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Beobachtungstipp: Der Venustransit, das Ereignis des Jahres

Am 6. Juni lohnt es sich, früh aufzustehen: Nur bis 6:55 Uhr MESZ steht unser Schwesterplanet als tiefschwarze Scheibe vor der gleißendhellen Sonne. Nutzen Sie diese rare Gelegenheit, einen Venustransit zu beobachten, denn das nächste Ereignis findet erst wieder im Jahr 2117 statt!
Lomonossow-Effekt

Für die Beobachtung des Venustransits sollten Sie sich einen Ort mit guter Horizontsicht Richtung Ostnordost suchen. Schon mit einer einfachen Sonnensichtbrille und einem ansonsten bloßen Auge können Sie dann gleich nach Sonnenaufgang die Venus als sattschwarzen Punkt vor der Sonnenscheibe sichten.

Projektion des Sonnenbilds | Die sicherste Methode der Sonnenbeobachtung: Projektion des Sonnenbilds mit einem Teleskop auf einen weißen Schirm

Einfach und sicher ist die Okularprojektion des teleskopischen Sonnenbilds auf einen seitlich gegen Streulicht abgeschirmten weißen Karton. So können Sie die Wanderung der pechschwarzen Venusscheibe sehr genau verfolgen. Diese erscheint erheblich größer, als man es glauben würde: rund ein Dreißigstel der scheinbaren Sonnenscheibe, etwa eine Bogenminute. Dies liegt daran, dass unser Schwesterplanet während dieses Ereignisses uns viel näher steht als zu den Zeiten, in denen er uns als Morgen- oder Abendstern erscheint.

Mit Hilfe von Millimeterpapier und einem vorgezeichneten Sonnenrand, auf dem das projizierte Sonnenbild nachgeführt wird, können Sie das Fortschreiten der Venus durch Marken in festen Zeit­intervallen genau festhalten. Zeichnen Sie auch gleich die Sonnenflecken mit. Eine parallaktische Montierung erleichtert dabei nicht nur die Nachführung, sondern sie verhindert auch die sonst auftretende Drehung des Sonnenbilds auf dem Projektionsschirm. Wer einen Objektivfilter und eine digitale Spiegelreflexkamera (DSLR) besitzt, der darf sich auch an einer Zeitreihe von Fotos der Sonne versuchen.

Sonnenaufgang am 6. Juni 2012

Leider werden wir im deutschsprachigen Raum nur Zeuge der letzten beiden Stunden des über sechs Stunden dauernden Transits, denn das Ereignis endet schon um 6:55 Uhr MESZ, das ist von Deutschland aus gesehen der vierte Kontakt. Bereits um 6:37 Uhr MESZ berührt der äußere Venusrand den Sonnenrand, der dritte Kontakt. Jedoch ist die Luft in Horizontnähe immer besonders unruhig, die Bildschärfe dürfte sich aber bis zum Austritt noch deutlich bessern. Weiter nördlich und östlich positionierte Beobachter haben dabei, wie zum Beispiel in Berlin oder Wien, den Vorteil eines früheren Sonnenaufgangs und somit des höheren Sonnenstands (siehe beigestellte Tabelle).

Besonders spannend: der Austritt

Das Phänomen des "Schwarzen Tropfens" | Um den Zeitpunkt des 2. und 3. Kontakts scheint sich eine dunkle Brücke zwischen der schwarzen Venusscheibe und dem inneren Sonnenrand auszubilden. Dieser "Schwarze Tropfen" erschwert die Bestimmung der genauen Kontaktzeit. Verursacht wird der Effekt durch Beugung im Teleskop und durch die stark abfallende Helligkeit der Sonne an ihrem Rand.
Von ganz besonderem Interesse sind nun gerade die letzten Minuten des Ereignisses, ab etwa 6:35 Uhr MESZ: Zunächst ist das Tropfenphänomen Ihrer Beachtung wert: Kurz vor dem Austritt scheint sich zwischen der Venusscheibe und dem Sonnenrand eine dunkle Brücke zu bilden, so dass der Umriss der Venus einem Tropfen ähnelt. Dies hängt von der optischen Qualität Ihres Teleskops und der Luftunruhe in Horizontnähe ab. Hierbei spielt die Randverdunklung der Sonne und der durch die Luftunruhe verbreiterte Rand der dunklen Venusscheibe eine Rolle. Im Teleskop können die beiden Ränder dann wegen des geringen Kontrast­unterschieds miteinander verschmelzen.

Lomonossow-Effekt | Kurz nach dem dritten Kontakt war am 8. Juni 2004 eine zarte Lichtbrücke zu erahnen – ein direkter Nachweis der Venusatmosphäre!
Von diesem Phänomen noch nichts ahnend, hatte der britische Astronom Edmond Halley 1716 eine detaillierte Anleitung veröffentlicht, wie sich mittels genauer Beob­achtungen von verschiedenen Orten der Erde die Astronomische Einheit, der Maßstab unseres Sonnensystems, berechnen ließe. Gerade von den Durchgängen der nahen Venus mit ihrer großen Parallaxe versprach Halley sich eine besonders hohe Messgenauigkeit, denn die Zeitunterschiede betragen weltweit mehrere Minuten, aber diese Rechnung hatte er ohne die Tücken des Tropfenphänomens gemacht.

Wenn die dunkle Venusscheibe allmählich die Sonne verlässt, zeigt sich an ihrem Rand, der bereits über die Sonne hinausragt, ein feiner Lichtsaum. Es ist das in der Venusatmosphäre gebrochene Sonnenlicht, ein direkter Beleg für das Vorhandensein einer dichten Atmosphäre um unseren Nachbarplaneten. Dieser Effekt ist nach dem russischen Naturforscher Michail Wassiljewitsch Lomonossow (1711 – 1765) benannt, der ihn erstmals beim Venustransit im Jahr 1761 beobachtete.

So beobachten Sie die Sonne richtig!

Um den Venustransit sicher beobachten zu können, müssen Sie alle Vorsichtsmaßnahmen beachten, die für die Sonnenbeobachtung notwendig sind, denn ungefiltertes Sonnenlicht kann ihre Augen irreparabel schädigen. Ich möchte Ihnen daher zwei sichere Beobachtungsmethoden empfehlen: einen guten Objektivfilter oder die Projektion des teleskopischen Sonnenbilds auf einen weißen Karton.

Sehr gefährlich ist dagegen die Verwendung eines Okularfilters aus Schwarzglas, er kann im heißen Sonnenfokus schnell platzen! Sie sollten keine Experimente mit von Ruß geschwärztem Glas, schwarzem Diafilm oder Schweißerbrillen machen, weil diese das unsichtbare, aber dennoch gefährliche infrarote Licht durchlassen können.

Bei der Okularprojektion verwenden Sie möglichst ein Okular mit langer Brennweite, dessen Feldblende deutlich größer als das fokale Sonnenbild ist. Dieses sollte dann auch immer im Bildfeld gehalten werden, damit eine Überhitzung und Beschädigung des Okulars durch seitlich auffallendes, gebündeltes Sonnenlicht vermieden wird. Das Okular sollte zudem keine leicht schmelzenden Plastikteile enthalten, auch viele Linsenverkittungen sind nicht hitzeresistent. Die gewünschte Projektionsgröße wird einfach durch den Schirmabstand eingestellt. Allerdings sollten Sie aufpassen und verhindern, dass allzu neugierige und unbedarfte Mitbeobachter (Kinder!) vielleicht versuchen, direkt in das Projektionsokular zu blicken!

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