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Und jetzt zum Wetter: Nässe und leuchtende Nachtwolken

Dauerregen, Gewitter und noch mehr Regen. Der Sommer macht erst einmal Pause und dann recht feucht weiter. Doch auch das hat seinen Reiz.

Das Wetter: Klatschnass

Ergiebiger Dauerregen im Westen und Südwesten, Gewitter mit Unwetterpotenzial im Osten und Nordosten. Dazu regional Temperaturen, die eher an den November als an Juli erinnern: Das Wetter über Deutschland präsentiert sich in weiten Teilen des Landes momentan wenig sommerlich. Bis Mittwoch in der Früh fielen etwa im Thüringer Wald und im Allgäu stellenweise mehr als 50 Liter Regen pro Quadratmeter innerhalb nur eines Tages; im Bayerischen Wald erhielt die Station Lindberg-Buchenau sogar mehr als 100 Liter pro Quadratmeter. Das Monatsmittel für Deutschland liegt bei weniger als 80 Litern pro Quadratmeter. Damit fällt diese Woche schon jetzt vielerorts deutlich feuchter aus als der gesamte Juni. Und die Niederschläge setzen sich auch am Donnerstag noch in der Mitte des Landes mit kräftigen Gewittern fort. Erst zum Wochenende soll es überall wieder trockener und vor allem auch wärmer werden. Begünstigt bleibt dabei der Nordosten, wo die Aussichten warm und trocken lauten.

Wetterkarte für den 10. Juli | Ein Tief und eine markante Luftmassengrenze liegen über Mitteleuropa. Ergiebiger Regen ist vielerorts die Folge.

Die Ursache: Ein ortsfestes Tief

Schuld an diesem Herbsteinbruch mitten im Sommer ist Tief "Michaela", das mit seinem Zentrum genau über Deutschland liegt. Es verlagert dieses zuerst nur langsam nach Norden, bevor das Tief zum Wochenende hin Richtung Balkan abzieht. Dabei verläuft eine Luftmassengrenze mitten durch die Republik: Sie trennt feuchtwarme Luft subtropischen Ursprungs im Nordosten und Norden von kühler, aber ebenfalls feuchter Luft im Südwesten und Süden. Wo beide aufeinandertreffen, bilden sich durch die Konvektion heftige Gewitter. Das Ganze ist die Folge einer ungemütlichen großräumigen Wetterlage. Von Südskandinavien bis nach Italien hat sich eine Tiefdruckrinne entwickelt: mehrere Tiefdruckgebiete, die sich miteinander verbinden, wie der Deutsche Wetterdienst schreibt. Darin eingelagert befindet sich die Kaltfront von "Michaela", die erst einmal fest über Deutschland liegt, weil sie nach Osten nicht abwandern kann. Dort herrscht ein starkes Hoch, das die Bewegung von "Michaela" blockiert, und die Tiefdruckrinne mit ihren nassen Begleiterscheinungen kann nicht abrücken: Das Tief regnet sich stundenlang ab.

Die Folgen: Lokales Hochwasser

Man mag es angesichts des Regens kaum glauben, aber die klimatische Wasserbilanz ist in weiten Teilen Deutschlands immer noch negativ: Winter, Frühling und auch der Juni waren viel zu trocken – das können Gewitter und selbst die Dauerregenfälle im Südwesten nicht auf die Schnelle ausgleichen. Immerhin mildern sie dieses Defizit kräftig ab. Lokal kann es jedoch zu einzelnen Hochwassern kommen, wenn Sturzbäche aus Gewittern auf den ausgetrockneten Boden treffen: Das Wasser kann nicht einsickern, sondern fließt oberirdisch ab, überflutet Straßen und füllt direkt Bäche und kleine Flüsse. Trockener Boden kann den Regen nicht sofort aufnehmen, denn das Wasser muss zuerst die Luft aus den Poren verdrängen, was Zeit benötigt. Das Porenvolumen des Bodens verändert sich ebenfalls während einer Dürre, da er quasi "zusammenschrumpft": Es bilden sich auf der einen Seite Risse, auf der anderen Seite schrumpfen die Poren im Rest des Erdkörpers. In diese kleinen Hohlräume muss das Wasser erst einmal eindringen und sie durch Quellen weiten. Das verringert letztlich auch die Anziehungskräfte zwischen Bodenpartikeln und dem Wasser, welches erst ab diesem Zeitpunkt langsam nach unten versickert. Fällt also zu viel Wasser zu schnell auf den Untergrund, kann das Versickern von Natur aus nicht mit dem Nachschub Schritt halten. Aus diesem Grund hoffen Gärtner und Landwirte auf den so genannten Landregen: einen kontinuierlichen, aber nicht zu starken Dauerregen, der langsam in den Boden eindringt.

Leuchtende Nachtwolken | Die hellen Schleier bestehen aus feinsten Eiskristallen, die noch von der hinter dem Horizont befindlichen Sonne angestrahlt werden.

Die Aussichten: Kehren der Sommer und die leuchtenden Nachtwolken zurück?

Eine beständige Hochdruckphase ist nach heutigem Stand der Modelle nicht in Sicht, auch wenn die Zeichen für nächste Woche auf Besserung stehen. Passend zur Siebenschläferregel könnte sich der Wetterablauf der letzten Zeit einfach wiederholen. Eine Tiefdruckrinne zwischen Island, Großbritannien und der Ukraine entwickelt sich zu einem richtigen Tief über den britischen Inseln, während sich zwischen Mittelmeer und Skandinavien hoher Luftdruck einstellt – das Azorenhoch schiebt einen Keil nach Mitteleuropa. Beide zusammen treiben heiße Luft zu uns, bevor das Tief über uns hinweg nach Osten schwenkt und wieder kühleres und feuchteres Wetter bringt. Bis zum 20. Juli deuten die Wettermodelle immer wieder diesen Ablauf an.

Immerhin könnte damit nächste Woche vielleicht auch ein Phänomen zurückkehren, das viele Menschen vor Tief "Michaela" fasziniert hatte: die so genannten leuchtenden Nachtwolken (hier finden Sie eine Auswahl von Leserbildern auf unseren Seiten). Um sie zu sehen, braucht man normalerweise sehr viel Glück. Selbst Forscher wie Matthew DeLand vom Goddard Space Flight Center der NASA, der diese Nachtwolken seit über einem Jahrzehnt erforscht, erblickte sie nur sehr selten in seinem Leben. Denn diese schimmernden Gebilde entstehen in der Erdatmosphäre in Höhen von über 80 Kilometern – weit jenseits der normalen Wolken, die sich in der Troposphäre bis maximal 13 Kilometer oberhalb der Erdoberfläche bilden.

Fallen dort oben in der Mesosphäre die Temperaturen auf weniger als minus 130 Grad Celsius, gefriert der in geringen Mengen vorhandene Wasserdampf zu eisigen Wolken. Wegen ihrer extremen Höhe können deren Eiskristalle selbst dann noch das Licht der Sonne reflektieren, wenn diese lange schon hinter dem Horizont verschwunden ist und der Himmel sich verdunkelt. In Mitteleuropa treten sie zumeist im Juni und Juli auf, und der glückliche Beobachter kann sie sehen, wenn er in der Dämmerung nach Norden schaut. Nach den Beobachtungen von DeLand scheint die Wahrscheinlichkeit von Sichtungen allerdings zu steigen – dank der schwachen Sonnenaktivität und der Erderwärmung. Satellitendaten zeigen, dass die Nachtwolken öfter leuchten, wenn unser Zentralgestirn wie zurzeit relativ ruhig ist. Und sie scheinen heller und häufiger auf, wenn der Wasserdampfgehalt in der Mesosphäre steigt: Es bilden sich mehr und größere Eispartikel, die das Licht widerspiegeln können.

Wichtige Treibhausgase leisten dazu ihren Beitrag: Kohlendioxid sorgt in der Mesosphäre dafür, dass mehr Wärme ins All abgestrahlt wird, was die Schicht abkühlt. Methan hingegen zerfällt unter dem Einfluss der UV-Strahlung, wobei durch Reaktion mit Sauerstoff unter anderem Wasser entsteht – das letztlich bei ausreichender Kälte wieder zu den leuchtenden Kristallen gefriert.

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