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Neurochemie: Endocannabinoide schützen Hirnzellen vor Entzündungsschaden

Forschern der Universität Magdeburg ist eine Entdeckung gelungen, die zu neuen Wegen in der Therapie von multipler Sklerose (MS) führen könnte. Sie konnten im Labor beobachten, wie körpereigene Cannabinoide Hirnzellen vor Entzündungsschäden schützen. Die entzündungshemmende Wirkung von Cannabinoiden aus Marihuana beziehungsweise von Endocannabinoiden aus körpereigener Produktion war bereits aus früheren Studien bekannt. Doch wusste man bisher nicht, wie sie zustande kommt.

Wie das Team um Oliver Ullrich bei seinen Versuchen mit Hirngewebe feststellen konnte, geht von dem Endocannabinoid Anandamid eine Schutzwirkung aus. So fanden die Forscher im Hirngewebe von MS-Patienten erhöhte Mengen dieses Endocannabinoides. Bei weiteren Versuchen mit Mäusehirnzellen zeigte sich, dass zwischen der Anandamid-Menge und dem Zustand der Zellen ein Zusammenhang besteht: Als die Forscher mittels einer Chemikalie das Gewebe angriffen, kam es zu einer Invasion von Hirn-Immunzellen, und der Anandamid-Pegel stieg deutlich. Und als sie dem beschädigten Gewebe Anandamid hinzufügten, erholte es sich bis auf die durch die Chemieattacke verursachten Schäden.

Ähnliche Heilungseffekte per Anandamid ließen sich auch beobachten, wenn der Zellschaden durch Entzug von Sauerstoff oder Glukose ausgelöst worden war. Auch die Gegenprobe bestätigte dies Ergebnis: Bei Versuchen, bei denen die Anandamid-Produktion blockiert wurde, vergrößerte sich der Entzündungsschaden.

Dieses Endocannabinoid wirke wie ein Torwächter, so die Forscher. Wenn es an seinem Rezeptor in den Mikroglialzellen – den kleinsten Immuneffektorzellen des Gehirns – andockt, wird ein molekularer Signalpfad aktiviert, der die Produktion von entzündungsschürendem Stickoxid unterdrückt und so gesundes Hirngewebe vor Schaden schützt.

Multiple Sklerose ist eine entzündliche Erkrankung des Nervensystems. Sie kann sehr unterschiedlich verlaufen und beginnt meist im frühen Erwachsenenalter. Sie wird auch als Enzephalomyelitis disseminata bezeichnet – was auf deutsch bedeutet: eine im Gehirn und Rückenmark verstreut auftretende Entzündung.

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