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Sehschwäche: China erforscht seine Kurzsichtigkeits-Epidemie

China ist seit einiger Zeit von Kurzsichtigkeit in epidemischen Ausmaßen betroffen. Nur einkommensschwächere Provinzen bilden eine Ausnahme. Ein Hinweis auf die wahre Ursache?
Beim Augenarzt

In manchen Teilen der chinesischen Bevölkerung ist Kurzsichtigkeit de facto zum Normalfall geworden: Bis zu 90 Prozent der Menschen leiden dort an der Sehschwäche und benötigen eine Brille. Betroffen sind vor allem Jugendliche und Schulkinder. Doch welche Ursachen hinter dieser Epidemie stecken, ist nach wie vor unbekannt. Gemeinsam mit Wissenschaftlern der Stanford University haben nun chinesische Wissenschaftler eine der bislang umfangreichsten Studien zur Kurzsichtigkeit bei Kindern abgeschlossen.

Von den Ergebnissen berichtet die amerikanische Akademie für Augenheilkunde (American Academy of Ophthalmology) in einer Mitteilung. Die Forscher hatten Heranwachsende aus der ärmeren Provinz Gansu und der reicheren Provinz Shanxi verglichen. Es zeigte sich, dass die Kinder aus der einkommensstarken Region nahezu doppelt so häufig von Sehschwäche betroffen waren wie die der armen Region.

Wer in der Region mit höherem Durchschnittseinkommen lebte, hatte ein um 67 Prozent größeres Risiko, an Kurzsichtigkeit zu erkranken, ergab die Auswertung – selbst wenn die Wissenschaftler andere statistische Risikofaktoren einrechneten. Dazu zählen etwa die Zeit, die ein Mensch mit Lesen verbringt, die Sehstärke der Eltern oder die Zeit, die jemand im Freien verbringt. Folglich muss sich das Einkommen über weniger individuelle Einflüsse auswirken.

Schultafeln schonen das Auge der Schüler

Den Forschern zufolge könnte das zum Beispiel die jeweils übliche Unterrichtsmethode sein. In ärmeren Regionen würden Schulkinder vermehrt mit Tafeln lernen, während in den reicheren Gegenden Bücher verbreitet seien. Tatsächlich ließ sich laut der Studie ein Einfluss des Unterrichtstyps nachweisen: Wandtafeln schienen eine Art "Schutzwirkung" auszuüben, und Kinder, die hauptsächlich mit Tafeln lernten, waren seltener kurzsichtig als ihre Bücher lesenden Altersgenossen.

"Wir sind immer noch auf der Jagd nach einer plausiblen Ursache", erläutert Teamleiter Nathan Congdon von der Universität Sun Yat-sen in Guangzhou. Wenn man herausfinden könne, wie es Kinder einkommensschwacher Provinzen vermeiden, kurzsichtig zu werden, könne man womöglich dieselben Strategien zum Schutz anderer Kinder anwenden.

Diverse Ursachen für die Kurzsichtigkeitsepidemie werden diskutiert. Die Annahme liegt nahe, dass es einen Zusammenhang zum Erlernen der chinesischen Schrift gibt – entweder mittelbar oder unmittelbar. Zum einen nämlich sind Schulkinder gezwungen, über Jahre hinweg ihre Augen extrem anzustrengen. Zum anderen können sie wegen langwieriger Schreibübungen oft das Haus nicht verlassen – frühere Studien haben bereits nahegelegt, dass Sonnenlicht ebenfalls das Auge vor Kurzsichtigkeit schützt.

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