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Südpol: Wie schönes Wetter Amundsen zum Erfolg verhalf

Warum bezwang Roald Amundsen Robert Scott bei der Jagd auf den Südpol? Neben besserer Organisation kommt noch ein weiterer Faktor ins Spiel: außergewöhnlich schönes Wetter.
Roald Amundsen mit seinem Team am Südpol

Im Südsommer des Jahres 1911 machten sich zwei Expeditionen auf den Weg zum Südpol: Roald Amundsen aus Norwegen und Robert Falcon Scott aus Großbritannien mit ihren Gefährten. Doch während Amundsen nicht nur zuerst am südlichsten Punkt der Erde ankam, überlebte er auch noch die Rückkehr zum Ausgangspunkt. Scott und seine Mannschaft starben hingegen auf dem Rückweg, nachdem sie 34 Tage nach den Norwegern am Pol angekommen waren. Das tragische Scheitern der Briten ist mit zahlreichen Erklärungen, Theorien und Legenden verknüpft – neben organisatorischen Mängeln (Motor- statt Hundeschlitten, spätere Abreise) gilt auch Missgunst als einer der Gründe für den Tod der Crew.

Ein entscheidender Faktor beim Wettrennen zum Südpol war jedenfalls das Wetter, von dem Amundsens Team deutlich mehr profitierte als Scott und Co. Wie stark der Einfluss gewesen sein könnte, deuten jedenfalls zwei Studien an, die sich den Wetterlagen in der Antarktis zu Beginn des 20. Jahrhunderts widmen. Der Sommer 1911/1912 war außergewöhnlich warm, wie Ryan Fogt von der Ohio University zusammen mit seinen Kollegen mit neuen Details im "Bulletin of the American Meteorological Society" darlegt. Die Meteorologen hatten die Luftdruckverhältnisse in der Antarktis von 1905 bis in die Gegenwart rekonstruiert und dabei auf Aufzeichnungen der beiden Expeditionen sowie Daten von Wetterstationen aus der Antarktis und angrenzender Gebiete zurückgegriffen.

Das Ross-Schelfeis, wo beide Unternehmungen damals starteten, war demnach überdurchschnittlich warm, als Amundsen und Co sich auf die Reise machten: Die Lufttemperatur sank nur auf etwa 16 Grad Celsius ab und lag damit rund 10 Grad Celsius über dem langjährigen Durchschnitt. Die Kälte dürfte damit auch weniger kräftezehrend gewesen sein als üblich. Als Scott Wochen später aufbrach, lagen die Temperaturen zwar immer noch über dem Mittel, doch betrug das Wärmeplus nur noch fünf Grad Celsius. Zudem geriet die britische Mission während ihres Vormarschs nach Süden noch auf dem Ross-Eisschelf in schlechtes Wetter – darunter einen Sturm mit besonders feuchten Schneemassen, der sie um Tage zurückwarf: eine Verzögerung, die mit ausschlaggebend für das tödliche Ende war.

Generell fielen die antarktischen Sommer zu Beginn des Jahrhunderts wärmer aus als in späteren Jahrzehnten, schreiben Fogt und Co in den "Geophysical Research Letters". Damals dominierten über dem Südkontinent mehr Hochdruckgebiete als heute, was nach Ansicht der Forscher mit dem später auftretenden Ozonloch zusammenhängt, das spätestens seit den 1970er Jahren ausgeprägt über dem Südpol aufreißt. Der Mangel an Ozon sorgt dafür, dass die Stratosphäre auskühlt, weshalb sich Tiefdruckgebiete häufiger formieren. Das Tief wiederum löst starke Westwinde aus, die um die Antarktis jagen und den Kontinent von niedrigeren Breiten isolieren – was die Auskühlung verstärkt. Die Sommer fallen deshalb innerhalb dieses Bereichs kühler aus als vor mehr als 100 Jahren (das gilt nicht für die Antarktische Halbinsel, die sich außerhalb dieser isolierten Regionen befindet und durch die Erderwärmung stark aufheizt).

Wie sich die zentralen Bereiche der Antarktis zukünftig entwickeln, ist noch unklar. Dank des Montreal-Abkommens mit dem Verbot ozonabbauender Substanzen – allen voran FCKW – soll das Ozonloch langsam verschwinden, auch wenn der Prozess noch einige Jahrzehnte dauern wird. Immerhin: Dieses Jahr fiel der Ozonmangel über dem Südpol so klein aus wie schon lange nicht mehr.

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