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Meeresspiegelanstieg: Eisschmelze dellt Meeresboden ein

Je mehr Wasser die Ozeane enthalten, desto stärker drückt dessen Gewicht den Meeresboden ein. Dadurch stieg der Meeresspiegel weniger als ohne den Effekt.
Das neu modellierte Geoid

Das zusätzliche Wasser in den Ozeanen lässt nicht nur den Meeresspiegel steigen, sondern drückt auch den Meeresboden nach unten. Zu diesem Schluss kommen Thomas Frederikse und Riccardo E. M. Riva von der University of Delft und Matt A. King von der University of Tasmania auf der Basis von Annahmen über die veränderte Massenverteilung durch schmelzende Eisschilde, aber auch andere Quellen wie abgepumptes Grundwasser. Wie sie in den "Geophysical Research Letters" berichten, war der gemessene Anstieg des Meeresspiegels von 1993 bis 2014 um etwa acht Prozent geringer, als man allein anhand des hinzugekommenen Wassers erwartet hätte. Der Effekt betrifft vor allem zukünftige regionale Veränderungen – im Südpazifik zum Beispiel steige der Meeresspiegel relativ zum Land dadurch um bis zu 0,4 Millimeter pro Jahr langsamer, berechnen die Forscher.

Ursache des einsinkenden Meeresbodens ist ein lange bekannter Effekt: Lastet ein hohes Gewicht auf der Erdkruste, reagiert sie elastisch und sinkt langsam in den zähflüssigen Mantel ein. Während der letzten Eiszeit dellten die großen Eisschilde die Kruste Nordeuropas und Nordamerikas um einige Dutzend bis hunderte Meter ein. Das Gleiche geschieht nun durch die zusätzlichen Wassermassen in den Ozeanen. Ihr Gewicht beult den Meeresboden ein, im globalen Durchschnitt um etwa 0,13 Millimeter pro Jahr.

Die Effekte seien aber sehr ungleich verteilt, schreiben Frederikse und sein Team. In Regionen wie Grönland, in denen sehr viel Eis schmilzt, geht der durch die Gravitationswirkung der Eisschilde verursachte lokale "Hügel" im Meeresspiegel zurück; dadurch hebt sich dort der Meeresboden sogar leicht. Kurioser noch ist allerdings ein zweiter Effekt auf die Gestalt des Planeten: Dabei verformt sich nicht etwa die Erdkruste, sondern der gesamte Globus wird quasi um einen dreiviertel Millimeter pro Jahr nach Norden verschoben. Weil bisher der größte Teil der Eisschmelze auf der Nordhalbkugel stattfindet, wandert der Referenzpunkt der Meeresbodenveränderungen, das Schwerezentrum des Planeten, langsam Richtung Süden.

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