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Künstliche Intelligenz: Computerprogramm liest Gedanken

Ein intelligenter Algorithmus kann aus dem neuronalen Aktivitätsmuster von Probanden ungefähr schließen, was sie auf Videoclips zu sehen bekommen.
Der Sehsinn und das Gehirn sind eng miteinander verbunden.

Bereits lange versuchen Forscher anhand der Aktivität bestimmter Gehirnbereiche eines Menschen zu entschlüsseln, was der Betreffende sieht oder denkt. Fortschritte bei diesem "Gedankenlesen" haben nun Wissenschaftler der Purdue University in Indiana, USA gemacht – mit einer künstlichen Intelligenz (KI), die ausgerechnet nach demselben Prinzip arbeitet wie das menschliche Gehirn. Das neuronale Netzwerk der Wissenschaftler konnte nach einigen Trainingseinheiten aus der Hirnaktivität von videoschauenden Probanden herausfinden, was in den Clips zu sehen war.

Für das Training ihrer KI nutzten die Wissenschaftler 11,5 Stunden funktionelle Magnetresonanztomografie-Daten von je drei weiblichen Probanden, die sich insgesamt fast 1000 Videos angeschaut hatten. Das fMRT kann anhand der Durchblutung feststellen, welche Bereiche des Gehirns besonders aktiv sind. Im vorliegenden Fall wurden die Aktivitätsmuster des visuellen Kortex aufgezeichnet, der für die Verarbeitung optischer Information zuständig ist. In den recht simplen Clips waren beispielsweise Menschen, Tiere oder andere Objekte in Aktion zu sehen – etwa ein fahrendes Auto – oder Naturszenen wie der Mond.

Zunächst übte die KI anhand dieser Daten. Anschließend ließen die Forscher die Probandinnen neue Videos anschauen, während sie mit dem fMRT die Gehirnaktivität aufzeichneten. Zeitgleich ließen sie das Programm die Daten analysieren; es war in der Lage, diese in bestimmte Bildkategorien zu dekodieren. Die Interpretation des Computers reicht allerdings noch längst nicht an das Original heran, wie in diesem kurzen Film zu sehen ist. Dennoch schwärmt ein beteiligter Forscher: "Ich denke, ein einzigartiger Aspekt unserer Arbeit ist, dass wir die Entschlüsselung fast in Echtzeit durchführen. Wir scannen das Gehirn alle zwei Sekunden, und das Modell stellt das visuelle Erlebnis wieder her."

Die Technik erlaubt dem Team herauszufinden, wie bestimmte Hirnareale mit spezifischen visuellen Informationen assoziiert sind. So berichten die Autoren, dass das Gehirn eine Szene mit einem Auto, das sich von einem Haus wegbewegt, in unterschiedliche Informationen zerlegt: Ein bestimmter Bereich repräsentiert das Fahrzeug, ein anderer das Gebäude. Das Computerprogramm konnte so auch mit den Daten einer Teilnehmerin trainiert werden, um anschließend die Gehirnaktivität einer anderen zu entschlüsseln – es funktionierte also personenübergreifend. Neben dieser eher technischen Spielerei glauben die Wissenschaftler, dass die Methode neue Erkenntnisse über die Funktion des menschlichen Gehirns ermögliche.

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