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Materialwissenschaften: Die Fischschuppe, an der Piranhas scheitern

Piranha

Der in Amazonien heimische Arapaima gigas hält den inoffiziellen Weltrekord "größter Süßwasserfisch der Erde": Indigenes Anglerlatein spricht von bis zu viereinhalb Meter langen und mehrere Zentner schweren Exemplaren. Solche Dimensionen erreichen die Knochenzünglerartigen offenbar auch deshalb, weil sie sich von den gefährlichsten Räubern nicht aus üppigen Lebensräumen vertreiben lassen. Sie schwimmen dort, wo die berüchtigten Piranhaschwärme auf Beutesuche sind. Ihr besonderer Schuppenpanzer macht's möglich, wie nun Marc Meyers von der University of California in San Diego und seine Kollegen berichten.

Der Arapaima: Ein ziemlicher Brocken | Den durchschnittlichen Arapaima (Arapaima gigas) muss ein glücklicher Fischer – wie hier der Materialwissenschaftler Marc Meyers – erst einmal an Land bekommen; die Tiere werden immerhin mehrere Zentner schwer. Und vorher sollte man schwerer bewaffnet sein als ein Piranha: Dessen Zähne können die Schuppen der großen Amazonasbewohner nicht durchdringen.

Den Forschern war merkwürdig erschienen, dass Arapaimas offenbar selbst in der südamerikanischen Trockenzeit überaus selten Opfer der hungrigen Piranhas werden, auf die sie nun besonders häufig treffen: Zu dieser Zeit schrumpft ihr Lebensraum zunehmend und bringt sie mit mehr und mehr Raubfischen in den immer seichteren Flußarmen und -basins zusammen. Die Piranhas schrecken dennoch vor Attacken zurück, weil sie die bis zu zehn Zentimeter langen Schuppen der großen Fische nicht durchbeißen können, wie die Materialwissenschaftler um Meyers nun belegen.

Dies demonstrierten die Forscher in einem Experiment, für das sie Piranhazähne auf einen selbst gebastelten Beißautomaten montierten und diesen dann auf eine Arapaima-Schuppe ansetzten. Dabei erwiesen sich die Schuppen stets als undurchdringlich; tatsächlich splitterte nach wenigen Bissversuchen eher der Piranhazahn.

Die zweilagigen Schuppen, so ermittelte Meyers' Team, bestehen innen aus einem elastisch-flexiblen, quervernetzten Laminat von Kollagenfaserschichten, an das sich außen eine hoch kalziummineralisierte, steinharte Schicht von Fasern anschließt.

Gut geschützt: Arapaima gigas | Arapaima gigas ist mit bis zu zehn Zentimeter langen Schuppen gegen den Biss von Piranhas gut geschützt. Die Schuppen bestehen aus einem zweilagigen Kompositmaterial – unten eine elastisch-flexible, darüber eine steinhart-mineralisierte Lage machen den Fisch unangreifbar.

So entsteht ein Kompositmaterial mit außergewöhnlichen Eigenschaften, fassen die Forscher zusammen: Piranhas sollten nach wenigen fehlgeschlagenen Beißversuchen gelernt haben, die geschützten Fische nicht zu attackieren. Gegen ihren größten Feind nutzt die Schuppenrüstung der Arapaimas allerdings nicht: Allein ihre auffällige Größe macht sie zur beliebten Anglertrophäe – und einer der überfischten Arten in Amazonien.

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