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Plattentektonik: Die Erde war lange Zeit ohne Gebirge

Chemische Signale in uralten Gesteinen deuten darauf hin, dass die Erde über ein Viertel ihrer Existenz hinweg völlig anders war als heute. Und zwar flacher.
Flaches Lavafeld erstreckt sich zum Horizont, dahinter Meer und dunstiger Himmel

Analysen uralter Gesteine deuten darauf hin, dass die Erde lange Zeit deutlich flacher war als heute – in den ersten anderthalb Milliarden Jahren dürfte unser Planet keine Gebirgsketten gehabt haben. Wie Jonathan O'Neil von der University of Ottawa und Richard W. Carlson von der Carnegie Institution for Science in Washington berichten, überlebten Teile der allerersten Erdkruste mindestens eine Milliarde Jahre, bevor sie in den Erdmantel hinabgezogen und aufgeschmolzen wurden. Ohne diesen Vorgang aber können sich Gebirge nach heutigem Muster nicht bilden.

Das schließen die beiden Forscher aus Analysen von etwa 2,7 Milliarden Jahre alten Gesteinen aus Kanada, knapp nördlich der Großen Seen. Anhand der Isotope der Elemente Samarium und Neodym kommen sie zu dem Schluss, dass diese granitähnlichen Gesteine aus jener Kruste entstanden, die sich in den ersten knapp 300 Millionen Jahren auf der frühen Erde gebildet hatte. Die enorme Lücke zwischen der Entstehung dieses Materials und seiner Umarbeitung zeigt, dass die Erde im ersten Viertel ihrer Existenz weit weniger dynamisch war als heute.

Ohne Platten keine Gebirgsketten

Die moderne Erdkruste besteht aus etwa sieben großen und mehreren kleinen Erdplatten, die sich gegeneinanderbewegen. Insbesondere wird die Ozeanische Kruste aus Basalt immer wieder neu gebildet und zerstört – diesen nur von der Erde bekannten Mechanismus nennt man Plattentektonik. Ohne die Plattentektonik wäre die Erde vermutlich weniger lebensfreundlich: Sie hält den Vulkanismus in Gang, reichert die Atmosphäre mit Kohlendioxid an und sorgt außerdem dafür, dass basaltische Kruste heute nicht älter als etwa 200 Millionen Jahre wird.

So lange dauert es nämlich auf unserem beweglichen Planeten maximal, bis dieses schwere Gestein unter einen Kontinent abtaucht, aufschmilzt und zu granitähnlichen Gesteinen wird, wie jenes, das O'Neil und Carlson untersuchten. Bei diesem als Subduktion bezeichneten Vorgang türmen sich große Gebirgsketten auf, zum Beispiel die Anden oder die Rocky Mountains. Auch Gebirge aus Zusammenstößen zwischen Kontinenten gibt es nicht ohne die Plattentektonik und damit die Vernichtung basaltischer Kruste.

Die Ergebnisse der beiden Forscher stützen ältere Befunde über den Zustand der frühen Erde: eine weitgehend unbewegliche Kruste ohne die heute so markanten Gebirgsketten. Rätselhaft ist bislang, wieso das nicht so blieb. War es ein Asteroid? War es die Hitze aus dem Erdkern? Wie aber die Erde vor der Plattentektonik aussah, zeigt uns möglicherweise der Mars. Vulkanische Hotspots wird es auch damals gegeben haben. Ohne sich bewegende Erdplatten entstanden keine Vulkanketten wie die Seamounts und die Inseln von Hawaii – sondern möglicherweise gigantische Kegel wie der Olympus Mons, der größte Vulkan des Sonnensystems.

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