für jedes Bundesland einzeln erfüllt werden sollen.

Negative Stimmgewichte und ähnliche Effekte | Hätte die CDU 2009 unter ansonsten gleichen Umständen weniger Zweitstimmen in Baden-Württemberg errungen, so hätte das mehr Überhangmandate für sie und damit mehr Sitze im Bundestag ergeben (links in der linken Grafik). Die blaue Linie zeigt die Situation, wenn nicht gerundet würde, es also Bruchteile von Bundestagssitzen gäbe. Unter dem neuen Wahlrecht gibt es nur noch einen dem negativen Stimmgewicht ähnlichen Effekt (rechte Grafik). Variiert man die Zweitstimmenanzahl für die SPD in Nordrhein-Westfalen und lässt alles andere unverändert, so springt gelegentlich die (rote) Kurve der Sitzzahlen nach unten, ein paar Stimmen mehr würden also die SPD einen Sitz kosten. Aber der Effekt ist zu klein und zu unkalkulierbar, um für taktisches Wählen nutzbar zu sein. Die blaue Linie zeigt wieder die idealisierte Situation.

Das Gesetz löst diesen Konflikt, indem es in Kauf nimmt, dass die Inhaber der Direktmandate weniger – möglicherweise weit weniger – als die Hälfte der Abgeordneten stellen. Im neuen Bundestag werden mehr als die eigentlich vorgesehenen 598 (= 2 x 299) Mitglieder sitzen. Der Größenzuwachs ist theoretisch unbegrenzt. Auf Basis hochgerechneter aktueller Umfragewerte kommt man auf ungefähr 50 zusätzliche Sitze, aber 200 und mehr sind – zumindest bei zukünftigen Wahlen – keineswegs abwegig. Man hätte zum Ausgleich des zu erwartenden Zuwachses das Bundesgebiet in weniger und dafür etwas größere Wahlkreise neu aufteilen können. Da aber zum Zeitpunkt der Verabschiedung die Aufstellung der Kandidaten für die Wahlkreise und die Landeslisten bereits in vollem Gange war, schreckten die Parlamentarier offensichtlich vor einem derartigen Schritt zurück.

Pseudo- und Mindestsitzzahlen

Das neue Wahlsystem verfolgt einen mehrstufigen Ansatz. Noch vor der Wahl bekommt jedes Bundesland entsprechend seiner Bevölkerungszahl ein bestimmtes vorläufiges Kontingent an Sitzen zugewiesen. Nach Auszählung der Erst- und Zweitstimmen berechnet man zunächst für jedes Bundesland getrennt, wie viele Sitze nach den ganz alten Regeln, genauer: nach dem für die Wahl von 1953 gültigen System, jede Partei erhalten würde: eine Anzahl, die ihrem Zweitstimmenanteil in diesem Land proportional ist. Nur die Art der Rundung auf ganze Sitzzahlen hat sich gegenüber 1953 geändert. Inzwischen verwendet man die Divisormethode mit Standardrundung nach Sainte-Laguë/Schepers. Hat eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate errungen, als ihrer so berechneten Sitzzahl entspricht, so erhält sie diese Sitze zusätzlich; das sind die Überhangmandate. Das ist der entscheidende Trick zur Vermeidung negativer Stimmgewichte: Die Überhangmandate werden bereits hier ins Verfahren eingeführt (und später ausgeglichen) statt wie bisher ganz am Schluss.

Das Bundeswahlgesetz von 2013 im Detail |

Wie wäre die Zusammensetzung des 2009 gewählten Bundestags bestimmt worden, wenn damals schon das aktuelle Gesetz gegolten hätte? Drei Varianten.

Pseudoverteilung: Von den 598 Sitzen Sollgröße des Bundestages wird jedem Bundesland proportional der Bevölkerung ein festes Kontingent an Sitzen zugeordnet. (Da aktuelle Bevölkerungszahlen noch nicht vorliegen, verwenden die folgenden Berechnungen ersatzweise die doppelte Anzahl der Wahlkreise.) Innerhalb jedes Landes werden den Parteien, welche die Fünfprozenthürde überwunden haben, diese Sitze entsprechend dem Zweitstimmenanteil nach dem Divisorverfahren mit Standardrundung (Sainte-Laguë) zugeordnet. Erhält eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate, als diese Berechnung ergibt, erhält sie stattdessen die Anzahl ihrer Direktmandate zugeteilt.

Beispiel Saarland (Tabelle links oben): Die Zweitstimmenzahlen werden durch einen Divisor geteilt, der so zu wählen ist (hier 75 000), dass sich nach Rundung das richtige Pseudo-Landeskontingent von 8 Sitzen ergibt. Die für eine Partei ermittelten Sitze, über alle Länder zusammengezählt, ergeben die Mindestsitzzahl dieser Partei. Beispiel: Die CDU erhält mindestens 195 Sitze im Parlament.

Nennen wir die derart ermittelte Sitzzahl jeder Partei in einem Bundesland ihre Pseudositzzahl; denn sie dient nicht der Zuweisung von Sitzen, sondern einzig als Eingangsgröße für den nächsten Rechenschritt: Für jede Partei werden ihre Pseudositzzahlen aus allen Bundesländern zusammengezählt. Diese Summe bezeichnen wir im Folgenden als die "Mindestsitzzahl" dieser Partei. Die Größe des Bundestages wird nun so erhöht, dass jede Partei mindestens ihre Mindestsitzzahl erhält und zugleich der Proporz eingehalten wird. Für Überhangmandate erhalten die anderen Parteien also Ausgleichsmandate. Die so ermittelten Sitze einer Partei werden unter Verrechnung der Direktmandate auf ihre Landeslisten verteilt. Von den so ermittelten, nunmehr endgültigen Sitzzahlen jedes Bundeslands erhalten zuerst die Gewinner der Direktmandate je einen Sitz und dann die Inhaber der Listenplätze, in der Reihenfolge der Liste.

Damit stellt das System – bis auf unvermeidbare Rundungsfehler – den vollständigen Proporz wieder her; und wer nach dem bisherigen Verfahren einen Sitz erhalten hätte, muss diesen in aller Regel nicht wieder abgeben – was jedem Abgeordneten, der wiedergewählt werden möchte, die Zustimmung zum Gesetz erleichtert haben dürfte. Es kann einige wenige Ausnahmen geben: Wenn eine Partei beim Runden auf ganze Sitzzahlen in mehreren Ländern Pech hat, fällt ihre Mindestsitzzahl niedriger aus als bisher; dasselbe geschieht, wenn die Wahlbeteiligung in einem Bundesland ungewöhnlich hoch war, so dass ein Pseudositz dort überproportional viele Stimmen erforderte.

Das Bundeswahlgesetz von 2013 im Detail | Oberverteilung: Die Größe des Bundestags wird so gewählt, dass jede Partei bei proportionaler Verteilung nach dem Divisorverfahren mit Standardrundung mindestens ihre Mindestsitzzahl erhält. Obwohl die Grünen in keinem Land ein klassisches Überhangmandat erzielt haben, liegt ihre Mindestsitzzahl 69 um eins höher, als ihrem Zweitstimmenanteil auf Bundesebene entspricht. Hier haben kumuliertes Rundungsglück, unterschiedliche Wahlbeteiligung und andere Effekte zusammengewirkt. Die Definition von »Überhangmandat« ist daher aufzuweichen zu »Mandat, das Ausgleichsmandate erfordert«. Eine Verteilung nur nach Zweitstimmen auf die Sollgröße 598 Sitze (Spalte "theoretische Sitzzahl") würde den Bundesdivisor 68 195 erfordern, der nun in aller Regel zu groß ist. Stattdessen dividiert man für jede Partei deren Zweitstimmenanzahl durch den Wert (Mindestsitzzahl – 1/2); der kleinste dieser Werte, in diesem Fall 60 813,7635 aus den CDU-Zahlen, ist der Bundesdivisor. Aus ihm und den Zweitstimmenzahlen ergeben sich – nach Rundung – die Sitzzahlen jeder Partei und daraus die Gesamtgröße des Bundestags. Anstelle dieser Rechnung kann man den Bundestag schrittweise vergrößern, bis die Forderung nach der Mindestsitzzahl für jede Partei erfüllt ist; so beschreibt es das neue Wahlgesetz.

Aber das größte Problem ist ein anderes: Die Partei mit dem größten relativen Unterschied zwischen Mindestsitzzahl und Sitzanspruch nach Proporz bestimmt die Anzahl der Ausgleichsmandate – und das sind umso mehr, je kleiner die Partei ist. Eine Fünf-Prozent-Partei, die über ihren proportionalen Anteil hinaus (Überhang-)Mandate erringt, schleppt zur Wiederherstellung des Proporzes für jedes zusätzliche eigene Mitglied 19 Angehörige der anderen Parteien mit ins Parlament – bis auf Rundungsdifferenzen.

Aufgeblähter Bundestag

Wenn das neue Gesetz bereits für die Bundestagswahl von 2009 gegolten hätte, säßen im derzeit noch amtierenden Bundestag neben den 28 Inhabern von Überhangmandaten 45 Ausgleichs-Abgeordnete, was die Gesamtgröße des Parlaments auf 671 statt 598 Abgeordnete anheben würde. Wenn die nur in Bayern antretende CSU ein Wahlergebnis erzielen würde wie 2009 die CDU in Baden-Württemberg, Saarland oder Mecklenburg-Vorpommern (bei reichlich Direktmandaten nur etwa ein Drittel der Zweitstimmen), käme der Bundestag nach dem neuen Gesetz auf fast 800 Mitglieder.

Ein weiteres verfassungsrechtliches Problem ist ein dem negativen Stimmgewicht ähnlicher Effekt. Dieser hängt am Prinzip der Ausgleichsmandate und betrifft damit in ähnlicher Form auch vierzehn Landtagswahlsysteme. Nehmen wir an, ein Direktkandidat der SPD vereinigt so viele Erststimmen auf sich, dass er der CDU den Wahlkreis wegnimmt. Die verliert daraufhin ein Überhangmandat; dieses muss nicht mehr ausgeglichen werden mit der Folge, dass auch ein SPD-Vertreter weniger ins Parlament einzieht.

Das Bundeswahlgesetz von 2013 im Detail | Unterverteilung: Man teilt für jede Partei die oben ermittelte Gesamtsitzzahl nach dem Verfahren von Friedrich Pukelsheim so auf die Länder auf, dass alle Direktmandate erhalten bleiben und im Übrigen die Sitze proportional den Zweitstimmenzahlen auf die Landeslisten verteilt werden. Die genaue Vorschrift lautet: Man ermittelt für jede Partei einen Parteidivisor mit der Eigenschaft, dass die Summe des Maximums der Werte "Zweitstimmenzahl der Landesliste geteilt durch Parteidivisor, standardgerundet" und "Anzahl gewonnener Direktmandate in dem Land", summiert über alle Länder, der Sitzzahl der Partei aus der Oberverteilung entspricht. Für die CDU ergibt sich ein Parteidivisor von 68 400. In der Pseudoverteilung hatte die Partei in Niedersachsen einen Sitz weniger, in Sachsen-Anhalt einen mehr erhalten. Insgesamt werden also drei Varianten des Divisorverfahrens mit Standardrundung angewandt: "normal" mit fester Zahl zu verteilender Sitze in der Pseudoverteilung (Schritt 1), mit festgelegtem Divisor in der Oberverteilung Schritt 2) und "direktmandatsbedingt", das heißt nach der oben genannten Vorschrift, in der Unterverteilung (Schritt 3).

Haben sich also die zusätzlichen Stimmen für den SPD-Kandidaten zu Ungunsten seiner Partei ausgewirkt? Eigentlich nicht. Die Fans, die ihm zum Sieg verholfen haben, haben wenig Anlass, ihre Entscheidung zu betrauern. Denn es vermindert sich zwar die Anzahl der SPD-Abgeordneten im Bundestag; aber auch andere Parteien, insbesondere die CDU, verlieren Sitze. Der prozentuale Anteil an der Gesamtzahl der Abgeordneten bleibt also gleich – bis auf Rundungsfehler. Deren Effekt dürfte allerdings außerhalb einer Nachwahl deutlich schwerer vorherzusehen und zu berechnen sein und ist obendrein unvermeidbar (ein Kriterium des Bundesverfassungsgerichts für ein akzeptables Wahlrecht), soweit man die Ausgleichsmandate selbst als unvermeidbar akzeptiert. Es ist nämlich nicht möglich, ihn unabhängig von allen anderen Effekten mathematisch zu erfassen. Der Effekt ist allerdings nicht selten (damit ist ein anderes Kriterium des Bundesverfassungsgerichts nicht erfüllt).

Jedenfalls hat er eine andere Qualität als das bisherige negative Stimmgewicht. Denn bei einem Wahlsystem mit Ausgleichsmandaten kommt es weniger auf die absolute Zahl der Sitze einer Partei an als vielmehr auf ihren Sitzanteil. Auch dieser kann einen Sprung nach unten machen, allerdings bleibt die Wirkung auf einen Rundungseffekt begrenzt.

Rechnen befriedigend, Deutsch mangelhaft

Negatives Stimmgewicht im bisherigen Sinn ist dagegen immer noch durch das Erschöpfen einer Landesliste möglich. Wenn eine Landesliste zu wenige Kandidaten (oder Nachrücker) hat, bleiben die nicht besetzbaren Sitze unbesetzt. Dann können mehr Stimmen für eine Partei weniger Sitze bedeuten; denn wenn sie in diesem Land weniger Stimmen erhalten hätte, wäre der Sitz bei der Unterverteilung an eine andere Landesliste der Partei gefallen.

SPD-Sitze im Bundestag | Auch nach dem neuen Wahlrecht würde es die SPD Sitze kosten, wenn sie der CDU Direktmandate abnähme, und ein Verlust entsprechend Sitze einbringen (Modellrechnung auf Basis des Wahlergebnisses von 2009). Nur würde dieser Verlust beziehungsweise Gewinn jetzt durch gleichartige Änderungen bei den anderen Parteien kompensiert.

Im Großen und Ganzen ist das neue Wahlrecht eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Bundeswahlgesetz. Allerdings ist der Gesetzestext überaus unklar formuliert. Selbst die verantwortlichen Sachpolitiker geben der Hoffnung Ausdruck, dass wenigstens der Bundeswahlleiter es verstanden habe. Auch die hier gegebene Beschreibung beruht weniger auf dem Wortlaut des Gesetzes als auf den Modellrechnungen des Bundeswahlleiters.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Urteil von 2008 dem Gesetzgeber den Auftrag erteilt, das Bundeswahlgesetz auf eine normenklare Grundlage zu stellen. Diesem ist insofern ein Versagen auf ganzer Linie zu attestieren. Die noch bestehenden Ungereimtheiten im Wahlsystem beruhen auf dem Versuch, mehr Ziele zu verwirklichen, als unter allen Umständen möglich ist. Das geht so lange einigermaßen gut, wie bei den Wählern die Präferenz für einen Kandidaten und die für seine Partei im Wesentlichen zusammenfallen – was bei der gestiegenen Anzahl der Parteien und der zunehmenden Neigung der Wähler, beide Stimmen unabhängig voneinander zu nutzen, immer weniger der Fall ist.

So kann man nur hoffen, dass die Wahl im September 2013 das Hohe Haus nicht aus den Nähten platzen lässt und der nächste Bundestag endlich ein Wahlgesetz mit klaren Prinzipien und nachvollziehbarer Beschreibung schafft.

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