Direkt zum Inhalt

Astrophysik: Ein träger Tanz zweier Schwarzer Löcher

Sie benötigen mehrere zehntausend Jahre für einen Umlauf und sind viele Milliarden Mal so schwer wie die Sonne: Forscher haben erstmals zwei Schwarze Löcher direkt dabei beobachtet, wie sie einander umkreisen. Dabei tanzen sie wohl langsam ihrer Verschmelzung entgegen.
Computersimulation eines supermassereichen Schwarzen Lochs

In der etwa 750 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie 0402+379 tut sich Gewaltiges: Sie ging aus der Verschmelzung zweier Sterneninseln hervor, denn in ihrem Inneren beherbergt sie gleich zwei extrem massereiche Schwarze Löcher. Eine Forschergruppe wertete nun Daten der Radioteleskope des Very Long Baseline Array (VLBA) in den USA aus, die einen Zeitraum von zwölf Jahren umfassen, und kam zu dem Schluss: Die beiden Schwarzen Löcher umkreisen einander wohl mit einer Umlaufdauer zwischen 20 000 und 30 000 Jahren. Damit gelang den Astronomen vermutlich die erste direkte Beobachtung eines Doppelsystems aus Schwarzen Löchern – ein großer Schritt auf dem Weg zu einem besseren Verständnis der Verschmelzung von Galaxien.

Die Veröffentlichung der Wissenschaftler folgt nur wenige Wochen nach der Bekanntgabe des mittlerweile dritten registrierten Gravitationswellensignals. Dieses ging auf die Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher mit 19 und 31 Sonnenmassen zurück, die sich zuvor eng umkreisten. Das nun beobachtete System in der Sterneninsel 0402+379 ist allerdings noch weit von einer Vereinigung entfernt – und um einige Dimensionen gigantischer: Zusammen kommen die beiden extrem massereichen Schwarzen Löcher wohl auf etwa 15 Milliarden Sonnenmassen. Damit übertreffen sie auch deutlich das Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße, das nur rund vier Millionen Sonnenmassen besitzt.

Ein Doppelsystem aus Schwarzen Löchern | Die beiden extrem massereichen Schwarzen Löcher in der rund 750 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie 0402+379 in einer künstlerischen Darstellung. Die Giganten umkreisen einander mit einer Umlaufzeit zwischen 20 000 und 30 000 Jahren.

Dass die Forscher um Karishma Bansal von der University of New Mexico in Albuquerque, USA, die Bewegung der beiden Giganten überhaupt auflösen konnten, ist eine technische Meisterleistung. Zwar beträgt die Relativgeschwindigkeit der Schwarzen Löcher senkrecht zu unserer Sichtlinie rund 1600 Kilometer pro Sekunde – auf Grund der großen Entfernung ihrer Heimatgalaxie 0402+379 zur Erde führt das aber nur zu winzigen Positionsänderungen am Himmel: "Stellen Sie sich eine Schnecke vor, die sich auf dem kürzlich entdeckten erdähnlichen Planeten um Proxima Centauri – mehr als vier Lichtjahre entfernt – mit einem Zentimeter pro Sekunde vorwärtsschiebt – das entspricht der Winkelbewegung, die wir hier auflösen müssen," erklärt Roger Romani, Wissenschaftler an der Stanford University in den USA und Mitglied des Forscherteams.

Die extrem geringen Verschiebungen am Himmel sind der Grund, warum Astronomen den langsamen Tanz der Schwarzen Löcher in der Vergangenheit nicht entdeckten: Erst im Jahr 2015 hatten sich die Positionen der Giganten seit Beginn der Messungen zwölf Jahre zuvor so weit verändert, dass deren Bewegung statistisch relevant wurde. Doch noch immer sind die Messunsicherheiten groß. Deshalb konnten die Wissenschaftler die Bahnen der Schwarzen Löcher um ihren gemeinsamen Schwerpunkt bisher nicht präzise bestimmen. Auch die Gesamtmasse des Systems ist noch sehr unsicher, weshalb die Forscher weitere Beobachtungen mit dem Radioteleskop VLBA planen.

Diese und ähnliche Untersuchungen könnten in Zukunft helfen, die Verschmelzung von Galaxien besser zu verstehen – und wie sich die Vereinigung ihrer extrem massereichen Schwarzen Löcher vollzieht: Wie lange dauert es, bis sie verschmelzen? Und wie beeinflussen sie die Sterne und Gaswolken in ihrer Umgebung? Fragen, die auch für die Zukunft unserer Milchstraße von Bedeutung sind, denn diese wird in einigen Milliarden Jahren mit der Andromedagalaxie kollidieren.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.