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Radioastronomie: Eine Radiokarte der Milchstraßenebene

Supernova-Überrest G178.2-4.2
Ein deutsch-chinesisches Projekt zur Untersuchung der polarisierten Radiostrahlung in der Milchstraße nutzt Radiobeobachtungen der galaktischen Ebene mit dem 25-Meter-Urumqi-Radioteleskop des "Xinjiang Astronomical Observatory" (XAO) bei sechs Zentimeter Wellenlänge. Nach rund zehn Jahren Gesamtlaufzeit wurde das Projekt jetzt erfolgreich abgeschlossen.

Der daraus entstandene Radioatlas der Milchstraßenebene stellt ein wichtiges Resultat der Zusammenarbeit zwischen der Max-Planck-Gesellschaft in Deutschland und der chinesischen Akademie der Wissenschaften dar, wobei eine Partnergruppe des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie am "National Astronomical Observatory" in Peking eingerichtet wurde.

Die ausgedehnte diffuse polarisierte Radiostrahlung wurde analysiert, um damit das großräumige Magnetfeld unserer Milchstraße zu erfassen. Es wurden eine Reihe von ausgedehnten Radioquellen in der Milchstraße untersucht, wobei auch zwei neue Supernova-Überreste erfolgreich identifiziert werden konnten.

Jinlin Han, der Leiter der Forschungsgruppe zur Untersuchung von kompakten Objekten und dem diffusen interstellaren Medium an den "National Astronomical Observatories" der chinesischen Akademie der Wissenschaften und Richard Wielebinski, emeritierter Direktor am Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR), starteten bereits im Jahr 2001 ein gemeinsames Forschungsprojekt zur Untersuchung von Magnetfeldern in unserer Milchstraße gestartet. Der neue Atlas mit dem 25-Meter-Urumqi-Radioteleskop des Xinjiang-Observatoriums hat eine vergleichbare Winkelauflösung mit dem am 100-Meter-Radioteleskop Effelsberg des MPIfR erstellten Atlas der Milchstraße bei 21 Zentimeter Wellenlänge. Die Analyse zweier umfangreicher Himmelskartierungen bei ähnlicher Winkelauflösung führen zu einem besseren Verständnis der Vorgänge im interstellaren Medium.

Im Rahmen der Vereinbarung zwischen der Max-Planck-Gesellschaft und der chinesischen Akademie der Wissenschaften unterstützte die Partnergruppe des MPIfR am NAOC den Bau des Sechs-Zentimeter-Empfängers durch das MPIfR in Effelsberg und baute ihn dann am 25-Meter-Radioteleskop in Urumqi ein. Mit zusätzlicher Unterstützung durch die Mannschaft des Xinjiang-Observatorium wurden von der Partnergruppe Beobachtungen von insgesamt mehr als 4500 Stunden mit diesem System durchgeführt.

Die gesamte Radiokarte umfasst den nördlichen Teil unserer Milchstraße in einem Bereich zwischen 10 Grad und 230 Grad in galaktischer Länge und zwischen -5 Grad und +5 Grad in galaktischer Breite. Das gemessene Feld umfasst insgesamt 2200 Quadratgrad. Mit fünf Gigahertz (entsprechend sechs Zentimeter Wellenlänge) ist es die höchste Frequenz, bei der jemals eine umfangreiche Kartierung der polarisierten Radiostrahlung mit erdgebundenen Instrumenten durchgeführt wurde.

Das interstellare Medium unserer Milchstraße, bestehend aus Magnetfeldern, Elektronen, atomarem Gas und anderen Komponenten, hat einen zunehmenden Einfluss auf Polarisationsmessungen bei immer niedrigeren Frequenzen. Daher erfassen die Messungen der Polarisation bei sechs Zentimeter Wellenlänge auch Magnetfelder in wesentlich größerem Abstand als bei Messungen mit größerer Wellenlänge und damit niedrigerer Frequenz. Die Partnergruppe hat die Eigenschaften von Bereichen ausgedehnter diffuser Strahlung in ihren Beobachtungen erforscht.

Sie waren ebenfalls in der Lage, ausgedehnte Objekte in ihrer Struktur zu erfassen, die von größeren Radioteleskopen nicht mehr erfasst werden können. Dazu gehören dichte ionisierte Wolken, die so genannten HII-Regionen, und Supernova-Überreste. Eine Handvoll eigentümlicher Klumpen mit sehr starkem regulärem Magnetfeld, so genannte Faraday-Screens, konnten ebenfalls neu aufgefunden werden. Die Radiodaten tragen maßgeblich zur Bestimmung der Spektren galaktischer Radioquellen bei.

Bei der Analyse der Radiodaten konnte die Partnergruppe zwei falsch identifizierte Supernova-Überreste (G166.2+2.5 und G192.8-1.1) als thermische Radioquellen klassifizieren, stieß aber auch auf zwei sehr schwache neue Radioquellen, G178.2-4.2 und G25.1-2.3, mit Ausdehnungen von etwa einem Grad am Himmel. Es sind die ersten Quellen dieser Art, die mit einem chinesischen Radioteleskop entdeckt werden konnten. Bisher sind lediglich 270 Supernova-Überreste in unserer Milchstraße bekannt.

MPIfR / Red.

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  • Quellen
MPIfR, 23. August 2011

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