Direkt zum Inhalt

Asteroidenforschung: Die ersten scharfen Bilder von Vesta

Porträt von Vesta
Porträt von Vesta | Aus einer Entfernung von 15 000 Kilometer nahm die US-Raumsonde Dawn diese Ansicht der Südhalbkugel des Asteroiden Vesta auf. Das Bild erreicht eine Auflösung von 1,4 Kilometern pro Bildpunkt. Sehr deutlich tritt der mächtige Zentralberg des riesigen Einschlagkraters am Südpol des Asteroiden in der Bildmitte hervor.
Zwei Tage nach dem Eintritt der Raumsonde Dawn in eine Umlaufbahn um den Asteroiden Vesta am 16. Juli 2011 gegen 7 Uhr MESZ veröffentlichte die US-Raumfahrtbehörde NASA zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und dem Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) die ersten detaillierten Bilder des Himmelskörpers, die aus einem Abstand von rund 15 000 Kilometern entstanden.

Das obere hier beigestellte Bild erreicht eine Auflösung von 1,4 Kilometern pro Bildpunkt und blickt fast senkrecht auf den Südpol des 530 Kilometer großen Asteroiden. Dominiert wird diese Hemisphäre vom mächtigen Zentralberg eines exakt auf den Südpol zentrierten Einschlagkraters von 430 bis 460 Kilometer Durchmesser. Er erreicht mehr als 80 Prozent des Gesamtdurchmessers von Vesta. Wäre der einschlagende Körper nur ein wenig massereicher oder schneller gewesen, so hätte sein Aufprall wohl Vesta vollständig zertrümmert.

3-D-Bild von Vesta | Betrachten Sie diese Aufnahme von Vesta mit einer Rot-Grün- oder einer Rot-Blau-Brille, so erkennen Sie die dreidimensionale Gestalt des Himmelskörpers. Sehr schön zeigt sich der Zentralberg des riesigen Einschlagkraters auf Vesta rechts unterhalb der Bildmitte. Hier befindet sich auch der Südpol des Asteroiden.
Die Kraterränder treten noch nicht so deutlich hervor, hier müssen wir noch auf die dreidimensionalen Ansichten warten, die vom DLR-Institut für Planetenforschung in Berlin-Adlershof in Kooperation mit der NASA aus den Bildern berechnet werden. Die Auflösung der aktuellen Bilder von Dawn reicht noch nicht für präzise Geländemodelle aus, wie Ralf Jaumann, der Leiter der Bildauswertung am Institut für Planetenforschung mitteilte.

Reprojiziertes Bild von Vesta | Diese Ansicht von Vesta wurde von den Bildverarbeitern des DLR-Instituts für Planetenforschung in Berlin-Adlershof im Computer verarbeitet und reprojiziert, um Strukturen an der Oberfläche hervorzuheben.
Auf den Bildern von Dawn lassen sich auch zahlreiche kleinere Einschlagkrater erkennen, die vom einfachen schüsselförmigen Typ sind. Es sind Sprengkrater, die beim Aufprall und der Explosion kleinerer Asteroiden entstehen. Da Vesta wegen ihrer geringen Masse keinerlei Atmosphäre halten kann, erreichen auch die kleinsten Asteroiden ihre Oberfläche völlig ungebremst mit Geschwindigkeiten von mehreren Kilometern pro Sekunde. Ihre enorme Bewegungsenergie wird beim Aufprall schlagartig in Wärme umgewandelt, so dass sie beim Aufprall explodieren.

Vesta im Vergleich zu anderen Asteroiden | In dieser Zusammenstellung sind alle bisher von Raumsonden aus der Nähe erkundeten Asteroiden im richtigen Größenmaßstab zueinander abgebildet. Bis zur Ankunft der US-Raumsonde Dawn beim 530 Kilometer großen Asteroiden Vesta war (21) Lutetia mit einer Länge von 130 Kilometern der größte im Detail bekannte Kleinplanet. Er wurde von der europäischen Kometensonde Rosetta am 10. Juli 2010 im Vorbeiflug abgelichtet. Der kleinste Asteroid auf dieser Fotomontage ist der hier kaum sichtbare (25143) Itokawa, dessen größte Ausdehnung 535 Meter beträgt.
Vesta gehört zu den relativ seltenen differenzierten Asteroiden, das heißt, ihr Inneres gliedert sich in eine dünne basaltische Kruste, einen Mantel aus Silikatgesteinen und einen metallischen Kern. Kurz nach der Entstehung von Vesta im solaren Urnebel vor 4,56 Milliarden Jahren sorgten kurzlebige radioaktive Elemente im Gesteinsmaterial von Vesta dafür, dass der nur 530 Kilometer große Himmelskörper wie ein großer terrestrischer Planet wohl weitgehend aufschmolz. Dabei sanken die schwersten Bestandteile wie metallisches Eisen und Nickel ins Zentrum ab und bildeten dort einen Metallkern. Die zurückbleibenden silikatischen Minerale formten darüber einen mächtigen Gesteinsmantel. In diesem Mantel entstanden dann dünnflüssige Schmelzen, die als Basaltlava auf die Oberfläche von Vesta flossen und eine Kruste bildeten.

Dass wir so relativ gut über die Gesteine von Vesta Bescheid wissen, verdanken wir erdgebundenen spektroskopischen Untersuchungen des Asteroiden und dem riesigen Einschlagkrater an seinem Südpol. Durch den Einschlag vor mehr als vier Milliarden Jahren wurden große Mengen an Trümmern aus Vesta herausgesprengt, die das schwache Schwerefeld des Himmelskörpers verließen und eigene Umlaufbahnen um die Sonne einschlugen. Sie bilden heute die Asteroidenfamilie der Vestoiden und gleichen spektroskopisch dem Mutterkörper. Durch weitere kleinere Kollisionen im Asteroidengürtel geraten Splitter von ihnen schließlich auch zur Erde und fallen dort als Meteoriten vom Himmel.

Sie bilden dort die Gruppe der HED-Meteoriten, benannt nach ihren drei Haupttypen, den Howarditen, Eukriten und Diogeniten. Sie sind Bruchstücke der Kruste und des Mantels von Vesta, was sich anhand ihrer im Labor gemessenen Spektren belegen lässt. Eine der Hauptaufgaben der Dawn-Mission bei Vesta ist es, die Herkunft der HED-Meteoriten von Vesta endgültig zu bestätigen. Mit einem solchen Meteoriten können wir mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Stück Vesta in die Hand nehmen, allerdings sind diese Meteoriten unter Sammlern und Wissenschaftlern sehr begehrt und erzielen hohe Preise. Die Grammpreise von gut erhaltenen HED-Meteoriten kommen durchaus an jene von Edelmetallen heran.

In den nächsten drei Wochen wird sich Dawn mit ihrem Ionenantrieb immer weiter an Vesta heranspiralen. Anfang August wird sie dann den ersten Kartierorbit von 2770 bis 2720 Kilometern Höhe über der Oberfläche von Vesta fliegen. Während der Anflugphase halten die Forscher Ausschau nach kleinen Monden im Umlauf von Vesta, bisher gibt es darauf aber keine Hinweise. Zudem sollen die Dimensionen des Himmelskörpers und seine Masse möglichst exakt bestimmt werden. In den nächsten Wochen wird also noch mehr von Vesta zu hören und zu sehen sein, stay tuned!

Tilmann Althaus

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.