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Galaktisches Zentrum: Ein Pulsar als Sonde

Pulsar PSR H1745-2900 in der Nähe des galaktischen Zentrums (künstlerische Darstellung)

Im Frühjahr dieses Jahres stießen Astronomen auf einen Pulsar in der unmittelbaren Nähe des massereichen Schwarzen Lochs im Zentrum unseres Milchstraßensystems. Nun setzte ein internationales Forscherteam um Ralph Eatough vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn diesen Neutronenstern als Sonde ein und konnte damit ein starkes Magnetfeld im galaktischen Zentrum nachweisen. Der Pulsar PSR J1745-2900 ist rund ein halbes Lichtjahr vom zentralen Schwarzen Loch entfernt, das als Sagittarius A* bezeichnet wird.

Nähere Untersuchungen zeigten, dass der Pulsar zu den seltenen Magnetaren gehört, deren Magnetfelder rund 1000-mal stärker sind als das gewöhnlicher Exemplare. Sie übertreffen die Feldstärke des Erdmagnetfelds um das 100-Billionen-Fache. Derzeit sind in unserem Milchstraßensystem nur vier Magnetare, aber rund 2000 normale Pulsare bekannt. Diese Neutronensterne sind die Überreste massereicher Sterne und entstehen, wenn jenen der nukleare Brennstoff ausgeht. Dann brechen die Kernzonen der Sterne innerhalb von Sekunden in sich zusammen, während ihre äußeren Hüllen in mächtigen Supernova-Explosionen ins All gesprengt werden. Neutronensterne sind etwa 20 Kilometer groß und können das Dreifache der Sonnenmasse aufweisen.

Pulsar PSR H1745-2900 in der Nähe des galaktischen Zentrums | Eine Impression des Pulsars PSR J1745-2900 in der Nähe des zentralen Schwarzen Lochs in unserem Milchstraßensystem vermittelt diese künstlerische Darstellung. Der Pulsar befindet sich links im Vordergrund und sendet zwei gebündelte Strahlen aus. Rechts von der Bildmitte ist das Schwarze Loch als dunkler Punkt zu erkennen.

Das extrem starke Magnetfeld des Magnetars sorgt dafür, dass die von ihm ausgehende Strahlung hochgradig polarisiert wird, also bevorzugt in einer Ebene schwingt. Misst man nun die Rotation der Polarisationsebene, die durch ein anderes umgebendes Magnetfeld verursacht wird, so lassen sich die Stärken der Magnetfelder in Blickrichtung auf den Pulsar bestimmen. Diese Beeinflussung wird als Faraday-Effekt bezeichnet, nach dem britischen Physiker Michael Faraday (1791 – 1867), der im Jahr 1845 erstmals diesen Vorgang im Laborversuch beobachtete.

Ein kräftiges Magnetfeld im galaktischen Zentrum hat unmittelbare Auswirkungen auf die Materieflüsse zu Sagittarius A*. Das zentrale Schwarze Loch mit einer Masse von rund vier Millionen Sonnenmassen verschlingt ständig Materie, die sich zuvor aus Gründen der Drehimpulserhaltung in einer flachen Scheibe, einer Akkretionsscheibe, angesammelt hat. Das heiße Gas in dieser Scheibe kann Magnetfelder erzeugen, die je nach Struktur und Orientierung den Materiezustrom unterstützen aber auch behindern können. Der nun entdeckte Pulsar befindet sich in jenem Abstandsbereich zu Sagittarius A*, an dem der Materiestrom zum Schwarzen Loch einsetzt.

Die Astronomen um Eatough möchten nun herausfinden, ob sich das Magnetfeld im galaktischen Zentrum bis hinunter zum Ereignishorizont des Schwarzen Lochs erstreckt. Dies ist der Bereich, an dem die Fluchtgeschwindigkeit der Lichtgeschwindigkeit entspricht. Somit können weder Materie noch Strahlung dem Griff des Schwarzen Lochs entkommen, haben sie einmal den Ereignishorizont überquert. Sollte das Magnetfeld wirklich bis dorthin reichen und durch seine Struktur und Ausrichtung den Materiezustrom behindern, so wäre dies eine Erklärung dafür, warum das Schwarze Loch in unserem Milchstraßensystem im Vergleich zu seinen Gegenstücken in anderen Galaxien eher auf Diät gesetzt ist und nur wenig Aktivität zeigt.

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