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Radioaktivität: Fukushima verstrahlt Fischgründe weiterhin

Reaktorblöcke des Kernkraftwerks Fukushima nach der Katastrophe.

Viele Fischereigründe vor der Küste Fukushimas sind seit der Reaktorkatastrophe im März 2011 wegen Strahlenbelastung gesperrt. Dies könnte noch eine Weile so bleiben: Noch immer sind 40 Prozent der vor der Küste Fukushimas gefangenen Tiere so stark mit radioaktivem Zäsium belastet, dass ihr Verzehr zum Gesundheitsrisiko würde. Die Daten stammen vom Japanischen Ministerium für Land-, Forstwirtschaft und Fischerei.

Reaktorblöcke des Kernkraftwerks Fukushima nach der Katastrophe

Diese Ergebnisse überraschen: Denn das im Zuge der Reaktorkatastrophe ins Meer freigesetzte Zäsium bleibt eigentlich nicht dauerhaft im Muskelgewebe von Salzwasserfischen zurück. Im Durchschnitt sollten sie einige Prozent des radioaktiven Stoffs pro Tag durch regulatorische Prozesse wieder ins Meerwasser ausscheiden. Doch die Realität sieht anders aus: Die Zäsiumwerte sind noch immer erhöht – und zwar in gleichem Maß wie in den Monaten unmittelbar nach der Katastrophe.

Auffällig ist, dass die Zäsiumgehalte bei allen Arten stark variieren; einige Exemplare wiesen sogar keinerlei nennenswerte Verunreinigungen auf. Kontaminiert sind insbesondere Fische, die am Meeresboden heimisch sind. Ken Buesseler von der Woods Hole Oceanographic Institution vermutet daher eine dauerhafte Strahlungsquelle von Zäsium, die sich nach dem Reaktorunglück am Meeresgrund etabliert haben könnte – so ließen sich sowohl die variierenden Werte erklären als auch der Umstand, dass vordergründig bodenbewohnende Meerestiere der Strahlung ausgesetzt sind. Diese anhaltende Strahlung könne einerseits von noch undichten Stellen im Reaktor ausgehen – oder aber vom Meeresgrund selbst, der durch das Unglück so stark kontaminiert wurde, dass er seither einer großen Quelle radioaktiver Strahlung gleicht.

Die Folgen einer solch dauerhaften Strahlung wären fatal. Denn das Isotop Zäsium-137 verfügt über eine Halbwertszeit von annähernd 30 Jahren. Selbst wenn also die Strahlungsquelle gefunden und ausgeschaltet würde, bliebe der Meeresboden vor der Küste Fukushimas für Jahrzehnte verseucht.

Japan stellt die Nation mit dem höchsten Pro-Kopf-Konsum von Fischen und Meeresfrüchten weltweit dar. Um die Angst der Bevölkerung vor verseuchtem Speisefisch zu mildern, setzte das Fischereiministerium nach der Katastrophe von Fukushima die Grenzwerte für Zäsium von 500 auf 100 Becquerel pro Kilogramm Handelsware herab. In Becquerel misst man die in einem Untersuchungsgegenstand enthaltene mittlere Anzahl an Atomkernen, die pro Sekunde radioaktiv zerfallen. Nördlich wie südlich von Fukushima weisen kaum Tiere Becquerelwerte von mehr als 100 auf, während zahlreiche Meeresbewohner unmittelbar vor der Küste des Katastrophengebiets so stark kontaminiert sind, dass sie selbst den alten Grenzwert von 500 Becquerel noch überschreiten.

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  • Quellen
Science 338, 480, 2012

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