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News: Energisch durchgegriffen

Präzise aufeinander abgestimmt spielen sich in unseren Körperzellen unzählige chemische Reaktionen auf mikroskopisch kleinstem Raum ab. Doch das Räderwerk unseres Stoffwechsels gerät oftmals aus den Fugen - Leiden wie Diabetes oder Fettsucht sind die Folge. Zwischen diesen beiden Krankheiten existiert über den Botenstoff Leptin eine molekulare Schnittstelle: Er kurbelt den Abbau von Fettsäuren an und reduziert damit gleichzeitig das Risiko von Fettsucht und Zuckerkrankheit.
Jede Zelle unseres Körpers stellt eine chemische Fabrik im Miniaturformat dar, in der es Tausende von Prozessen zu koordinieren gilt. Angesichts dieser Komplexität ist es nicht verwunderlich, dass sich mitunter auch Fehler einschleichen und unser Stoffwechsel durcheinander gerät. Werden beispielsweise Fettsäuren in der Leber und den Muskeln nicht hinreichend umgesetzt, so vermag der Körper infolge dieser Ablagerungen nur noch eingeschränkt Kalorien zu verbrennen. Diese Störung äußert sich oftmals nicht nur in der Fettleibigkeit der betroffenen Person. Zusätzlich besteht auch eine erhöhte Gefahr, an Typ-2-Diabetes zu erkranken: Die sich anhäufenden Fettsäuren verringern die Fähigkeit von Zellen, auf den Botenstoff Insulin zu reagieren, der zusammen mit einem Gegenspieler den Blutzuckerspiegel reguliert.

Innerhalb unseres Energiehaushaltes spielt die Verbindung 5´-AMP aktivierte Proteinkinase (AMPK) eine wichtige Rolle: Als eine molekulare "Benzinuhr" wirkt sie auf vielfältige Schlüsselenzyme ein, die am Cholesterin-Stoffwechsel und am Aufbau des Glucosespeichers Glycogen beteiligt sind. Möglicherweise – so vermuteten nun Yasuhiko Minokoshi und seine Kollegen vom Beth Israel Deaconess Medical Center – wechselwirkt AMPK auch mit dem im Jahre 1994 entdeckten Hormon Leptin. Diese in Fettzellen produzierte Substanz fungiert unter anderem als "Appetitzügler", indem es dem Gehirn signalisiert, genügend Nahrung aufgenommen zu haben.

Um zu überprüfen, ob Leptin und AMPK miteinander in Verbindung stehen, injizierten die Wissenschaftler Mäusen den Botenstoff – entweder direkt in eine periphere Ader oder in den Hypothalamus im Gehirn. Tatsächlich aktivierte Leptin in beiden Fällen AMPK im Muskel – und zwar nicht nur in den lebenden Versuchstieren, sondern auch in Experimenten mit präparierten Muskeln außerhalb des Mäusekörpers. Zusätzlich blockierten die Forscher die Nervenbahnen zu den Beinen der Tiere. Auf diese Weise wiesen sie nach, dass Leptin den Muskel über den Weg des Gehirns und des sympathischen Nervensystems auch indirekt beeinflusst.

Offensichtlich aktiviert der Botenstoff in einem frühen Stadium AMPK, indem er direkt auf den Skelettmuskel einwirkt, während er später und länger andauernd seine Signale indirekt über das zentrale Nervensystem aussendet. Doch AMPK ist keinesfalls die endgültige Zielscheibe von Leptin, sondern lediglich eine Zwischenstufe: Über den "Umweg" der AMPK hemmt das Hormon ein weiteres Enzym namens Acetyl-CoA-Carboxylase (ACC), was letztlich den Fettstoffwechsel ankurbelt.

Demnach kommt Leptin bei der körpereigenen Energieversorgung eine entscheidende Bedeutung zu: Mithilfe des AMPK-Mechanismus mobilisiert der Botenstoff den Fettsäureabbau. An diesen Prozess knüpfen die Forscher große Hoffnungen, denn möglicherweise liefert er einen potentiellen Angriffspunkt, um zukünftig die Fettsucht gezielter zu behandeln. Gleichzeitig ließe sich durch neu entwickelte Medikamente vielleicht auch das Risiko von fettleibigen Patienten eindämmen, an Diabetes zu erkranken.

Und dabei könnte sich die Kenntnis der molekularen Architektur von AMPK als sehr hilfreich erweisen: Gewöhnlich setzt sich jenes Enzym aus den drei Untereinheiten alpha, beta und gamma zusammen, von denen jede wiederum zwei oder drei Isoformen enthält. Doch wie genauere Untersuchungen des Forscherteams enthüllten ist nur eine einzige Isoform – alpha 2 – der Schlüssel, um Leptin zur Fettsäureoxidation im Muskel zu bewegen.

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