Direkt zum Inhalt

Evolution: Der Erdbeerkrake mit zwei unterschiedlichen Augen

Dieser Tintenfisch hat ein normales Auge - und ein riesiges. Die seltsame Asymmetrie erweist sich nun als Anpassung an zweierlei Arten von Licht in der Tiefe.
Ein Krake mit verschieden großen Augen lebt tief im Meer.

Ein Auge für Licht, ein Auge für Schatten: So kann man die bizarre evolutionäre Anpassung des Kraken Histioteuthis heteropsis beschreiben. Das rötlich gefleckte Tier hat zwei sehr unterschiedliche Augen – ein normales und ein stark vergrößertes mit gelblicher Farbe. Eine Arbeitsgruppe um Kate N. Thomas von der Duke University in Durham hat nun anhand von Filmaufnahmen der Tiere den Grund dafür entschlüsselt: Demnach späht das große Auge nach Fressfeinden, die sich gegen das diffuse Restlicht abzeichnen. Das kleinere Auge dagegen hält nach dem Leuchten potenzieller Beute Ausschau.

Histioteuthis heteropsis

Der Tintenfisch lebt im Mesopelagial etwa zwischen 300 und 600 Meter Tiefe, wohin nur noch extrem geringes Restlicht fällt. Dort ist es bereits so finster, dass Biolumineszenz – also selbst erzeugtes Leuchten – für die meisten Lebewesen die bedeutendste Lichtquelle ist. Aber auch der schwache Schimmer der Oberfläche ist noch hilfreich, denn Raubfische heben sich als Schatten gegen den geringfügig helleren Hintergrund ab. Dafür ist das deutlich vergrößerte gelbe Auge zuständig, das beim schwimmenden Kraken nach oben weist. Durch seine Größe fängt es mehr Restlicht ein, während Sehschärfe bei so schwacher Beleuchtung weniger wichtig ist.

Das restliche Sonnenlicht ist in dieser Tiefe fast einfarbig blau mit einer Wellenlänge von etwa 480 Nanometern, so dass die gelbe Augenfarbe nach Ansicht der Arbeitsgruppe als Filter wirkt. Es blockt alle anderen Lichtfarben aus und hilft so womöglich auch gegen einen Tarnmechanismus, vermutet die Arbeitsgruppe um Thomas. Einige Tiere erzeugen an ihrem Bauch ein schwaches Leuchten, das sie mit dem Licht von oben verschwimmen lässt – doch die Farbe ist etwas anders als die des Sonnenlichts. Das kleinere Auge dagegen sucht nach leuchtenden Meerestieren, die als Beute dienen können – ihr Licht hebt sich vom dunklen Hintergrund klar ab, so dass Empfindlichkeit hier kein Problem ist. Dagegen ist hohe Sehschärfe entscheidend, um die Beute sicher zu lokalisieren. Deswegen ist dieses Auge gegenüber anderen Kraken sogar etwas verkleinert.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.