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Quantenmechanik: Erster elektronischer Quantenprozessor entwickelt

Leonardo DiCarlo von der Yale University in New Haven und seine Kollegen haben den ersten elektrisch steuerbaren Festkörper-Quantenprozessor hergestellt. Um dessen Funktionstüchtigkeit zu demonstrieren, wandten sie erfolgreich zwei unterschiedliche Quantenalgorithmen an.

Quantenprozessor | Der neu entwickelte Quantenprozessor ist rund sieben Millimeter lang. Einfache Algorithmen lassen sich mit dem Bauteil bereits ausführen.
Das nun entwickelte Bauteil enthält lediglich zwei Qubits – die Quantengegenstücke zum klassischen Rechner – aus einem supraleitenden Material. Letzteres besteht aus einem Niobfilm auf einem Aluminiumoxid-Wafer, in den winzige Lücken geätzt sind. Dieses elektronische System kann nun zwei verschiedene Energiezustände einnehmen, entsprechend 0 und 1. Ein Hohlraum trennt die Quantenbits voneinander und Mikrowellen darin dienen den Forscher dazu, die beiden zu manipulieren und messen.

Wegen ihrer Quantennatur können die Qubits nicht nur alle möglichen Kombinationen von 0 und 1 nacheinander, sondern alle gleichzeitig einnehmen. Auf diese Weise sollen zukünftige Quantencomputer erheblich mehr Daten speichern und auch viel schneller verarbeiten können. Um diese Eigenschaft auszunutzen, verschränkten DiCarlo und sein Team nun die beiden Qubits, indem sie eine bestimmte Mikrowellenfrequenz in den Hohlraum einstrahlten. Für eine Mikrosekunde konnten sie einen verschränkten Zustand herstellen, was bisherige Versuche in solchen Systemen um das Zehnfache übersteigt. Nun reichte die Zeit erstmals aus, um auch einfache Operationen auszuführen.

Der Suchalgorithmus von Grover sucht bildlich gesprochen einen Namen aus einem Telefonbuch, wenn nur dessen Nummer bekannt ist. Der Prozessor "liest" die Nummern dabei nicht nacheinander wie in einem klassischen Computer, sondern gleichzeitig. Am Ende des Rechnung befinden sich die Qubits dann nicht mehr in einem Überlagerungszustand aller möglichen Lösungen, sondern nur in einem einzigen Zustand – und dieser entspricht im Idealfall der richtigen Antwort. In 80 Prozent der Fälle traf dies zu, berichten die Forscher. Mit dem Deutsch-Józsa-Algorithmus erreichten sie sogar eine Trefferquote von 90 Prozent. Mit diesem Verfahren ließe sich in nur einem Schritt erkennen, ob eine Münze auf dem Tisch sowohl Kopf als auch Zahl aufweist – ohne diese wie in der klassischen Welt von beiden Seiten zu betrachten.

DiCarlo und sein Team wollen nun mehr Qubits integrieren und diese länger in einem verschränkten Zustand halten, um die Rechenleistung ihres Quantenprozessors zu erhöhen. Dabei sollten drei oder vier relativ einfach umzusetzen sein, so die Forscher. Dann dürfte es schwer fallen, die Qubits lange genug in einem verschränkten Zustand zu halten. Zudem betonen sie, dass ihr Bauteil keineswegs mit einem Quantencomputer zu vergleichen ist.

Der neue Prozessor funktioniert nur bei Temperaturen, die ein Bruchteil eines Grads über dem absoluten Nullpunkt liegen. Positiv sei jedoch, dass er sich mit bereits zur Produktion von Siliziumchips verwendeten Methoden herstellen lässt.

Quantenprozessoren mit einigen Quantenbits sind bereits früher vorgestellt worden, allerdings basieren diese auf Atomkernen, Atomen oder Photonen und entsprechend anderen Techniken. (mp)

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