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Neuroprothese: Forscher steuern gelähmte Arme mit Hirnsignalen

Rhesusaffe

Weltweit erleiden jährlich rund 130 000 Menschen Rückenmarksverletzungen. Als Folge davon haben die meisten Betroffenen mit vielfältigen Lähmungserscheinungen zu kämpfen. Forscher arbeiten bereits seit Längerem daran, ihnen zumindest einfache Bewegungen wieder zu ermöglichen. Einen neuen Schritt in diese Richtung machten nun Lee Miller von der Northwestern University und seine Kollegen: Mittels funktioneller Elektrostimulation (FES) gelang es ihnen im Tierexperiment, betäubte Nervenverbindungen zu überbrücken.

Zunächst trainierten die Forscher aus Chicago zwei Rhesusaffen darauf, Gummibälle zu nehmen und in einer Apparatur abzulegen. Winzige Elektroden, welche die Wissenschaftler zuvor im primären motorischen Kortex der Tiere angebracht hatten, maßen dabei die Aktivität von rund 100 Neuronen, welche die Greifbewegungen steuerten. Implantierte Elektroden an den beteiligten Muskeln gaben außerdem Aufschluss über die elektrische Muskelaktivität. Dank dieser Datenbasis konnten die Wissenschaftler nun ein mathematisches Modell entwickeln, das in Echtzeit anhand der Hirnsignale die beabsichtige Muskelbewegung vorhersagte.

Anschießend lähmten die Wissenschaftler mit einem Betäubungsmittel einige Nervenverbindungen zu Hand und Unterarm. Die Affen waren dadurch zunächst unfähig, weiterhin die trainierte Bewegung auszuführen. Doch indem die Forscher nun erneut neuronale Signale aufzeichneten und mit ihrem System interpretierten, gelang es ihnen, die Elektroden am Arm so präzise zu stimulieren, dass die Affen die Greifbewegung wieder normal ausführen konnten. Die blockierten Nervenverbindungen wurden so einfach umgangen.

Bisher konnten Mediziner mit Elektrostimulation nur sehr einfache Bewegungen bei Patienten mit Rückenmarkverletzungen herbeiführen. Eine Technik, die wie bei Miller und seinem Team neuronale Signale ausliest und direkt in Muskelbewegungen übersetzt, könnte die Lage der Betroffenen möglicherweise weiter verbessern, hoffen die Forscher. Anders als beim menschlichen Patienten waren die Gliedmaßen der Affen jedoch nur kurzzeitig betäubt. Um zu klären, ob die Methode auch bei tatsächlichen Rückenmarksverletzungen funktioniert, bedarf es weiterer Forschung.

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