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Und jetzt zum Wetter: Der Winter ist beendet

Der Deutsche Wetterdienst beendet offiziell den Winter - der diese Saison eigentlich gar nicht stattgefunden hat. Woran liegt das?
Krokusse blühen im Sonnenschein

Das Wetter

Die Frühlingsblumen spitzen bereits fast überall in Deutschland aus dem Boden, Schneeglöckchen, Krokusse oder gar Narzissen blühen schon hier und da, wo letztes Jahr noch strenger Frost und Schnee herrschten. Vom Weiß bedeckt sind nur die höchsten Gipfel der Mittelgebirge und die deutschen Alpen, im restlichen Land herrschen Grün- und Brauntöne vor – wie schon die meiste Zeit seit dem 1. Dezember, dem Beginn des meteorologischen Winters. Schnee gab es bislang nur an einem Dutzend Tagen, Frost an 35 – jeweils deutlich weniger als im Vorjahr. Nur im Nordosten der Republik gab der Winter ein kurzes Intermezzo, der Südwesten geht dagegen vom Herbst praktisch nahtlos in den Frühling über.

Die Saison 2013/2014 in Deutschland wird als eine der wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen in die Annalen eingehen: Mitte Februar lagen die durchschnittlichen Temperaturen bei 2,6 Grad Celsius; der langjährige Mittelwert beträgt zu diesem Zeitpunkt normalerweise nur 0,2 Grad Celsius. Das reicht zwar nicht, um in die Top Drei der wärmsten Winter seit 1881 vorzustoßen, ein Platz unter den ersten Zehn erreicht der ausgefallene Winter aber auf alle Fälle, so der Deutsche Wetterdienst. Und da sich bis Ende Februar nichts mehr an der Wetterkonstellation ändern wird, erklärt die Behörde den aktuellen Winter auch schon für beendet (kalendarisch ist es am 21. März soweit).

Der Winter ist beendet | Vielerorts blühen bereits die Krokusse, und die Osterglocken stehen in den Startlöchern. Denn der Winter fiel deutlich zu mild aus, und nichts deutet auf eine Trendumkehr hin. Die Natur reagiert darauf entsprechend.

Die Ursache

Seit Monaten dominiert ein eingefahrenes Zirkulationsmuster unser Wetter: Vor der nordamerikanischen Ostküste strömt beständig arktische Kaltluft nach Süden, wo sie auf mildere Luftmassen aus den Subtropen stößt. Vor Neufundland verwirbeln sie sich und machen sich als markante Tiefdruckgebiete auf den Weg nach Westen Richtung Europa. Angetrieben wird dieser Motor von einem über dem Atlantik ebenfalls seit Monaten besonders starken Jetstream. Dieses auch Strahlstrom genannte Höhenwindband entsteht durch die Temperaturgegensätze zwischen Nord und Süd, zu deren Ausgleich sich Luftpakete von der Arktis Richtung Subtropen und umgekehrt aufmachen. Diesen Winter fallen die Unterschiede regional besonders groß aus, weshalb der Jetstream auch intensiv weht.

Einen der Gründe, warum sich der Jetstream diesen Winter verstärkt hat, vermuten die Meteorologen im westlichen Pazifik und im Bereich der indonesischen Inseln. Dort hat sich das Meer außergewöhnlich stark erwärmt, was dem Archipel einerseits intensive Regenfälle beschert. Andererseits bringt das aufgeheizte Wasser die Luftbewegungen über dem Ozean durcheinander, was sich bis in höhere Breiten fortpflanzt und letztlich auch den Strahlstrom beeinflusst. Er buchtet stärker aus, weshalb beispielsweise entlang der nordamerikanischen Westküste warme Luft bis nach Alaska vordringt, während über dem Kontinent immer wieder arktische Kaltluftausbrüche vorkommen. Diese "Polarpeitschen" kurbeln schließlich wieder die Zyklogenese bei Neufundland an, womit sich der Kreis schließt.

Im Gefolge des starken Jetstreams reisen die dort gebildeten Tiefs dann schnell über den Atlantik und bescheren Europa Schmuddelwetter. Und da die vorherrschenden Winde zumeist aus Westen vom relativ warmen Atlantik wehen, bleiben die Temperaturen hierzulande eben meist im Plusbereich. Viele Tiefdruckgebiete zogen zudem Richtung Skandinavien weiter und sorgten dafür, dass sich dort kein Hoch mit kalter Luft aufbauen konnte. Im letzten Winter dehnte sich diese Kaltluftblase häufiger nach Mitteleuropa aus, dieses Jahr fiel sie praktisch aus.

Die Folgen

Orkan auf Orkan prallte in den letzten Monaten auf die britischen Inseln, wo der Winter bislang deutlich zu nass ausfiel und viele Flüsse Hochwasser führen. Meist abgeschwächt erreichten uns diese Zyklone etwas später, weshalb auch hierzulande manche Tage recht stürmisch ausfielen. Meist lag Mitteleuropa allerdings im Kontaktbereich zwischen einem Hoch über Osteuropa und den Tiefs weiter westlich. Dadurch gerieten wir immer wieder in eine südwestliche Strömung, die milde Luft heranführte, während die Stürme gleichzeitig nach Norden Richtung Skandinavien oder Süden ins Mittelmeer abgelenkt wurden. Daher streiften uns sehr oft nur die Ausläufer der Tiefs, weshalb das Wetter relativ ruhig war und sich der Regen verglichen mit anderen Regionen Westeuropas zurückhielt.

In welcher Gunstlage Deutschland sich bislang befand, zeigt daher ein Blick in andere Regionen wie Spanien, Österreich oder Slowenien. Denn viele der atlantischen Tiefs schlugen auch eine südlichere Bahn ein und bescherten den Pyrenäen oder der Alpensüdseite ergiebige Schneefälle oder Eisregen, der in Slowenien die Infrastruktur schwer getroffen hat hat. Begleitet wurden die starken Stürme von heftiger Brandung, schließlich konnte der Wind auf seinem Weg über den Atlantik das Wasser lange vor sich hertreiben: Seit Monaten prallen teils haushohe Wellen an die Küsten Portugals, Spaniens oder Frankreichs und richten verheerende Schäden im Uferbereich an.

Die Aussichten

Nichts deutet daraufhin, dass sich das eingefahrene Wettermuster in den nächsten Tagen entscheidend ändert. Bis in den März hinein bleibt Mittel- und Westeuropa auf alle Fälle im Einflussbereich westlicher Windströmungen und damit milder Luftmassen. Auch die letzte Hoffnung von Winterfreunden zerplatzte wohl in den letzten Tagen: eine starke plötzliche Stratosphärenerwärmung. Dabei heizt sich die Stratosphäre über dem Nordpol in kurzer Zeit sehr stark auf, wobei die Temperaturen teilweise um bis zu 50 Grad Celsius steigen, so dass sie höher als in südlichen Breiten sind. Dadurch kehren sich in der Höhe die West- in Ostwinde um: Der Polarwirbel bricht zusammen, und kalte Luftmassen aus Sibirien können leichter nach Mitteleuropa vordringen. Doch die prognostizierte starke Erwärmung fällt wohl schwächer aus, der Polarwirbel stottert nur ein wenig und die Orkanküche brodelt unbeeindruckt vor Neufundland weiter. Natürlich können sich in den nächsten Wochen noch ein paar Schneeflocken bis ins Flachland verirren, doch Winterfreunde können diese Saison wohl abhaken.

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