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Sternströme: Ein kleiner Happen für unsere Milchstraße

Der Aquarius-Sternstrom
Ein internationales Team von Astronomen um Mary Williams vom Astrophysikalischen Institut Potsdam stieß auf einen bis dato unbekannten Sternstrom in unserem Milchstraßensystem: den "Aquarius-Strom", benannt nach dem Sternbild Wassermann, lateinisch Aquarius. Bei dem Sternstrom handelt es sich um die Überreste einer kleineren Galaxie in unserer Nachbarschaft, die vor 700 Millionen Jahren von der Schwerkraft der Milchstraße auseinander gerissen wurde.

Der Fund ist Ergebnis der Vermessung der Geschwindigkeiten von 250 000 Sternen mit dem am Australian Astronomical Observatory stationierten RAVE Survey. RAVE, das Radial Velocity Experiment, ist ein multinationales Projekt, an dem sich Wissenschaftler aus Australien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada, den Niederlanden, Slowenien und den USA beteiligen. Das Projekt vermisst die Entfernungen, Positionen und Eigenbewegungen von bis zu einer Million Sternen in unserem Milchstraßensystem. Das endgültige Ziel von RAVE ist die Bestimmung der Sternbewegungen in unserem gesamten Milchstraßensystem.

Der Aquarius-Strom war nicht leicht zu finden. Im Gegensatz zu fast allen bekannten Strömen befindet er sich innerhalb der galaktischen Scheibe. Dort versperrt die hohe Konzentration der Sterne der Milchstraße den Blick. Der Strom als lokalisierte, geometrische Form ist im Gesamtbild zunächst gar nicht zu erkennen. Dazu Mary Williams:"Der Strom liegt direkt vor unserer Haustür, und doch konnten wir ihn nicht sehen."

Mit RAVE vermaß das Forscherteam erstmals die Radialgeschwindigkeiten von 12 000 Sternen in der Region. So fand sie heraus, dass sich 15 Sterne in ihrem Geschwindigkeitsmuster von den anderen unterscheiden und mit Relativgeschwindigkeiten von bis zu 4,2 Kilometer pro Sekunde durch die rotierende Scheibe der Milchstraße hindurch schießen.

Der Vergleich der Sternparameter mit Simulationen zeigte, dass die Sterne als Teil eines größeren Sternstroms ursprünglich von einer Nachbargalaxie stammen. Diese traf, von der Schwerkraft der Milchstraße angezogen, vor etwa 700 Millionen Jahren auf die Galaxis. Sie wurde dabei auseinandergerissen und formte aufgrund der Dynamik schließlich einen Sternstrom. Damit ist der Aquarius-Strom ein besonderer und vergleichsweise sehr junger Strom. Andere bekannte Ströme sind Milliarden von Jahre alt und in den Außenbereichen der Milchstraße lokalisiert.

Die besondere Methode, die mit Hilfe des RAVE Surveys zur Entdeckung des Sternstromes führte, lässt die Astronomen auf viele weitere Entdeckungen dieser Art hoffen.

RAVE dient dazu, die Entstehungsgeschichte unserer Milchstraße zu verstehen. Ein Ziel ist es festzustellen, wie häufig solche Verschmelzungen mit Nachbargalaxien in der Vergangenheit vorkamen und welche wir in Zukunft zu erwarten haben.

Sicher ist: In etwa drei Milliarden Jahren steht der Milchstraße die nächste große Kollision mit der Andromeda-Galaxie bevor – wenn ihr nicht sogar eine der in den letzten Jahren entdeckten Zwerggalaxien in nächster kosmischer Nachbarschaft zuvorkommt.

Red. / AIP Potsdam
  • Quellen
AIP-Release vom 1. 2. 2011 und Originalarbeit

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