Infrarotastronomie: Der Nordamerikanebel im Blick von Spitzer
Einer der bekanntesten Emissionsnebel am nördlichen Sternenhimmel ist der Nordamerikanebel oder NGC 7000 im Sternbild Schwan. Er erhielt seinen Namen, weil seine Umrisse dem irdischen Kontinent ähneln. Tatsächlich ist NGC 7000 im sichtbaren Licht eine rund 56 Lichtjahre lange und 46 Lichtjahre breite Gaswolke aus ionisiertem Wasserstoff, die intensiv in der tiefroten Farbe des H-alpha-Lichts leuchtet. Der Nordamerikanebel ist rund 1800 Lichtjahre von uns entfernt und ein beliebtes Beobachtungsobjekt für Amateurastronomen.
Mit dem Weltraumteleskop Spitzer lichtete ein Forscherteam um Louisa Rebull am California Institute of Technology NGC 7000 in vier verschiedenen infraroten Wellenlängen ab, um das Innenleben des Nordamerikanebels zu erforschen. Schon auf den ersten Blick zeigt sich, dass die im sichtbaren Licht so markante Gestalt im Infraroten kaum zu erkennen ist. NGC 7000 ist nämlich nur ein Teil einer sehr viel größeren Ansammlung aus Gas und Staub. Zudem konnten die Forscher im Infraroten in dichte Staubwolken hineinsehen, die im sichtbaren Licht jegliche Einblicke verwehren.
Insgesamt machten die Forscher 2000 bislang unbekannte junge Sterne in NGC 7000 aus, die sich in unterschiedlichen Phasen ihrer Entstehung befinden. Bislang waren nur etwa 200 junge Sterne in dieser Region bekannt. Viele dieser Protosonnen sind noch von dicken Scheiben aus Gas und Staub umgeben, in denen sich zur Zeit neue Planeten bilden können. Wenn dann der Stern wenige Millionen Jahre nach seiner Zusammenballung die volle Leuchtkraft erreicht, bläst er mit starken Sternwinden die übrig gebliebenen Mengen an Gas und Staub aus dem System heraus, nur eventuelle Planeten bleiben zurück. Manche der jungen Sterne zeigen zudem zwei gerichtete Ströme aus heißen Gasen, die so genannten Jets, die sich über mehrere Lichtjahre erstrecken können.
Dass der Nordamerikanebel im sichtbaren Licht so auffällig leuchtet, verdankt er den jungen, massereichen Sternen. Sie leuchten so intensiv im energiereichen ultravioletten Licht, dass sie den Wasserstoff des Nebels teilweise ionisieren und zum Aussenden sichtbaren Lichts – der H-alpha-Strahlung – anregen. Jedoch ist diesen massereichen Sternen nur eine kurze Existenz beschieden, bis sie sich zu Roten Riesen aufblähen und schließlich in mächtigen Supernova-Explosionen vergehen.
Derzeit ist noch nicht klar, welche Sterne im Nordamerikanebel die Kraftwerke für sein H-alpha-Licht sind. Die Astronomen vermuten, dass sich die für die Anregung verantwortlichen Sterne im "Golf von Mexiko" hinter dichten Ansammlungen von Gas und Staub verbergen. Im Bereich der infraroten Wellenlänge von 24 Mikrometern, die besonders die Strahlung von warmen Staub wiederspiegelt, zeigt sich, dass der Nebel aus dieser Region intensiv beleuchtet wird. Dabei wird die Strahlung am Staub reflektiert, ähnlich wie das Sonnenlicht hinter einer Regenwolke hervorlugt.
Das Bild ist ein Falschfarben-Komposit aus vier unterschiedlichen infraroten Wellenlängen. Blau repräsentiert Licht bei Wellenlängen von 3,6 und 4,5 Mikrometern, Grün 8 Mikrometer und Rot 24 Mikrometer. Die Aufnahmen entstanden, als Spitzer noch über genügend Kühlmittel für den Betrieb aller Infrarotkanäle verfügte. Mit dessen Erschöpfung arbeitet Spitzer jetzt nur noch bei den kurzen Wellenlängen von 3,6 und 4,5 Mikrometern.
Tilmann Althaus
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