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Entomologie: Die härteste Biene der Welt?

Eine Bienenart in Nicaragua nistet direkt am Krater eines aktiven Vulkans und hält auch sauren Regen aus. Aber was sucht sie dort oben?
Der aktive Vulkan Masaya liegt in Nicaragua

Einer der letzten Orte auf der Erde, an dem man eine kleine Biene vermuten würde, ist wohl der Kraterrand eines aktiven Vulkans: saurer Regen, giftige Gase, heißer Untergrund, keine Vegetation und ständig die Gefahr einer verheerenden Eruption. Und dennoch lebt eine spezialisierte Population der Art Anthophora squammulosa direkt an der Caldera des Masaya in Nicaragua – als einziger Vertreter ihrer großen Gattung, die in heißer Vulkanasche nistet. Ihre Entdeckung war ein Zufallsprodukt, denn die britische Entomologin Hilary Erenler von der University of Northampton untersuchte am Vulkan eigentlich die örtliche Schmetterlingsfauna, als sie mit ihrem Team bei einem Abstecher zum Kraterrand die herumschwirrenden Bienen bemerkte. Warum sie dort leben und wie sie vor allem dort überleben, wurde dann zu einem eigenen Forschungsprojekt, wie "Science" schreibt (hier auch ein Bild der Bienenart).

Über drei Jahre hinweg suchten die Forscher nach Bienennestern, wobei Anthophora squammulosa zu den Solitärbienen zählt: Sie bilden keine Staaten, sondern graben kleine Zellen in den Boden, in denen sie dann ein Ei oder ein kleines Gelege platzieren. Die schlüpfenden Larven ernähren sich von Pollen oder Nektar, die das Weibchen im Nest platziert. Bienen der Gattung Anthophora sind dabei normalerweise wenig wählerisch, doch am Masaya bleibt ihnen praktisch keine Auswahl: 99 Prozent der Pollen stammen dort von einer einzigen Pflanzenart namens Melanthera nivea, wie Erenler und Co bei einer Stichprobe von zehn Bienennestern herausgefunden haben. Das Gewächs ist ebenso widerstandsfähig wie die Bienen, denn es verkraftet sogar den sauren Regen am Kraterrand. Im restlichen Verbreitungsgebiet der Bienen, das von Mexiko bis Nicaragua reicht, sind sie dagegen Pollengeneralisten.

Ob diese exklusive Nahrungsquelle oder das Fehlen von Fressfeinden und Parasiten dafür verantwortlich ist, dass sich die Bienen diesen extremen Lebensraum ausgesucht haben, ist noch unklar. Womöglich schätzen sie auch das frei zugängliche, leicht zu durchlöchernde Substrat für ihre Nester, so die Wissenschaftler. Auch wenn die Art als solche wegen ihres großen Verbreitungsgebiets nicht bedroht ist, am Masaya steht ihr Fortbestand und damit auch der einzigartige Lebensstil fortwährend auf Messers Schneide: Ein einziger heftiger Ausbruch kann den Bestand lokal ausrotten und so zumindest zeitweise die Beziehung zwischen Pflanze und Insekt zerstören.

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