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Strukturchemie: Gedankenspiel mit goldenen Bällen

Nicht nur verwöhnte Prinzessinnen, auch Chemiker spielen mit goldenen Bällen - bisher allerdings nur in der Theorie: Computerberechnungen sprechen für die Existenz eines überraschenden Clusters aus 32 Gold-Atomen, die zu einer winzigen käfigartigen Kugel verknüpft sind.
Gold-Fulleren
Nur ein weiterer, ziemlich unintereressanter Gold-Cluster – dafür hielten Mikael Johansson und seine Kollegen Dage Sundholm und Juha Vaara das Molekül aus 32 Gold-Atomen (Au32), das sie mit dem Computer kreiert hatten. Doch bei weiter gehenden Berechnungen entdeckten die drei Chemiker von der Universität Helsinki, dass es neben dem gewöhnlichen raumfüllenden "Klümpchen" noch ein anderes stabiles Au32-Isomer zu geben scheint. Dieses Isomer soll eine sphärische Hohlkugel von etwas weniger als einem Nanometer Durchmesser sein und wäre damit das erste Fulleren aus Gold-Atomen.

Die Bezeichnung Fullerene für eine molekulare Hohlkugel leitet sich von einer 1985 entdeckten Kohlenstoff-Modifikation ab: Molekülen aus sechzig Kohlenstoff-Atomen, die zu kugeligen Käfigen aus zwölf Fünfecken und zwanzig Sechsecken verknüpft sind – genau so ist auch ein Fußball aufgebaut. Dieses Bauprinzip erinnerte die Entdecker an die riesige Kuppel aus Sechs- und Fünfecken, die der Architekt Buckminster Fuller für die Expo 1967 entworfen hatte, und benannten die Moleküle nach ihm.

Fullerene | Struktur des Au32- (links) und des C60-Fullerens (rechts)
Aber zurück zu den Gold-Kugeln: Ihre vorausgesagte Struktur lässt sich von der des C60-Fullerens ableiten, indem man die Ecken und die Flächen des "Fußballs" vertauscht. Man stelle sich einfach in der Mitte eines jeden "Lederflickens" ein Gold-Atom vor. Auf diese Weise entsteht ein Gold-Ball mit dreieckigen Flächen, bei dem jedes Gold-Atom mit fünf oder sechs Nachbarn verknüpft ist.

Es seien Effekte, wie sie durch Einsteins Relativitätstheorie beschrieben werden, die das Au32-Molekül stabilisierten, erklären Johansson und seine Kollegen. Für die goldenen Fullerene sagen sie besondere elektronische Eigenschaften voraus. So sollen sich die äußeren Elektronen der Gold-Atome fast völlig frei über den gesamten Cluster bewegen können – und zwar noch wesentlich stärker als das bei Kohlenstoff-Fullerenen der Fall ist. Der Hohlraum im Innern wird durch diese beweglichen Elektronen von äußeren Magnetfeldern abgeschirmt wie in einem winzigen magnetischem Faraday'schen Käfig. Für die magnetische Abschirmung im Innern der Gold-Kugeln wird ein neuer Rekordwert vorhergesagt.

Eine denkbare Anwendung für die Gold-Kugeln – sollten sie sich denn herstellen lassen – sehen die Forscher unter anderem im Pharma-Bereich: Der Wirkstoff wird im Hohlraum der Kugel eingeschlossen, außen könnten spezielle Biomoleküle oder ganze Viren angeknüpft werden (was bei Gold-Clustern sehr gut geht), die dem Transporter den Weg zu seinem Ziel weisen.

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