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Botanik: Fleischfresserpflanze arbeitet mit unterirdischen Klebfallen

Unterirdischer Fleischfresser: <em>Philcoxia minensis</em>

Die unscheinbaren Philcoxia-Wegerichgewächse Ostbrasiliens besiedeln sehr trockene, nährstoffarme oder durch Raubbau verwüstete Lebensräume, in denen sonst kaum eine andere Pflanze ähnlich schnell zurechtkommt. Wie ihnen das gelingt, war unklar, bis nun brasilianische Forscher um Rafael Silva Oliveira das Geheimnis von Philcoxia enthüllten: Die Gewächse frischen ihren Stickstoffbedarf durch Fadenwürmer auf, die sie unter der Erde mit Klebfallen fangen und sich massenhaft einverleiben.

Klebriger Fleischfresser: Philcoxia minensis | Die Fleisch fressende Pflanze Philcoxia minensis in ihrem nährstoffarmen Habitat (A, Blüte E): Ausgegraben offenbart der Pflanzenkörper an seiner wurzelnahen Basis relativ dichtes Blattwerk (B). An diesen Blättern kleben Sandkörner (Detailaufnahme, C), unter der Erde platziert (D) dienen sie als Klebfallen für Nematoden.

Schon früher war Botanikern die Klebrigkeit der winzigen unterirdischen Blätter der Pflanze aufgefallen. An ihnen bleiben in großer Zahl erdbewohnende Nematoden hängen, wie ein Experiment der Forscher von der Campinas-Universität in Sao Paulo belegt: Die Forscher hatten Exemplaren von Philcoxia minensis Fadenwürmer zum Fraß vorgeworfen, deren Gewebe mit seltenen Stickstoffisotopen angereichert war. Anschließend konnten sie diese Isotope in großen Mengen im Gewächs nachweisen. Die Blätter arbeiten dabei nicht nur mit Klebstoff, sondern, wie einige andere Fleischfresser des Pflanzenreichs, auch mit einer Enzymwaffe: Die Fangblätter sekretieren Phosphatasen, die bei Kontakt Nematoden schnell töten und zu verdauen beginnen.

Blattfalle im Detail | Im Rasterelektronenmikroskop wird deutlich, dass auf der Oberseite der Klebblätter Sandkörner und Nematoden hängen bleiben (Pfeile). Zudem erkennt man die auf Stilen sitzenden Drüsen der Blätter.

Die Forscher beschreiben damit erstmals eine unterirdisch jagende Fleisch fressende Pflanze – und das erste Wegerichgewächs, das seinen Lebensunterhalt auf diese Weise bestreitet. Auch die Spezialisierung auf Nematodenbeute ist ungewöhnlich: Bisher kannte man vor allem einige Pilze, die Fadenwürmer zersetzen und als Nahrungsquelle nutzen.

Die Fleischfresserei von Philcoxia resultiert wohl aus der Anpassung an ihren sehr nährstoffarmen Lebensraum, fassen die Forscher zusammen. Wie perfekt die Fallenstellerei der Pflanzen ausgeprägt ist, müssen nun weitere Untersuchungen klären – denkbar wäre etwa, dass die Pflanzen ihre Wurmnahrung mit Lockstoffen ködern und dass auch andere kleine Erdbewohner in das Beuteschema passen.

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