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News: Es war einmal in Afrika

Sind wir alle Afrikaner? Oder entstand die Art Homo sapiens parallel in verschiedenen Teilen der Welt? Noch immer streiten sich Evolutionsbiologen und Anthropologen um den Ursprung des modernen Menschen. Die 'afrikanische' Fraktion konnte jetzt einen wichtigen Pluspunkt erzielen: Zum ersten Mal wurden nicht nur Teile, sondern das komplette Genom aus Mitochondrien zur Stammbaumanalyse genutzt - und die Ergebnisse deuten auf Afrika.
Charles Darwin löste eine Revolution aus. Seine Evolutionstheorie hatte unmittelbare Konsequenzen für das Bild des Menschen. Seine Zeitgenossen konnten sich nur schwer an den Gedanken an einen tierischen Ursprung gewöhnen. Inzwischen sind fast 150 Jahre verstrichen, doch unser Stammbaum birgt immer noch Rätsel. Heute scheint klar zu sein, dass unsere Wurzeln in Afrika liegen. Irgendwann vor etwa 2,5 Millionen Jahren entwickelte sich hier aus der Gattung Australopithecus die Gattung Homo. Ungefähr 500 000 bis eine Million Jahre später wanderten einige Exemplare des "aufrechten Menschen", des Homo erectus, allmählich nach Asien und Europa. Hier entstanden die ersten archaischen Menschen, unter anderem der berühmte Neandertaler Homo sapiens neanderthalensis.

Bis dahin herrscht unter Anthropologen Einigkeit. Doch was geschah dann? Nach dem multiregionalen oder polyphyletischen Modell entwickelten sich die Nachfahren der afrikanischen Einwanderer parallel in den verschiedenen Regionen der Erde zum modernen Menschen Homo sapiens sapiens weiter. Gelegentliche Kreuzungen zwischen benachbarten Populationen schufen Korridore für einen Genfluss durch das gesamte geographische Verbreitungsgebiet des Menschen – daher, so die Wissenschaftler, die diese Theorie vertreten, die große genetische Ähnlichkeit aller heute lebenden Menschen untereinander.

Anhänger der monogenetischen oder monozentrischen Theorie bestreiten dieses Szenario. Sie gehen davon aus, dass der moderne Mensch nicht in verschiedenen Teilen der Welt, sondern ausschließlich in Afrika entstand. Nach der "Out-of-Africa-Hypothese" eroberte Homo sapiens wesentlich später – erst in den vergangenen 100 000 Jahren – den Rest der Welt und verdrängte überall seine nächsten Verwandten.

Fossilfunde allein reichen nicht aus, um die eine Theorie zu bestätigen und die andere zu widerlegen. Ende der achtziger Jahre schlugen Genetiker eine neue Methode vor, um Licht in das Dunkel zu bringen. Statt nach alten Knochen zu graben, verglichen sie die Gene heute lebender Menschen aus den verschiedenen Erdteilen. Sie nahmen dafür jedoch nicht die Chromosomen, sondern die Mitochondrien. Diese Zellorganellen, die als "Kraftwerke" die Energieversorgung der Zelle sicherstellen, besitzen ein kleines ringförmiges DNA-Molekül, das wesentlich einfacher zu untersuchen ist als die riesige Masse der chromosomalen DNA des Zellkerns. Da die Mitochondrien hauptsächlich von der mütterlichen Eizelle weitergegeben werden – das väterliche Spermium trägt fast nur chromosomales Erbgut bei – kann durch den Vergleich mitochondrialer DNA auf einen gemeinsamen weiblichen Vorfahren – sozusagen die Urmutter – zurückgeschlossen werden. Die damaligen Ergebnisse deuteten auf eine Urmutter, die vor etwa 140 000 Jahre in Afrika lebte.

Untersucht haben die Genetiker jedoch nicht das gesamte Genom der Mitochondrien, sondern nur einzelne Abschnitte, von denen die Forscher annahmen, dass sie sich mit konstanten Mutationsraten verändern. Und genau hier setzt die Kritik an. Die untersuchten Regionen, die weniger als sieben Prozent des mitochondrialen Genoms ausmachen, unterscheiden sich in ihren Mutationsraten sehr stark voneinander. Wie genau geht also die "molekulare Uhr"?

Unter der Leitung von Ulf Gyllenstein vom Department of Genetics and Pathology der Uppsala University haben sich Genetiker die Mitochondrien des Menschen noch einmal vorgeknöpft. Sie verwendeten jedoch nicht nur Teile, sondern das gesamte mitochondriale Genom von 53 Personen aus aller Herren Länder. Einen bestimmten Teil mit außergewöhnlich hoher Mutationsrate – die so genannte D-Schleife, an der sich der DNA-Ring bei der Verdopplung öffnet – schlossen sie jedoch bewusst aus. Es blieben dann immer noch 16 500 Basenpaare – und damit die bisher umfangreichste untersuchte Sequenz zur Klärung des Ursprung des Menschen.

Ihre Ergebnisse unterstützen die Out-of-Africa-Hypothese. Demnach lebte die Frau, von der die untersuchten Mitochondrien letztendlich abstammen, vor 171 500±50 000 Jahren in Afrika. Erst vor 52 000±27 500 Jahren spalteten sich, so Gyllenstein, die Nicht-Afrikaner von den Afrikaner ab und breiteten sich auf den anderen Kontinenten aus (Nature vom 7. Dezember 2000).

"Dieser Zeitpunkt könnte etwas zu jung sein", meint S. Blair Hedges vom Department of Biology der Pennsylvannia State University und verweist auf andere genetische Untersuchungen sowie auf Fossilfunde, die eine Verbreitung des Menschen vor etwa 100 000 Jahre vermuten lassen. "Jedoch kann kein einzelner genetischer Marker diesen Zeitpunkt exakt datieren", ergänzt er. "Mit der mitochondrialen Datierung ist man auf dem richtigen Weg." Ein schlagendes Argument ist für ihn der Hinweis aus den genetischen Studien, dass vor der Expansion wahrscheinlich nur etwa 10 000 Individuen gleichzeitig in Afrika lebten. "Eine solch kleine Populationsgröße ist unvereinbar mit dem multiregionalen Modell, das sehr viel mehr Individuen voraussetzt, um den Genfluss zwischen den Kontinenten aufrecht zu erhalten."

Gyllenstein gibt sich etwas vorsichtiger: "Die mitochondriale DNA ist nur ein genetischer Locus und spiegelt nur die genetische Geschichte von Frauen wider. Für eine differenzierte Betrachtung ist die Kombination mehrerer genetischer Systeme nötig. Die Verwirklichung des humanen Genomprojektes wird uns erleichtern, solche Daten zu erhalten und ein detailliertes Verständnis unserer genetischen Geschichte ermöglichen."

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