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News: Ein offenes Ohr für Ultraschall

Nachtfalter besitzen Ultraschall-empfindliche Ohren, die sie vor ihren größten Feinden, den Fledermäusen, warnen. Doch auch eine Gruppe nachtaktiver Tagfalter hat ein solches Frühwarnsystem, das sie auf ihren Flügeln tragen. Erkennen die Falter Gefahr, lassen sie sich zu Boden trudeln oder vollführen ablenkende Loopings und Spiralen. Die Bedrohung durch Fledermäuse war für Schmetterlinge in der Nacht offenbar so groß, daß die meisten Arten von Ihnen tagaktiv geworden sind. Manche Tagfalter verfügen als Relikt aus ihrer evolutionären Vergangenheit auch heute noch über die Ultraschalldetektoren.
Insektenfressende Fledermäuse sind wahrscheinlich dafür verantwortlich, daß viele Schmetterlinge heute tagaktiv sind. Doch nicht alle Tagfalter gaukeln nur bei Licht über die Wiesen. Jayne Yack von der Carleton University und James Fullard von der University of Toronto untersuchten das Hörvermögen einer Gruppe von nachtaktiven Tagfaltern im Ultraschallbereich sowie die Anatomie und das Verhalten ihrer tagaktiven Verwandten (Nature vom 20. Januar 2000). Sie vermuteten nun, daß Fledermäuse die Entwicklung spezifischer Warn- und Schutzsysteme bei Tag- und Nachtfaltern provoziert haben.

"Fledermäuse sind die größten Freßfeinde von nachtaktiven Fluginsekten. Dies verdeutlicht den immensen Druck für alle nachtaktiven Insekten, Methoden zu entwickeln, insektenfressende Fledermäuse zu erkennen und ihnen auszuweichen", sagt Fullard. "Die Mehrheit der Schmetterlinge schalteten einfach von nacht- auf tagaktiv um und gingen den Fledermäusen damit schlicht aus dem Weg. Einige wenige Arten von Schmetterlingen haben hingegen eine Ultraschallsensorik entwickelt, die ihre Überlebenschancen in der Nacht erhöht."

Auf der Insel Barro Colorado in Panama fanden Yack und Fullard nachtaktive Schmetterlinge, die auf ihren Flügeln Sensoren besitzen, mit denen sie die von Fledermäusen ausgesandten Ultraschallsignale empfangen können. Diese Ultraschalltechnik benutzen Fledermäuse als Radargerät, um sich in der Dunkelheit zurechtzufinden und ihre Beute zu lokalisieren. Wenn die Biologen nachtaktive Schmetterlinge simulierten Ultraschallauten aussetzten, ähnlich denen von Fledermäusen, vollführten die Insekten Fluchtmanöver, um den scheinbar angreifenden Flederäusen zu entkommen: Sie flogen Loopings und Spiralen, gingen auf Steil- oder Sturzflug. Bisher waren Wissenschaftler der Meinung, die Ultraschallsensorik sei ein üblicher Verteidigungs- und Warnmechanismus für Nachtfalter und andere nachtaktive Insekten, aber nicht für Tagfalter.

"Die Entdeckung dieser Tagfalter mit ultraschallempfindlichen Ohren ist bemerkenswert", sagt Fullard. "Fledermäuse übten eindeutig einen starken selektiven Druck auf die Entwicklung solcher Ohren aus." Ob diese Hörorgane nun ein Überbleibsel aus der Vergangenheit sind und später verloren gingen, oder sich erst nach der Aufspaltung in Tag- und Nachtfalter entwickelten, können die Wissenschaftler noch nicht mit Sicherheit sagen.

Die tagaktiven Schmetterlinge sind dem Räuberdruck der Fledermäuse jedenfalls erfolgreich entkommen. Um sich aber gegen andere Feinde wie zum Beispiel Vögel zu schützen, mußten sie ausgeklügelte visuelle Warnsysteme entwickeln.

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