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Forschungspolitik: Freiheit für die Universitäten!

Das Bundeskabinett hat einen Entwurf für ein für Wissenschaftsfreiheitsgesetz vorgelegt, dass die Wettbewerbsfähigkeit von Wissenschaft und Forschung von Einrichtungen wie den Max-Planck-Instituten, der Fraunhofer-Gesellschaft oder der Leibniz-Gemeinschaft stärken soll. Die Universitäten bleiben diesbezüglich aber außen vor - ein Zustand, der sich auch bald ändern müsse, kommentiert Professor Horst Hippler, der Präsident der deutschen Hochschulrektorenkonferenz.
Horst Hippler

Die Europäische Union soll die stärkste Wissenschaftsregion der Welt werden. Das haben die Staats- und Regierungschefs sich im Jahr 2000 in Lissabon zum Ziel gesetzt. Dahinter steht die Einsicht, dass Entwicklungschancen und ökonomische Zukunft Europas unmittelbar von einer wettbewerbsfähigen Wissenschaft abhängen.

Wollen wir der Vision näher kommen, brauchen wir Erfolge im Kampf um die weltweit besten Köpfe – durch erstklassige Arbeitsbedingungen und ebensolche Verdienstmöglichkeiten. Vor allem Nordamerika und Asien investieren hohe Summen in den Wissenschaftsbereich und sind damit äußerst starke Konkurrenten. Und sie punkten nicht nur mit finanzieller Stärke: Sie bieten auch mehr Flexibilität, angepasste Ausstattung von Lehrstühlen und -instituten, individuelle Lösungen für die einzelnen Forscherinnen und Forscher.

Das deutsche Wissenschaftssystem trägt dagegen bisher häufig noch den Ballast administrativer Vorgaben mit sich herum wie Stellenpläne, die Jährlichkeit von Haushalten oder Hindernisse im Bereich der staatlichen Bauverwaltung. Seit Jahren fordert die Wissenschaft größere Gestaltungsspielräume von den öffentlichen Mittelgebern, um diesem Wettbewerb gewachsen zu sein. Einige Länder haben dem auch Rechung getragen, und den Hochschulen in einigen Bereichen größere Entscheidungsspielräume zugestanden, andere dagegen halten an den überkommenen Vorgaben fest.

Die außeruniversitären Forschungsorganisationen, die anders als die Hochschulen mindestens zur Hälfte vom Bund finanziert werden, bemühen sich seit Jahren um ein Wissenschaftsfreiheitsgesetz auf Bundesebene, das ihnen in den Bereichen Personal, Besoldung, Bauten, Unternehmensbeteiligung und Haushalt größere Flexibilität einräumt. Ein erster Schritt in diese Richtung ist bereits 2008 gemacht worden, ein Wissenschaftsfreiheitsgesetz scheiterte aber bisher.

Vor diesem Hintergrund ist der von der Bundesregierung nun verabschiedete Kabinettsentwurf, der den außeruniversitären Forschungseinrichtungen größere Entscheidungsspielräume zubilligt, grundsätzlich zu begrüßen. Doch den Hochschulen ist wichtig, dass sie in diesem Prozess nicht abgehängt werden. Sie erwarten, dass die Länder, die auf Grund der Kofinanzierung die Vorschriften des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes für die außeruniversitären Forschungseinrichtungen übernehmen müssten, diese Freiheiten auch den Hochschulen in vollem Umfange zugestehen.

Die Hochschulen sind die größten Träger der öffentlich finanzierten Forschung und sie verknüpfen als einzige auftragsfreie und projektunabhängige interdisziplinäre Grundlagenforschung und Lehre. Mit ihrer unzureichenden Finanzausstattung, die der geringeren finanziellen Leistungsfähigkeit der Länder geschuldet ist, haben sie bereits einen Wettbewerbsnachteil gegenüber der außeruniversitären Forschung. Dieser darf nun nicht auch noch geringere Autonomiespielräume im Bereich von Personal, Haushalt und Bau verschärft werden, was sie weiter im internationalen Wettbewerb benachteiligt. Die Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftsstandorts Deutschland bemisst sich an der Finanzierung und flexiblen Handlungsfähigkeit von hochschulischer und außeruniversitärer Forschung gleichermaßen.

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