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News: Gefahr aus dem All

Die Ozonschicht bildet in einer Höhe von etwa 30 bis 40 Kilometern einen schützenden Mantel um unsere Erde. Seit Mitte der 80er Jahre weiß man, dass der langjährige Einsatz von bestimmten Treib- und Kältemitteln diesen Schutzschild empfindlich geschädigt hat. Doch selbst heute sind noch einige Prozesse unbekannt, die in der Atmosphäre zum Ozonabbau führen. Nun konnten Forscher nachweisen, dass schon erhöhte Sonnenaktivität Ozon-zersetzend wirkt. Andere Wissenschaftler fanden heraus, dass die kosmische Strahlung einen viel größeren Einfluss hat als bisher angenommen.
Lange Jahre setzte die Industrie so genannte Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKWs) als billiges Kälte- und Treibmittel ein. Kühlschränke und Spraydosen wurden mit den halogenhaltigen, organischen Verbindungen gefüllt, mit denen man auch Kunststoffe aufschäumte. Mittlerweile weiß man, dass diese Stoffe unsere Ozonschicht langfristig schädigen, was zu einer weitgehenden Ächtung der FCKWs führte. Schließlich bildet der Ozonmantel in etwa 30 bis 40 Kilometer Höhe einen wirkungsvollen Schild, der uns vor der intensiven, ultravioletten Strahlung der Sonne schützt.

Dabei vollzieht sich die Schädigung schleichend: Frei gesetzte FCKWs diffundieren langsam hoch in die Stratosphäre, wo sie dann in elf bis 30 Kilometer Höhe durch ultraviolettes Licht zersetzt werden. Dabei entstehen unter anderem hoch reaktive Chlor-Radikale, die ihrerseits Ozon-Moleküle angreifen und aufbrechen. Das Fatale daran ist, dass die Radikale während dieser Reaktion nicht gebunden werden, im Gegenteil: Nachdem sie ein Ozon-Molekül geknackt haben, können sie sich direkt auf das nächste stürzen.

Erstaunlich war jedoch, dass ausgerechnet in den Monaten, in denen am meisten Ozon abgebaut wurde, riesige Wolken aus Eiskristallen – so genannte polare Stratosphärenwolken – die UV-Strahlung abschirmten. Die Atmosphären-Forscher haben noch nicht vollständig das Geheimnis dieser Wolken entschlüsselt, sie nehmen jedoch an, dass die Wolken viele freie Chlor-Radikale enthalten. Indes ist unklar, wie sie in dieser UV-freien Umgebung entstehen können.

Leon Sanche and Qing-Bin Lu von der University of Sherbrooke in Kanada vermuten nun, dass kosmische Strahlung die FCKWs innerhalb der Wolken aufbricht und so die Halogen-Radikale freisetzt [1]. Mit Messdaten von Satelliten, Bodenstationen und Ballons fanden die Forscher heraus, dass am meisten Ozon gerade in der Höhe und den Breitengraden zersetzt wird, in denen man auch die größte Intensität kosmischer Strahlung detektierte. Weiterhin erkannten die Wissenschaftler, dass die globalen Ozonwerte in den Jahren 1979 bis 1992 stark mit den gemessenen Intensitäten der Strahlung aus dem All korrelierten.

Um dem Verdacht nachzugehen, simulierten die Wissenschaftler im Labor die Bedingungen in den polaren Wolken, indem sie einen Metallstab auf Temperaturen zwischen 20 und 100 Kelvin abkühlten und sowohl Wasserdampf als auch FCKWs auf dessen Oberfläche kondensieren ließen. Dann beschossen sie das Kondensat mit niederenergetischen Elektronen, wie sie auch entstehen, wenn kosmische Strahlung Atome in der Atmosphäre ionisiert. Die Elektronen reagierten nun tatsächlich mit dem Kondensat und setzten Chlor-Radikale frei. Die Wahrscheinlichkeit, mit der diese Prozesse abliefen, konnten die Wissenschaftler messen, indem sie die fortwährend die Ladung auf dem Stab bestimmten.

Auf diese Weise stellten Sanche und Lu fest, dass innerhalb der polaren Wolken durch kosmische Strahlung rund eine Million Mal mehr FCKWs aufgespalten werden als bislang angenommen. Da höhere globale Temperaturen offenbar auch größere polare Wolken entstehen lassen, bestünde laut Sanche auch ein Zusammenhang zwischen globaler Erwärmung und dem Ozonloch.

Wie Sanche und Lu untersuchten auch Forscher der NASA die Auswirkungen einer außerirdischen Quelle auf den atmosphärischen Ozonhaushalt [2]. Nur kam ihre Strahlung nicht aus den Tiefen des Alls, sondern von unserer Sonne. Man vermutete schon länger, dass deren Sonnenwinde teilweise für den Abbau von Ozon verantwortlich sind. Nun gelang es auch, diese Annahme zu bestätigen. Dazu prüften die Forscher mit Satelliten den Einfluss einer Serie von starken Sonneneruptionen auf die Erdatmosphäre. Dabei fanden Sie heraus, das zwei Prozesse das Ozon abbauen.

Während den Explosionen auf der Sonnenoberfläche werden Unmengen von Protonen und geladenen Teilchen ins All hinausgeschleudert. Ein Teil der Teilchen trifft auf die Erdatmosphäre, wo sie Stickstoff- und Wasser-Moleküle aufbrechen. Unter anderem entstehen dabei langlebige und reaktive Stickoxide, die direkt Ozonmoleküle zerstören können. Je nachdem, in welche Atmosphärenschicht sie gelangen, überdauern sie einige Wochen bis hin zu mehreren Monaten und halten so die Ozonkonzentration klein. Bis zu neun Prozent des Ozons der oberen Stratosphäre können so verloren gehen.

Ähnliches passiert mit den aufgebrochenen Wasser-Molekülen. Wenngleich deren Molekülfragmente recht kurzlebig sind und nur während der Phase erhöhten Protonenbeschusses bestehen, so können sie offensichtlich doch bis zu 70 Prozent des Ozons der mittleren Mesosphäre zerstören. Da sich aber nur ein paar Prozent des gesamten Ozons in dieser Atmosphärenschicht befinden, wiegt dieser Effekt nicht so stark. Der weitaus größte Teil befindet sich in der mittleren und oberen Stratosphäre.

Charles Jackman vom NASA Goddard Space Flight Center schätzt die Gefahr durch Sonnenwinde deshalb auch nicht allzu groß ein, für ihn zählt eher die wissenschaftliche Erkenntnis: "Wenn man sich die Atmosphäre über uns anschaut – angefangen vom Kopf bis hinauf zu höchsten Atmosphärenschichten –, dann bewirken die solaren Protonen-Bombardements gerade mal, dass weniger als ein Prozent des gesamten Ozons in der nördlichen Hemisphäre zerfällt."

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