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News: Ein feines Näschen

Schon lange ist bekannt, dass Pheromone nicht nur das Verhalten von Insekten steuern, sondern auch bei Säugetieren eine wichtige Rolle spielen. Ein besonderes Organ, das Vomeronasalorgan, nimmt diese Substanzen wahr. Jetzt zeigte sich, dass dieses Organ bei Mäusen auch auf ganz gewöhnliche Duftstoffe reagiert. Damit könnten Gerüche das instinktive Verhalten der Tiere beeinflussen.
Es gibt Männer, die gehen meilenweit für einen Duft. Die Schwammspinnermännchen zum Beispiel. Schon geringste Konzentrationen des weiblichen Sexuallockstoffes veranlassen die Falter, sofort loszufliegen und das zugehörige Weibchen zu suchen. Damit wirkt der Lockstoff wie ein Hormon – mit dem Unterschied, dass der chemische Botenstoff seine Nachricht nicht im Körper eines Tieres, sondern zwischen zwei Tieren übermittelt.

Pheromone sind nicht nur auf das Insektenreich beschränkt. Säugetiere – und vielleicht auch Menschen – reagieren ebenfalls auf Botenstoffe von Artgenossen. Pheromone lösen Aggressions- oder Unterwerfungsverhalten aus, sie kontrollieren den Beginn der Pubertät oder der Brunstzeit. Wahrgenommen werden die Stoffe von dem Vomeronasalorgan in der Nase, das nach seinen Entdecker auch Jacobson'sches Organ genannt wird. Auch beim Menschen entdeckten Wissenschaftler einen dünnen, blind endenden Schlauch im unteren, vorderen Teil der Nasenscheidewand mit Sinneszellen. Ob es sich hierbei tatsächlich um ein Vomeronasalorgan handelt, das auf menschliche Pheromone reagiert, bleibt jedoch umstritten.

Bei Mäusen ist das Vomeronasalorgan gut bekannt und seine Reaktion auf Pheromone nachgewiesen. Die Arbeitsgruppe von Linda Buck von der Harvard Medical School hat sich das Organ der Mäuse nun noch einmal vorgenommen. Die Wissenschaftler wollten wissen, wie es auf normale Geruchsstoffe reagiert. Dazu präsentierten sie ihren Versuchstieren unterschiedlichste Mixturen von insgesamt 82 Geruchsstoffen und maßen die Reaktion der Nervenzellen des Vomeronasalorgans.

Das Organ reagierte nicht nur – wie erwartet – auf Pheromone. Auch bei verschiedenen Geruchsstoffen wurde es rege. Die Wissenschaftler überraschte dabei einerseits die hohe Unterscheidungsfähigkeit, andererseits die hohe Empfindlichkeit des Vomeronasalorgans. So nahm es Indol und Skatol differenziert wahr, obwohl sich die beiden Substanzen nur um eine Methylgruppe unterscheiden. Andererseits regten schon Konzentration von weniger als 10-10 mol pro Liter das Vomeronasalorgan an. Damit schlägt es die normale Geruchsschleimhaut der Mäuse, die bekanntermaßen nicht gerade unempfindlich ist, um Klassen.

Doch warum reagiert das Vomeronasalorgan auf Stoffe, für die es eigentlich nicht "zuständig" ist? Die Wissenschaftler vermuten die Antwort in der unterschiedlichen Verschaltung der beiden Systeme im Gehirn. Während die Signale aus dem Geruchssystem im Großhirn verarbeitet werden, bleiben die Erregungen des Vomeronasalorgans in den tiefer liegenden Schichten des limbischen Systems, in der Amygdala und des Hypothalamus. In diesen Hirnarealen steuern Hormone Emotionen und instinktives Verhalten der Tiere. Offensichtlich, so vermuten die Forscher, können demnach auch fremde Geruchsstoffe wie arteigene Pheromone das Verhalten beeinflussen.

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  • Quellen
Nature 412: 142 (2001)

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