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News: Figurwechsel

Damit ein Pfropf aus Blutplättchen eine blutende Wunde verschließen kann, müssen die kugeligen Zellen sich verlängern und abflachen. Um ihre letztendliche Gestalt anzunehmen, zieht ein Filament die Blutzellen in Form, gestartet von einem Proteinkomplex aus sieben Untereinheiten.
Ausdehnung des Blutplättchen
Für alle Menschen, die nicht an der Bluterkrankheit leiden, sind kleinere Wunden meist unangenehm, aber selten tödlich. Ein körpereigenes Verschlusssystem sorgt für den schnellen Blutstopp, indem ein Blutpfropf sich wie ein Korken ins Gefäß setzt. Damit dies alles reibungslos funktioniert, schickt ein komplizierter Mechanismus Blutzellen an den Unfallort, die sich dort niederlassen. Mit klebrigen Ärmchen fischen die zuerst Platzierten weitere Blutkörperchen aus dem Blutstrom und bilden so den verschließenden Klumpen.

Doch die ursprüngliche runde Form der Blutplättchen eignet sich wenig für diese Aufgabe. Eine langgestreckte, abgeflachte Form ist da viel besser. Um diese geforderte Gestalt einnehmen zu können, brauchen die Zellen allerdings formgebende Hilfe. Und die bekommen sie von länglichen Filamenten, den so genannten Actinmolekülen. Diese stabförmigen Proteinkomplexe strecken die Blutzellen und ermöglichen ihnen so, den Kontakt mit ihresgleichen und dem abdichtenden Blutpfropf aufzunehmen.

Doch wer sagt den Actinmolekülen, dass sich die eigentlich runden Einheiten zusammenfinden sollen, um den bekannten Stab zu bilden? Eine Antwort auf diese entscheidende Frage haben Elaine Bearer und ihr Team von der Brown University gefunden. Der genaue Blick durchs Mikroskop offenbarte es: Arp2/3, ein Proteinkomplex aus sieben Proteinen, startet die Zusammenkunft der Actinmoleküle – die Polymerisation. Der Proteinkomplex wird unter Zellbiologen schon seit längerem als heißer Kandidat gehandelt, da er seine Fähigkeit im Reagenzglas bereits bewiesen hat.

Bearer und ihre Kollegen sind jedoch die ersten, die der Proteinmaschine auch in leibhaftigen Zellen auf die Finger schauen konnten. Hierzu färbten sie den Arp2/3-Komplex mit entsprechenden Farbstoffen so an, dass er unter dem Mikroskop bei bestimmter Wellenlänge rot leuchtete, während sich die Actinfilamente in grün bemerkbar machten. Nun konnten die Forscher genau beobachten, was in den Blutplättchen vor sich ging.

Zuerst bilden sich in den Zellen die stabförmigen Actinfilamente, die sich wie Finger ausstrecken und mit diesen nach benachbarten Zellen greifen. Im nächsten Schritt folgt das Blutplättchen den formgebenden Actinmolekülen und dehnt sich langsam in alle Richtungen aus. So plättet sich das Blutkörperchen in die gewünschte Form und der Prozess der Blutklumpenbildung kann beginnen.

Besonders interessant sind die Ergebnisse für die Infarktforschung, da sowohl Herz- als auch Hirninfarkt durch verstopfende Blutpfropfen zustande kommen. Bildet sich im Blutstrom ein Blutpfropf aus – etwa durch an unebenen Blutgefäßen entstehenden Wirbeln –, wandert er wie eine tickende Zeitbombe durchs Gefäßsystem, bis er plötzlich ein Gefäß verschließt und so die lebenswichtige Sauerstoffversorgung unterbindet. Um das gefährliche Verklumpen zu unterbinden, behandeln die meisten Ärzte Risikopatienten mit Blut verdünnenden Medikamenten. "Ein Problem mit dieser Therapie ist, dass es möglicherweise die Aktivität der Blutplättchen vollständig stoppt und die Person dann verbluten kann", beschreibt Bearer das Dilemma.

Nun hoffen die Ärzte, einen ungefährlicheren Weg zu finden, die Polymerisation der Actinmoleküle zu blockieren, ohne die katastrophalen Nebenwirkungen hervorzurufen. Mögliche Angriffspunkte bieten sich genug, da nach Meinung von Bearer mehr als zehn biochemische Ereignisse zwischen der Zelle und dem Polymerisationsprozess geschaltet sind. Nun gilt es, diesen Prozess kontrollieren zu können, um das Risiko von Infarkten zu verringern.

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