Direkt zum Inhalt

News: Der Fluch der Ecstasy-Tabletten

Auf der großen "In-Welle" exzessiver Esctasy-Parties zu schweben, kann noch lange Zeit später schwere Folgen für das Gehirn haben. Die Einnahme der Droge bewirkt zwar im Augenblick eine massenhafte Freisetzung von Serotonin im Gehirn, verursacht jedoch langfristig einen deutlichen Mangel dieses wichtigen Neurotransmitters. Sein Fehlen wirkt sich negativ auf die Funktion des Gedächtnisses aus - auch noch lange nach der letzten Einnahme von Ecstasy.
Ecstasy ist zur Zeit die "Mode-Droge" schlechthin. Schon eine kleine Dosis führt zu einem als angenehm empfundenen, euphorischen Gemütszustand. Diese Wirkung ist allerdings vergänglich – denn schon nach kurzer Zeit fallen die Ecstasy-Konsumenten aus ihren Hochgefühlen zurück auf den Boden ihrer tatsächlichen Realität.

Doch der Sturz der Gefühle muss nicht nur mit barer Münze bezahlt werden, sondern geht auch auf Kosten des Gehirns, wie der Neurologe Stephen Kish vom Centre for Addiction and Menthal Health in Toronto kürzlich herausfand (Neurology vom 25. Juli 2000). Der Forscher verglich das Gehirn eines 26-jährigen Mannes, der an einer Überdosis des Rauschmittels gestorben war, mit elf weiteren Personen, die keine Drogen eingenommen hatten. Kish beobachtete, dass im Gehirn des Ecstasy-Toten der Gehalt des Neurotransmitters Serotonin und einer mit diesem assoziierten Substanz um 50 bis 80 Prozent geringer war als bei den Vergleichspersonen. Vor allem im Bereich des Striatums, das für die Koordination von Bewegungen zuständig ist, konnte er nur noch wenig Serotonin nachweisen. Nach Ansicht der Forscher zeigt dies, dass die Droge anscheinend irreversible Gehirnschäden verursachen kann. Kish weist aber auch darauf hin, dass sie nur ein Gehirn untersucht habe, und darum weitere Studien nötig sind, um das Ergebnis abzusichern.

Der Neurologe sieht einen möglichen Zusammenhang zwischen dem gesteigerten Bewusstsein für Gefühle und Vertrautheit sowie Selbstvertrauen, von denen Ecstasy-Konsumenten berichten, und dem Gehalt an Serotonin. Denn wie der Forscher berichtet, löst die Droge – bekannt unter der chemischen Bezeichnung 3-4 Methylendioxymethamphetamin, eine dem Mescalin und Metamphetamin verwandte Substanz – in den Nervenzellen zunächst eine flutartige Freisetzung des Neurotransmitters aus. Die anschließende Phase mit geringem Serotonin-Pegel könnte dann die Depressionen erklären, unter denen die Konsumenten leiden, wenn ihr Rausch verfliegt. Auch in anderen Studien wiesen Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen Ecstasy und Serotonin nach. So verglichen George Ricaurte und seine Frau Una D. McCan von der Hopkins Medical Institution und ihre Mitarbeiter Bilder eines Positronen-Emissions-Tomographen von 14 Ecstasy-Nutzern und 15 Kontrollpersonen. Sie entdeckten dabei, dass die Drogenkonsumenten sehr viel weniger Serotonintransporter – Stellen auf den Nervenzellen, die den Neurotransmitter wieder reabsorbieren – hatten, als die Probanden, die keine Rauschmittel zu sich genommen hatten. An Gehirnen von Pavianen, denen Ecstasy verabreicht wurde, fanden die Wissenschaftler ebenfalls einen Verlust von Serotonin-Neuronen. Um zu untersuchen, ob sich die beobachteten neuronalen Schädigungen auf die Funktion des Gehirnes auswirken, führten die Forscher Gedächtnis-Tests an 24 Ecstasy-Konsumenten und einer gleichen Anzahl von Personen durch, die bisher keine Drogen zu sich nahmen. Das Ergebnis zeigte, dass die Rauschmittelsüchtigen deutlich mehr Schwierigkeiten hatten, sich zu erinnern, was sie während der Tests gesehen oder gehört hatten – auch wenn die letzte Einnahme von Ecstasy bereits einige Zeit zurück lag. "Unsere Untersuchung belegt, dass die durch Excstasy ausgelöste Beeinträchtigung des Gedächtnisses sich auf mindestens zwei Wochen nach dem letzten Drogengebrauch ausdehnt", meint Karen Bolla von der Hopkins Medical Institution. Das Experiment zeigte außerdem, dass die eingeschränkte Gedächtnisfunktion nicht auf die Absetzung der Droge zurückzuführen und stark von der Dosis abhängig war.

Die Neurologen sind sich zwar darüber einig, dass weitere Untersuchungen nötig sind, um herauszufinden, welche Schäden Ecstasy im Gehirn anrichtet, doch besitzen sie jetzt bereits eine klare Vorstellung davon, wie diese aussehen werden. "Die Botschaft dieser Studien ist, dass Ecstasy das Gehirn verändert, und es so scheint, als ob diese Änderungen funktionelle Konsequenzen haben," meint Joseph Frascella vom National Institute on Drug Abuse.

Siehe auch

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.