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Demografie: Die Kurven des Lebens

Demografen haben sich bisher vor allem auf die Entwicklung von menschlichen Gesellschaften konzentriert. Doch nun entdecken sie das Tierreich – und gewinnen neue Erkenntnisse über die Evolution, die Mechanismen des Alterns und die Probleme bedrohter Arten.
Löwe mit dunkler Mähne

Lange oder kurze Mähne, blond oder braun? Was beim Menschen nicht mehr ist als ein modischer Trend, hat bei Löwen weit reichende Folgen. Denn dunkle Mähnen scheinen beim anderen Geschlecht deutlich besser anzukommen als helle. Das haben Peyton West und Craig Packer von der University of Minnesota vor ein paar Jahren herausgefunden, als sie Stofflöwen mit verschiedenen Haartrachten in der Serengeti in Tansania aufstellten. Die ortsansässigen Löwinnen zeigten in diesen Versuchen eine ausgesprochene Vorliebe für dunkelmähnige Attrappen, einige versuchten sie sogar zur Paarung zu bewegen [1].

Wenn die brünetten Löwen-Casanovas also klar im Vorteil bei der Partnerwahl sind – warum gibt es dann nach wie vor Mähnen in den verschiedensten Schattierungen zwischen hellblond und fast schwarz? Das liegt zum einen daran, dass sich nur gut genährte Männchen mit einer hohen Konzentration des männlichen Geschlechtshormons Testosteron im Körper die dunkle Erfolgsfrisur leisten können. "Die Farbe ist eine Art Qualitätsmerkmal, das sich kaum fälschen lässt", erklärt Alexander Scheuerlein vom Max-Planck-Institut für demografische Forschung in Rostock. Genau deshalb achten die Weibchen ja darauf. Zum anderen gibt es einen Zusammenhang zwischen der Art der Nahrung und der Farbe: Je weniger Büffelfleisch auf dem Speiseplan steht, umso heller fällt die Mähne aus. Und schließlich ist Attraktivität auch nicht alles. In manchen Regionen ist es womöglich einfach zu heiß für dunkle Statussymbole auf dem Kopf.

Löwe mit dunkler Mähne

"Die Evolution von Löwenmähnen ist also ein ziemlich komplexer Vorgang", sagt Scheuerlein. Seine Kollegin Julia Barthold entwickelt gerade ein Computermodell dafür. Es soll unter anderem simulieren können, wie die Löwen in einem bestimmten Gebiet in zehn Jahren aussehen werden. Dazu aber muss es eine ganze Reihe von Faktoren berücksichtigen: Wie ist die Altersstruktur des Bestands? Welches ist das optimale Alter für Löwenmännchen, um Nachwuchs zu zeugen? Wie sieht in diesem Alter ihre Mähne aus? Und wie stark konzentriert sich das Fortpflanzungsgeschehen auf wenige, besonders begehrte Männchen? Das sind nur einige der Fragen, die es zu beantworten gilt. Und sie alle drehen sich um das Thema Demografie.

Tierische Demografie

Diese Wissenschaft, die sich mit verschiedenen Aspekten der Bevölkerungsentwicklung beschäftigt, hat sich bisher vor allem auf menschliche Gesellschaften konzentriert. Sie untersucht zum Beispiel Geburten- und Sterberaten, Alterungsprozesse und Wanderungsbewegungen. Für das künftige Zusammenleben in einer Stadt ist es schließlich durchaus interessant, ob die Bevölkerung wächst oder schrumpft. Oder ob sich das Verhältnis zwischen Alt und Jung verschiebt. Oder ob mit zahlreichen Zuwanderern zu rechnen ist. Da möchte man die Ursachen und Folgen solcher Entwicklungen schon gern genauer kennen.

"Das gilt für Tierbestände aber ganz genauso", betont Scheuerlein. Er sieht die Demografie als eine Art Werkzeugkasten, mit dessen Hilfe sich die verschiedensten biologischen Fragen beantworten lassen. Da geht es längst nicht nur um die Trendfrisuren von Löwen: "Ohne demografische Daten kann man die Evolution generell nicht richtig verstehen", meint der Biologe. Und auch bei ganz praktischen Problemen können solche Informationen weiterhelfen.

"Ohne demografische Daten kann man die Evolution generell nicht richtig verstehen"
Alexander Scheuerlein

So haben Menschen zahlreiche Tiere und Pflanzen aus ihren ursprünglichen Lebensräumen in alle Welt verfrachtet – wo sie sich manchmal massenhaft vermehren. Das Kaninchen hat sich in Australien ebenso zur Plage entwickelt wie das Hermelin in Neuseeland oder die Wasserpest in deutschen Seen. "Ob dieses Risiko bei einer neu eingeschleppten Art besteht, kann man mit Computermodellen durchspielen", erklärt Scheuerlein. Doch dazu muss man möglichst genau wissen, unter welchen Bedingungen die jeweiligen Bestände wachsen oder schrumpfen.

Ähnliche Modelle können auch im Naturschutz gute Dienste leisten. Mit einer so genannten Populationsgefährdungsanalyse lässt sich zum Beispiel berechnen, wie sich die Gemeinschaft der Nashörner, Bären oder Wölfe in einem bestimmten Schutzgebiet entwickeln. Dafür braucht man Informationen über die Größe des Bestands, über den Lebensraum und über die größten Gefährdungsfaktoren. Und natürlich über die biologischen Eigenheiten der jeweiligen Art. "Demografische Daten wie etwa die Altersstruktur des Bestands sind in diesem Zusammenhang besonders wichtig", so Scheuerlein.

Auf den Spuren von Jaguar und Fledermaus

Bei vielen Tierarten wissen Biologen allerdings nicht einmal, wie alt sie werden können oder wie viel Nachwuchs sie in der Regel haben. Von komplexeren Informationen ganz zu schweigen. Genau das aber wollen die Rostocker Forscher ändern. Gemeinsam mit Kollegen des neu gegründeten Max-Planck-Centers zu Erforschung der Biodemografie des Alterns im dänischen Odense treiben sie die demografische Erforschung der Tierwelt voran.

Das kann ein ziemlich anstrengendes Unterfangen sein. Denn frei lebende Tiere sind normalerweise nicht so ohne Weiteres bereit, ihren Lebenslauf vor neugierigen Forscheraugen auszubreiten. So interessierte sich Dalia Amor Conde vom Max-Planck Odense Center für Jaguare. Sie und ihre Kollegen haben in den letzten Jahren viel Neues über den Alltag und die Bedürfnisse dieser großen, gefleckten Raubkatzen herausgefunden [2,3]. Dazu waren allerdings immer wieder schweißtreibende Expeditionen in den Maya-Regenwald im Süden Mexikos nötig – Konfrontationen mit Drogendealern und erbosten Raubkatzen inklusive.

Derlei Schwierigkeiten sind im Wald bei Würzburg nicht zu befürchten. Doch auch dort erfordert demografische Freilandforschung viel Aufwand und Geduld. Gemeinsam mit dem Zoologen Gerald Kerth von der Universität Greifswald will Alexander Scheuerlein in dieser Region mehr über die Demografie von Fledermäusen herausfinden. Die liegt bisher nämlich weit gehend im Dunkeln. "Das Leben einzelner Tiere von der Geburt bis zum Tod zu verfolgen, ist normalerweise sehr schwierig", erläutert Alexander Scheuerlein. In ihrem Untersuchungsgebiet aber leben in Baumhöhlen und Fledermauskästen mehrere Kolonien von Bechsteinfledermäusen, die Gerald Kerth seit vielen Jahren beobachtet. Die Jungtiere werden mit Transpondern ausgestattet und tragen damit eine Art Geburtszertifikat mit sich herum. Und auch das Sterbedatum vieler Tiere haben die Forscher in ihren Unterlagen.

Bechsteinfledermäuse | Eine Bechsteinfledermauskolonie in einem Fledermauskasten in den Wäldern von Würzburg: Mit Hilfe von Transpondern und Beobachtungen versuchen Forscher, mehr über das Leben der Tiere herauszufinden.

Datenschätze aus dem Zoo

Bis man auf diese Weise auch nur für eine einzige Art die maximale Lebensspanne oder die durchschnittliche Anzahl der Jungtiere ermittelt hat, können allerdings Jahre vergehen. "Deutlich einfacher ist die Datenerhebung natürlich im Zoo", sagt Scheuerlein. Seit Jahrzehnten führen viele dieser Einrichtungen akribisch Buch über sämtliche Geburten und Todesfälle in ihren Gehegen. Diese und zahlreiche andere Informationen speisen mehr als 800 Zoos und Aquarien in eine Datenbank namens "International Species Information System" (ISIS) ein. Sie enthält mittlerweile Angaben über mehr als 2,6 Millionen Tiere, die zu mehr als 10 000 verschiedenen Arten gehören.

Für Demografen ist das eine echte Fundgrube. "Allerdings muss man diese Informationen dann auch mit Daten aus freier Wildbahn abgleichen", erklärt Scheuerlein. Schließlich stellt die Natur ein Tier oft vor ganz andere Herausforderungen als ein Leben im Gehege. Und das schlägt sich zum Beispiel in der Lebenserwartung nieder – allerdings nicht bei allen Arten gleich stark. So wird eine Maus in Gefangenschaft bis zu dreimal so alt wie in freier Wildbahn, wo ein Heer von Feinden lauert. Elefanten dagegen leben in der Natur normalerweise ungefähr genauso lange wie im Zoo. "Bei kleinen Säugetieren weichen die Lebensspannen also viel stärker voneinander ab als bei großen", sagt Scheuerlein. Solche Gesetzmäßigkeiten für verschiedene Tiergruppen aufzudecken, ist eines der großen Ziele der Demografen. Denn mit Hilfe solcher Regeln kann man aus Zoodaten auf die Verhältnisse in freier Wildbahn schließen.

Fahndung in der Literatur

Es gibt allerdings zahllose unscheinbare oder schwer zu haltende Tiere, die kein Zoo der Welt im Repertoire hat. Gemeinsam mit Kollegen von ISIS haben die Rostocker Forscher eine Bestandsaufnahme gemacht und festgestellt, dass immerhin 25 Prozent der bekannten Vogelarten und 20 Prozent der Säugetierarten in menschlicher Obhut leben. Bei den Reptilien sind es dagegen nur zwölf und bei den Amphibien sogar nur vier Prozent.

Während sich das Team um Dalia Amor Conde in Odense weiter auf die Analyse der Zoodaten konzentriert, zapfen Alexander Scheuerlein und seine Kollegen in Rostock daher noch eine andere Informationsquelle an. Mit Hilfe von wissenschaftlichen Suchmaschinen durchforsten sie die zoologische und botanische Fachliteratur der letzten 100 Jahre nach demografischen Angaben. Die gefundenen Informationen speisen sie in eine neue Datenbank namens DatLife ("Demography of Aging across the Tree of Life") ein, die bis Ende des Jahres online gehen soll.

Schon heute enthält die Sammlung Angaben über die maximale Lebensspanne von mehr als 4000 Säugetier- und Vogelarten. Und in diesen Daten stecken noch immer einige Rätsel. Aras und Kakadus gehören mit einer Lebenserwartung von 70 bis 80 Jahren dagegen zu den Methusalems der Vogelwelt. "Man weiß aber immer noch nicht, warum diese Papageien eigentlich so alt werden", sagt Scheuerlein. Schließlich gibt es in ihrer Verwandtschaft durchaus auch kurzlebige Arten.

Rezepte für ein langes Leben

Das Geheimnis der Kolibris kennen Biologen dagegen zumindest in Grundzügen. Diese bunten Tropenvögel bringen es immerhin auf ein Alter von etwa 20 Jahren – was nach den gängigen Regeln der Biologie eigentlich zu viel ist. Schließlich führen die kleinen Flugkünstler ein Leben auf der Überholspur: Wenn sie mit rasant schlagenden Flügeln vor einer Blüte schwirren, verbrauchen sie in kürzester Zeit große Mengen Energie. Ihr Stoffwechsel arbeitet daher auf Hochtouren, ihr Herz schlägt schnell. Das sind normalerweise zuverlässige Indizien für einen frühen Tod. Allerdings haben die Kolibris einen Trick auf Lager: Jede Nacht senken sie ihre Körpertemperatur und verlangsamen ihren Herzschlag. Und das ermöglicht ihnen offenbar ein relativ langes Leben.

"Den gleichen Effekt finden wir auch bei typischen Winterschläfern", sagt Scheuerlein. So hat der französische Naturforscher Georges-Louis Leclerc de Buffon schon im 18. Jahrhundert eine einfache Formel aufgestellt, mit der sich die Lebenserwartung von Säugetieren berechnen lässt. Man muss dazu nur das Alter bei der Geschlechtsreife mal sieben nehmen. Für viele Arten stimmt das ungefähr, manche aber fallen deutlich aus dem Rahmen. "Winterschlaf haltende Mäuse zum Beispiel werden 30- bis 40-mal so alt, wie sie bei der Geschlechtsreife sind", sagt Scheuerlein. Und auch das dürfte daran liegen, dass sie ihren Stoffwechsel zeitweise auf Sparflamme schalten.

Es gibt sogar Tiere, die gar nicht altern. Die Süßwasserpolypen der Gattung Hydra verblüffen selbst Experten mit ihrem ungewöhnlichen Talent zur Regeneration. Aus ihren Stammzellen können sie ein Leben lang sämtliche anderen Zelltypen in ihrem Körper nachbilden. Defekte Körperteile zu ersetzen und selbst Schäden am Nervensystem zu reparieren, ist da kein Problem, von typischen Altersbeschwerden keine Spur. Möglicherweise können die nur einen Millimeter großen Tierchen sogar ewig leben. Den Tod bringen nur Feinde oder ungünstige Umweltbedingungen [4].

Je älter, umso besser

Für so einen Polypen ist das Risiko zu sterben damit in jedem Alter gleich groß – aus menschlicher Sicht eine ungewöhnliche Vorstellung. Schließlich nimmt die Todesrate bei unserer eigenen Art mit dem Alter deutlich zu. Das Gleiche gilt auch für andere Säugetiere und für Vögel. "Da denkt man automatisch, das müsse so sein", sagt Scheuerlein. Stimmt aber nicht. Bei 40 Tier- und Pflanzenarten haben die Rostocker Forscher die Sterbewahrscheinlichkeiten in verschiedenen Lebensphasen analysiert. Demnach scheinen Säugetiere und Vögel eher die Ausnahme als die Regel zu sein. "Es gibt viele Arten, die mit dem Alter immer besser zurechtkommen", resümiert Scheuerlein [5].

Bei einem Baum zum Beispiel ist die Sache relativ klar: Je größer er wird, umso mehr Licht bekommt er und umso weniger läuft er Gefahr, einfach abgefressen zu werden. Doch auch im Tierreich gibt es ähnliche Fälle: Bei Schildkröten und Krokodilen nimmt die Sterblichkeitsrate bis ins hohe Alter immer weiter ab. Wie diese Reptilien die negativen Folgen des Alterns so lange aufschieben, weiß noch niemand so genau. "Auch ihre Stammzellen haben wohl Fähigkeiten, die unseren fehlen", meint Scheuerlein. Jedenfalls schaffen es die Reptilien, ein Leben lang zu wachsen. Und das beschert ihnen nicht nur immer mehr Sicherheit vor Feinden. Auch in Sachen Energiehaushalt und Nachwuchs sind sie gegenüber jüngeren Artgenossen klar im Vorteil: Ein doppelt so großes Krokodil legt ungefähr 20-mal so viele Eier.

Der Wert der Alten

Eine bedrohte Krokodilart zu retten, wenn Jäger die alten Reptilien mit den großen Häuten schon größtenteils abgeschossen haben, ist also ein langwieriges Unterfangen. Schließlich kann es Jahre dauern, bis man wieder genügend große "Super-Mütter" herangepäppelt hat. "Gerade die alten Tiere sind für den Erhalt vieler Bestände extrem wertvoll", betont Alexander Scheuerlein. Das gilt auch für etliche Säugetiere. In diesen Fällen geht es allerdings weniger um die Fortpflanzungsrate als um den Erfahrungsschatz der vierbeinigen Methusalems.

"Gerade die alten Tiere sind für den Erhalt vieler Bestände extrem wertvoll"
Alexander Scheuerlein

So werden Elefantenherden beispielsweise von älteren Weibchen geführt, deren Wissen gerade in Krisenzeiten unverzichtbar ist. Sie kennen die Wasserlöcher, die auch bei längerer Trockenheit nicht versiegen, und die Futterplätze, an denen es dann noch Nahrung gibt. Wie wichtig das ist, zeigte sich bei einer Dürre, die Ende der 1970er Jahre zahlreiche Elefanten im Tsavo-Nationalpark in Kenia dahinraffte. Etliche der grauen Opfer hätten damals durchaus überleben können, wenn ihre Herde die noch vorhandenen Futterplätze gefunden hätte. Doch dieses Wissen war verloren gegangen, weil sich Wilderer zuvor gerade auf die alten Weibchen mit ihren großen Stoßzähnen konzentriert und deren Bestand massiv dezimiert hatten [6].

"Auch bei Wiederansiedlungsprojekten spielt die Erfahrung der Alten eine große Rolle", sagt Scheuerlein. So versuchen Wissenschaftler und Naturschützer, das einst ausgerottete Przewalski-Pferd wieder in der Mongolei anzusiedeln. Sie haben dort junge, in Gefangenschaft gezüchtete Tiere frei gelassen – und beobachteten unerwartet hohe Sterberaten. So blieben die unerfahrenen Tiere im Winter im Gebirge, statt in die Täler zu wandern. Dort aber versanken ihre Hufe tief im Schnee, was die Flucht vor Raubtieren fast unmöglich machte. Die Rostocker Forscher können solche Effekte im Computer simulieren. Die Modelle zeigen dann beispielsweise, wie viele junge Pferde man frei lassen müsste, um nach einigen Jahren auf einen Bestand von 20 bis 30 älteren, erfahrenen Stuten zu kommen. "Bei manchen Arten kann man vielleicht auch schon von vornherein Gruppen mit günstiger Altersstruktur zusammenstellen und so den Erfolg von Wiederansiedlungsprojekten verbessern", meint Scheuerlein.

Vorsicht, Falle!

Es scheint allerdings auch Arten zu geben, deren einmal geschrumpfte Bestände sich trotz aller ausgetüftelten Pläne nicht wieder aufpäppeln lassen. Denn manche Tiere fühlen sich offenbar nur in der Masse wohl. "Die vor mehr als 100 Jahren ausgerottete Wandertaube war so ein Beispiel", sagt Scheuerlein. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren diese Vögel zu Milliarden über Nordamerika geflogen, bis Jäger sie massenweise abschossen. Was dann passierte, lässt sich heute nicht mehr genau rekonstruieren. Möglicherweise konnten die geschrumpften Schwärme nicht mehr so effektiv nach fressbaren Früchten suchen. Oder sie fielen leichter den Attacken von Greifvögeln und anderen Feinden zum Opfer. Jedenfalls konnten die Tauben in geringeren Dichten nicht überleben.

"Das könnte durchaus auch bei Arten der Fall sein, die heute noch häufig sind", meint Scheuerlein. Hinweise darauf sieht er unter anderem beim Haussperling, der in den Dörfern der Alpen entweder sehr häufig vorkommt oder gar nicht. Dazwischen gibt es nichts. Die Rostocker Forscher sehen ihre Modelle deshalb auch als Frühwarnsysteme. Wenn die Bestände von Allerweltsarten schrumpfen, heißt es rechtzeitig gegensteuern. Bevor wieder einmal eine demografische Falle zuschnappt.

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  • Quellen
[1] West, P. und Packer, C.: Sexual Selection, Temperature and the Lion’s Mane. In: Science 297, S. 1339–1343, 2002
[2] Conde Ovando, D.A. et al.: Sex matters: modeling male and female jaguar habitat differences for jaguar conservation. In: Biological Conservation 143, S. 1980–1988, 2010
[3] Colchero, F. et al.: Jaguars on the move: modeling movement to mitigate fragmentation from road expansion in the Mayan Forest. In: Animal Conservation 14 (2), S. 158–166, 2011
[4] Martinez, D. E.: Mortality patterns suggest lack of senescence in hydra. In: Experimental Gerontology 33, S. 217–225, 1998.
[5] Ricklefs, R. E. und Scheuerlein, A.: Comparison of aging-related mortality among birds and mammals. In: Experimental Gerontology 36, S. 845–857, 2001.
[6] McComb, K. et al.: Matriarchs as Repositories of Social Knowledge in African Elephants. In: Science 292, S. 491–494, 2001.<

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